Die Sonne steht hoch, und die jungen Kiefern auf dem Hügel geben keinen Schatten. Eine junge Frau liegt im trockenen, ausgeblichenen Gras, mit weißem Hut, weißer Bluse, grauem Rock. Es ist Nini, die Frau des Malers Max Slevogt. Selbstvergessen blickt sie auf, als wolle sie etwas sagen.
"Der Sommermorgen" ist ein Bild, das der Maler nie verkauft hat. Es misst drei mal vier Meter und entstand 1901 im Pfälzer Wald. Karoline Feulner, Kuratorin der Max-Slevogt-Galerie der Villa Ludwigshöhe:
"Es ist ein Wendepunkt, es ist der Auftakt in Berlin, sein Auftritt, es wurde gezeigt bei der ersten großen Ausstellung, die er bei Cassirer hatte. Er konnte sich dadurch positionieren in der Berliner Sezession, in die er kurz vorher eingetreten war. Und es ist für ihn schon ein Meilenstein, dass er sich von München, diesem konservativen, dieser Akademie, diesem Vorherigen absetzen kann."
Regelbrecher und Avantgardist um 1900
Max Slevogt zählte mit Max Liebermann und Lovis Corinth zu den deutschen Impressionisten, doch war die Malerei des Augenblicks, der Impression, nur eine Facette seiner Kunst. Frauen in der Natur hatten schon andere gemalt. Um in Berlin Aufsehen zu erregen, brach er eine andere Regel der akademischen Malerei.
"Das Motiv, sie im Gras liegend, war nicht so das Problem, es war eher die Malweise und das Format, dass nur dieses unspektakuläre Motiv seiner Frau, die mit diesem Sonnenschirm ganz entspannt im Waldboden liegt, das war, glaube ich, das Neue, oder das Außergewöhnliche, dass man so ein Motiv in dieses monumentale Format erhebt."
Um 1900 sei Max Slevogt in Berlin Avantgarde gewesen, sagt Karoline Feulner, der Maler habe das intellektuelle Leben begierig in sich aufgesogen. Der am 8. Oktober 1868 in Landshut geborene Künstler war froh, München endlich hinter sich zu lassen. Die dortige Kunstszene bot ihm keine Heimat mehr. 1899 hatte er das Publikum mit einer "Danae" verschreckt, die er in starker Verkürzung, von den Füßen her gesehen, in einem ärmlichen Zimmer gemalt hatte. Max Slevogt notierte während seiner Ägyptenreise:
"Das Auge sieht, was es sucht, und was es nicht versteht, sieht es nicht. Das Auge sieht voller Einbildung, sieht voller Musik, Rhythmus und Trunkenheit."
Liebhaber des Exotisch-Fantastischen
Slevogt spielte Klavier und war ein begeisterter Operngänger. Zu seinen bekanntesten Werken gehören die lebensgroßen Rollen-Porträts des Baritons Francisco d’Andrade. Slevogt soll sogar in einer Loge seine Staffelei aufgebaut haben, um die vor Lebenslust sprühende Musik Mozarts und die Grandezza des Sängers als Don Giovanni einzufangen. Doch passte Slevogts Sinn für Inszenierung, dem er immer mehr Raum gab, nicht in die neue Zeit. Sein Galerist Paul Cassirer schrieb 1912:
"Ich behaupte, dass Sie heute in einer künstlerischen Krise sind, dass sie sich in ihrer eigenen schwerblütigen Art mit Erscheinungen wie Cézanne, van Gogh und Daumier herumschlagen, dass sie vor allem den schweren Kampf innerlich führen, ihre Grafik mit der Malerei zu vereinigen."
"Eigentlich ist er Zeichner, und man sieht auch, dass er als Zeichner denkt, und dass seine Malerei eigentlich gezeichnete Malerei ist. Und deshalb hat er auch diesen skizzenhaften Stil. Also, er überträgt seinen Blick als Zeichner auf die großen Leinwände."
Max Slevogt begeisterte sich für das Exotisch-Fantastische, er illustrierte die Erzählungen von 1001 Nacht, den Roman-Zyklus Lederstrumpf von James Fenimore Cooper oder Shakespeares Hamlet. Immer öfter erhielt er Aufträge für Bühnen- oder Wandbilder, etwa 1924 für den Ratskeller in Bremen, den er mit Szenen nach einem Märchen von Wilhelm Hauff ausmalen sollte. Max Slevogt zog sich in die Pfalz zurück, war nun nicht mehr Avantgarde, aber noch immer ein gefragter Maler und Zeichner.
Sein letztes großes Wandbild schuf der kränkelnde Maler für die Friedenskirche in Ludwigshafen, eine dramatisch aufgeladene Golgatha-Szene, die den bleichen Christus am Kreuz im Hintergrund und den erlösten, in warmes Licht gehüllten Heiland im Vordergrund zeigte. Max Slevogt konnte jedoch an der Einweihungsfeier seines Gemäldes nicht mehr teilnehmen. Er starb wenig später, am 20. September 1932, im Alter von 64 Jahren.
Sein letztes großes Wandbild schuf der kränkelnde Maler für die Friedenskirche in Ludwigshafen, eine dramatisch aufgeladene Golgatha-Szene, die den bleichen Christus am Kreuz im Hintergrund und den erlösten, in warmes Licht gehüllten Heiland im Vordergrund zeigte. Max Slevogt konnte jedoch an der Einweihungsfeier seines Gemäldes nicht mehr teilnehmen. Er starb wenig später, am 20. September 1932, im Alter von 64 Jahren.