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Vor 30 Jahren wird Franz Josef Strauß von Mao Ze Dong empfangen

Der CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß hat seine Begegnung mit dem chinesischen Parteivorsitzenden Mao Tsetung als ein sichtbares Zeichen der Achtung gegenüber einem Gast bezeichnet, dessen politische Ansichten man Ernst nehme.

Von Otto Langels |
    Unter der Überschrift "Chinas Respektbezeugungen für Strauß" berichtete die Neue Zürcher Zeitung über das Treffen des bayerischen CSU-Chefs mit dem chinesischen KP-Vorsitzenden Mao Ze Dong am 16. Januar 1975 in Peking. In den Jahren zuvor hatten bereits CDU-Politiker wie Gerhard Schröder und Helmut Kohl die Volksrepublik China besucht, aber Franz Josef Strauß war der Erste, der von Mao zu einem mehrstündigen Gespräch empfangen wurde. Erst ein Dreivierteljahr später kam Bundeskanzler Helmut Schmidt in Peking mit Mao Ze Dong zusammen. Strauß fühlte sich durch die Vorzugsbehandlung der Chinesen geschmeichelt.

    Strauß: Es war offensichtlich das Bemühen der chinesischen Gastgeber, nach den Gesprächen mit dem Außenminister und dem ersten stellvertretenden Ministerpräsidenten meinen Besuch auch durch eine Audienz bei dem Vorsitzenden Mao und dem Ministerpräsidenten, die ja zur Zeit nur wenig Gäste empfangen, besonders hervorzuheben.

    Zwei Jahre zuvor, im Oktober 1972, hatten die Bundesrepublik und die Volksrepublik China diplomatische Beziehungen aufgenommen. Die sozialliberale Koalition in Bonn unter Willy Brandt suchte mit ihrer neuen Ostpolitik den Ausgleich mit Moskau, den osteuropäischen Staaten und der DDR. Intensive Kontakte mit Peking hätten angesichts des höchst gespannten Verhältnisses zwischen der Sowjetunion und China nur gestört. Seit Anfang der 70er Jahre bezeichnete die chinesische Propaganda das sowjetische Regime als "sozial-imperialistisch". Hauptfeind war die Sowjetunion, nicht mehr die USA.

    Der CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß fuhr mit der Absicht nach China, seine eigene Außenpolitik zu betreiben. Die neue Ostpolitik dürfe nicht in Moskau enden, meinte Strauß und fand damit das Wohlwollen Pekings. Gemäß der alten chinesischen Weisheit, sich mit dem Fernen gegen den Nahen zu verbünden, suchte Mao Ze Dong Bonn als Bündnispartner gegen das sowjetische Imperium zu gewinnen. Immerhin war die Bundesrepublik Mitte der 70er Jahre der größte Außenhandelspartner Chinas.

    Strauß: Die Bundesrepublik wird in diesem Kräftefeld als ein europäisches Schlüsselland angesehen. Wir erhalten ja täglich die Mahnung, dass die Europäer ihre politische, wirtschaftliche, militärische Einigung noch viel schneller vollziehen sollen, weil das die geschichtliche Stunde erfordere.

    Franz Josef Strauß sprach auch die deutsche Teilung an. Der Schlüssel zur deutschen Frage liege nicht auf der chinesischen Mauer, warf die SPD Strauß vor. Dennoch unterstützte die chinesische Führung die deutsche Einheit. Schließlich konnte sie mit dieser Forderung der Sowjetunion und ihrem Satellitenstaat DDR diplomatische Nadelstiche versetzen.

    Strauß: Man sagt, der Zweite Weltkrieg und seine Folgen hätten zwar zur Bildung von zwei deutschen Staaten geführt, aber das sei ein unnatürlicher Zustand, den die Deutschen selbst nicht anerkennen dürften. Deutschland habe das Recht wie alle anderen Völker, als eine Nation zu leben und als eine Nation anerkannt zu werden. Und dieses sei der sozusagen unwandelbare Standpunkt unserer chinesischen Freunde.

    Das Treffen des CSU-Vorsitzenden mit Mao Zedong weckte das Misstrauen Moskaus und Ost-Berlins. Im DDR-Rundfunk wurde über eine Achse Bonn-Peking spekuliert:

    Der Hauptgegner war und ist für Strauß natürlich die Sowjetunion. Sie ist es auch für die Pekinger Führung. Und so begegneten sich also - die sowjetische Nachrichtenagentur Tass hat es treffend formuliert - Seelenverwandte unter dem Motto: Der Feind meines Feindes ist mein Freund.

    Franz Josef Strauß äußerte sich ausgesprochen positiv über den Verlauf seines zweiwöchigen China-Besuchs. Er lobte den ungeheuren Arbeitsfleiß der Chinesen und die Aufbauleistungen der Gesellschaft. Über die Verletzung von Menschenrechten verlor er - wie mancher deutsche Staatsgast nach ihm - nicht ein Wort.

    Strauß: Was mich persönlich beeindruckt hat, dass war die natürliche Herzlichkeit und Freundlichkeit, mit der man uns empfangen hat, mit allen sichtbaren Ehren, die ein Gast, der keine Staatsfunktion hat, überhaupt nur für sich erhoffen kann.