Enrique Granados spielt Scarlatti. Diese Aufnahmen entstanden 1913, wurden nach dem System Welte-Mignon auf Papierrollen aufgezeichnet und von Tacet auf CD eingespielt. Das bedeutet auch, dass der Produzent Andreas Spreer wohl wieder seine geliebten historischen Röhrenmikrofone als Hauptmikros aufgestellt hat, und es bedeutet in diesem Fall zusätzlich, dass der Flügel von einem der prominentesten Konzerttechniker, nämlich Ernst Kochsiek, betreut wurde, der übrigens dafür bekannt ist, die Oktaven ein wenig stärker zu spreizen als die meisten seiner Kollegen, was im Fall von Enrique Granados der Brillanz zusätzlich aufhilft. Der Katalane Granados kam bereits 1916 im Alter von nur 48 Jahren ums Leben, als das Passagierschiff, mit dem er reiste, von einem deutschen U-Boot torpediert wurde. Er war einer der faszinierendsten Pianisten seiner Zeit, ein vollkommen unsentimentaler Romantiker mit einem hochentwickelten Sinn für rhythmische Präzision; als Komponist stammte er aus der Schule von Felipe Pedrell, bei dem auch Albéniz studierte. Seine Werke für Klavier sind freilich komplexer als die von Albéniz, vor allem stärker von polyphonen Entwicklungen gezeichnet. Hinzu kommt, dass Granados nach dem Vorbild Debussys und Ravels der Klangfarbe neue Bedeutung einräumte, wobei sein bedeutendster Zyklus nicht von ungefähr den Titel "Goyescas" trägt und eben nicht nur einen Hommage an den Maler Francisco de Goya darstellt, sondern auch den Primat der Farbe als Ausdrucks- wie als Kompositionsmittel hervorhebt.
Da ist es nun erst recht aufschlussreich, Granados selbst mit eigenen Werken zu hören. Die CD enthält drei Danzas Españolas, die Valses poéticos op. 10 und vier Stücke aus den Goyescas. Der Fandago de Candil, der Fandango bei Kerzenschein, zeigt zum Beispiel noch zusätzlich, wie stark Granados Spiel den Klang der spanischen Gitarre reflektierte, ohne dass dies in irgendeiner Weise prätentiös wirkte.
* Musikbeispiel: E. Granados - Goyescas. Primera Parte Nr. 3: El Fandango de Candil
Soviel zu Enrique Granados und seinen Welte-Mignon-Aufnahmen von 1913, die nun in einer ingenieurwissenschaftlich neu durchdachten Wiedergabetechnik bei Tacet aufgenommen wurden. Es handelt sich, wie angedeutet, um das Volume I der Reihe "The Welte-Mignon Mystery"; die beiden anderen CDs sind dem Wagner-Spiel des Dirigenten Felix Mottl und Klavieraufnahmen des relativ jungen Richard Strauss gewidmet.
"Enrique Granados - today playing his 1913 interpretations (The Welte-Mignon Mystery Vol 1)"
Enrique Granados, Klavier
Label: TACET
Labelcode: LC 07033
Bestell-Nr.: CD 139