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Vor 1375 Jahren zerstört der Prophet Muhammad die Götzenbilder der Kaaba in Mekka

Nachdem der Prophet in Mekka angekommen war und die Leute sich beruhigt hatten, begab er sich zur Kaaba und ritt siebenmal um sie herum, wobei er jedes mal mit einem Stock, den er in der Hand hielt, den Schwarzen Stein berührte. Dann ließ er sich den Schlüssel zur Kaaba geben. Man öffnete ihm das Heiligtum, und er trat ein. Er fand darin eine Holztaube, zerbrach sie mit eigener Hand und warf sie weg.

Von Tobias Mayer | 11.01.2005
    Der arabische Prophetenbiograph Ibn Ishaq schildert die Ereignisse des 11. Januar 630. Schon seit Jahrhunderten war die Kaaba in der Handelsstadt Mekka ein überregionales Zentrum religiöser Verehrung sowohl für die reichen Kaufleute, zu denen auch Muhammad gehörte, als auch für die Beduinenstämme der arabischen Wüste. Um die Kaaba herum standen weitere 360 Götzenbilder, die Muhammad mit seinem Stab vom Sockel stieß. Das Innere des würfelförmigen Steingebäudes war mit Fresken der früheren Propheten ausgestaltet. Muhammad befahl, die Bilder herunterzuwaschen, mit einer Ausnahme: Das Bild von Jesus bewahrte er vor der Vernichtung - aus Ehrfurcht vor der christlichen Religion, die Muhammad bereits früher kennen gelernt hatte. Der Islamwissenschaftler Stefan Reichmuth von der Uni Bochum:

    Das war ja ein, soweit man das aus der Überlieferung sehen kann, ein sehr synkretistisches Heiligtum mit vielfältigen Gottheiten. Die Pilgergruppen, die dort hinkamen, verehrten dort auch ihre eigenen Gottheiten. In der Kaaba war ja das Pfeilorakel angesiedelt. Es wurden Pfeile geworfen, wie Mikadostäbe sozusagen. Und man hat mit einzelnen Pfeilen bestimmte Botschaften, Ja oder Nein, verbunden und bestimmte Fragen gestellt und dann diese Pfeile geworfen und wie sie herauskamen, wurde dann die Antwort genommen.

    Auf der arabischen Halbinsel lebten in vorislamischer Zeit überwiegend Nomaden, die Kamele, Ziegen oder Schafe züchteten. Nur in den wenigen Oasen betrieb man Ackerbau. Mekka war der wichtigste Handelsplatz der Region. Die städtischen Kaufleute kontrollierten das Geschäft mit Gewürzen und Weihrauch vom Jemen nach Damaskus. Die Händler hatten sich mit den kriegerischen Beduinen arrangiert und zahlten Tribut für den Schutz ihrer Karawanen. Die Mekkaner verehrten Allàh als eine Art Hauptgott unter den lokalen Götzen. Der Besuch der Kultstätte galt schon vor dem Islam als Wallfahrt und war mit besonderen Riten verbunden wie dem Umschreiten der Kaaba oder Tieropfern.

    Um das Jahr 610 erfuhr Muhammad die erste koranische Offenbarung. Fortan trat er als Prophet auf. Er begann, den Islam in seiner Heimatstadt Mekka zu propagieren und gewann viele junge Männer für seine Sache. Die mächtigen mekkanischen Kaufleute folgten ihm allerdings nicht, denn der Koran lehnte viele ihrer Handelspraktiken ab. Die Händler sahen Muhammad als Bedrohung ihrer politischen Macht. Unter dem Druck seiner Gegner musste der Prophet 622 nach Medina fliehen, wo der Islam inzwischen viele Anhänger hatte. Diese Flucht, die Hidschra, markiert den Beginn der islamischen Zeitrechnung. In Medina gab es auch eine große jüdische Gemeinde und die dortigen Muslime beteten wie die Juden in Richtung Jerusalem. Dies änderte sich im Frühjahr 624, als der Prophet die Gebetsrichtung nach einer koranischen Offenbarung änderte.

    Koran 2, 144: Wir sehen, dass du unschlüssig bist, wohin du dich beim Gebet mit dem Gesicht wenden sollst. Darum wollen wir dich jetzt in eine Gebetsrichtung weisen, mit der du gern einverstanden sein wirst: Wende dich mit dem Gesicht in Richtung Mekka! Und wo immer ihr Gläubigen seid, da wendet euch mit dem Gesicht in diese Richtung!

    Reichmuth: Man bringt das zusammen mit dem, was man den "Bruch mit den Juden" nennt. Es gibt eine Phase offenbar, in der sich Muhammad um die Akzeptanz bei den Juden bemühte. Und als das scheiterte und er dort Unverständnis und auch Spott erntete, hat er sich von den Juden distanziert.

    In den folgenden Jahren wuchs die Anhängerschaft des Islams auch in Mekka, das Muhammad am 11. Januar 630 beinahe kampflos zurückgewinnen konnte. Bald verbot der Prophet alle polytheistischen Praktiken und die Kaaba wurde zum rein islamischen Pilgerzentrum. Kurz vor seinem Tod im Jahre 632 unternahm Muhammad seine letzte Hajj, die Vorbild für alle späteren Wallfahrten wurde. Seitdem umkreisen die muslimischen Pilger die Kaaba sieben mal gegen den Uhrzeigersinn, steinigen in Mina symbolisch den Satan, beten und rasten am Berg Arafat und schlachten Opfertiere - genau wie damals der Prophet Muhammad.


    Literatur und CDs:
    - Ibn Ishaq: Das Leben des Propheten, übers. v. Gernot Rotter, Tübingen/Basel 1976.
    - Der Koran, übersetzt von Rudi Paret, 5. Aufl. Stuttgart/Berlin/Köln 1989.
    - CD: The Musicians of the Nile: Luxor to Isna, Real World/Virgin 0777 7861442 5, daraus: Ya Tir `Ala Shadjarah (von Murad/Hilali), und Kol Elle Qalboh Ankawa (von Abd Al `Aziz)
    - CD: Musique andalouse d’Alger, al-Djazairiya al-Mossiliya, Institut du Monde Arabe 321031, daraus Track 3: Da´u muqlati tabki