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Vor 525 Jahren
Die zweite Reise von Christoph Kolumbus nach Amerika

Mit seiner Entdeckung Amerikas 1492 hatte Christoph Kolumbus eine epochale Leistung vollbracht. Ein halbes Jahr nach seiner glücklichen Heimkehr brach er zu seiner zweiten Atlantiküberquerung auf. Doch den Aufgaben als Befehlshaber der spanischen Kolonien war der Seefahrer nicht gewachsen.

Von Irene Meichsner | 25.09.2018
    Wandbild mit der Darstellung von Christoph Columbus an der Westseite des Parque Peralta in der Provinzhauptstadt Holguin auf Kuba. Das Wandbild zeigt die Entwicklung von Kuba, den Zeiten der Ureinwohner bis zum Ende der Sklaverei.
    Auf der Insel Kuba ließ Christoph Kolumbus seine Männer schwören, dass sie sich wie er selbst auf asiatischem Festland wähnten (imago / epd-bild / Klaus Honigschnabel)
    "Columbus' Verhängnis war, daß er eine Figur darzustellen hatte, deren Eigenschaften er nicht besaß. Er war ein Mensch der Traum- und Wahnwelt, vielleicht hatte er sogar die Gabe der Versenkung, sicher die der Selbststeigerung, und war an einen Platz gestellt, für den er sich auch auserwählt glaubte, wo er eine harte, gefahrvolle, nüchterne Wirklichkeit hätte meistern sollen."
    Mit seiner Entdeckung Amerikas hat Christoph Kolumbus, der Sohn eines Wollwebers aus Genua, den der Schriftsteller Jakob Wassermann auch den "Don Quijote des Ozeans" nannte, eine epochale Leistung vollbracht – auch wenn er selber glaubte, vor der Küste Ostasiens gelandet zu sein.
    Schon ein halbes Jahr nach seiner glücklichen Heimkehr, am 25. September 1493 stach Kolumbus von Südspanien aus wieder in See. Berauscht von der Aussicht auf Gold und andere Reichtümer hatten ihm König Ferdinand von Aragon und Königin Isabella von Kastilien für diese zweite Fahrt über den Atlantik eine ganze Flotte von 17 Schiffen zur Verfügung gestellt.
    "Es gingen mit: Bergleute, Zimmerleute, Ackerbauern, Maurer, Schlosser, Schneider, Schuster, Weber, im ganzen über tausend besoldete Handwerker. Um die friedlichen Ansiedler zu schützen, bedurfte es einer geschulten Truppe; 20 Lanzenreiter aus Granada verdienen genannt zu werden, denn sie wurden binnen Kurzem der blutige Schrecken der Indios."
    Pflicht zu missionieren
    Nach einem Zwischenstopp auf den Kanaren, wo die Schiffe noch mit vielerlei Pflanzen, Saatgut und Tieren beladen wurden, gelang Kolumbus die Überfahrt in nur 21 Tagen. Am 4. November 1493 landete er auf Guadeloupe, zwei Wochen später auf Puerto Rico und hisste dort jeweils die spanische Königsflagge. Der Akt der Unterwerfung wurde durch ein frühneuzeitliches "Finderecht" legitimiert. Dazu der Schweizer Historiker Urs Bitterli:
    "Und dieses Finderecht, bedeutete eben, dass neu gefundenes Land dem Finder zu eigen sein sollte – ein Rechtsanspruch, der übrigens auch von der Kurie, also vom Papst geteilt wurde."
    Mit der Kolonisation war die Verpflichtung verbunden, zu missionieren. Urs Bitterli:
    "Faktisch hat sich dann aber gezeigt, im Verlauf gerade der Inland-Erkundung, dass die Gier nach Gold, nach Eroberungen weit größer war als eben der Wunsch, diese Völker zu bekehren."
    Grausamkeit per Dienstanweisung
    Auf der Insel Hispaniola, wo Kolumbus bei seinem ersten Aufenthalt 39 Männer zurückgelassen hatte, war es schon zu blutigen Auseinandersetzungen gekommen. Das Fort "La Navidad" lag in Trümmern, die Besatzung war tot – offenbar eine Vergeltungsmaßnahme der Eingeborenen auf Gewalttaten und Plünderungen seitens der Spanier. Kolumbus gründete eine neue Siedlung: "La Isabela", aber auch hier kam es bald zu Streitigkeiten, die er nicht zu schlichten vermochte. Kolumbus behauptete, die Indios respektvoll behandeln zu wollen. Doch das war offenbar nicht so gemeint.
    "Weil es vorgekommen ist, daß die Wilden Diebstähle an uns verübt haben, bestimme ich, daß Ihr jedem, den Ihr dabei ertappt, die Nase und die Ohren abschneidet", hieß es in einer Dienstanweisung, die Kolumbus einem Stellvertreter übergab, bevor er sich selber auf die Suche nach dem asiatischen Kontinent machte.
    Kein triumphaler Empfang bei der zweiten Rückkehr
    Auf Kuba wähnte er sich endlich am Ziel seiner Träume. Kolumbus ließ seine 80 Begleiter einzeln einen Eid darauf schwören, dass auch sie – so wie er selber – zweifelsfrei davon überzeugt seien, sich auf asiatischem Festland zu befinden.
    "Eine donquijotischere Vergewaltigung der Wirklichkeit läßt sich kaum ersinnen, denn es hätte, wie ein Zeitgenosse mit übertreibendem Spott bemerkt, nur einer der Leute während der Unterzeichnung des Protokolls auf den Mastkorb klettern müssen, um zu entdecken, daß Cuba eine Insel ist."
    In "La Isabela" war zwischenzeitlich das Chaos ausgebrochen. Die Männer litten unter dem feucht-heißen Klima, viele der aus Spanien mitgebrachten Lebensmittel waren längst verdorben, die Ausbeute an Gold blieb weit hinter den Erwartungen zurück. 1495 führte Kolumbus den ersten Feldzug gegen das Volk der "Arawaken". Tausende wurden dabei getötet oder versklavt.
    Im Juni 1496 kehrte Kolumbus nach Spanien zurück. Dieses Mal wurde ihm kein triumphaler Empfang mehr bereitet. Zweimal hat Kolumbus den Atlantik später noch überquert, doch da war der Nimbus des heldenhaften Entdeckers schon lange verblasst.