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Vorboten eines neuen Verteilungskampfes

Jahrzehntelang hat die Europäische Landwirtschaft Überschüsse produziert, hat Milchseen angelegt, Butterberge aufgehäuft und weit mehr Fleisch und Getreide hergestellt, als irgendjemand essen wollte. Bis zu 50 Milliarden Euro hat die Europäische Union jedes Jahr dafür ausgegeben, erst die Produktion anzukurbeln und dann die Überschüsse zu vernichten oder zu Dumpingpreisen in die Dritte Welt zu pumpen. Vor allem in Asien und Afrika wurden viele Kleinbauern von den Fleisch- und Getreide-Lieferungen aus Europa in den Ruin getrieben.

Von Alois Berger |
    Doch jetzt schlägt das Pendel in die andere Richtung aus. Lebensmittel werden knapp auf dem Weltmarkt, in Asien haben manche Länder bereits einen Exportstopp für Reis verhängt. Auch Russland und die Ukraine haben ihre Ausfuhren gedrosselt.

    Die Weltbevölkerung wächst, vor allem China und Indien importieren immer mehr Lebensmittel, mit dramatischen Steigerungsraten. Dazu kommt der Hunger der Industrieländer nach neuen Energien. Weil die Vorräte an Erdöl und Gas zu Ende gehen, sollen nachwachsende Rohstoffe die Lücke füllen. Doch die weltweit verfügbaren Ackerflächen sind begrenzt. Was bei uns in den Tank kommt, fehlt anderswo auf dem Teller.

    Die aktuellen Preissteigerungen sind nur die Vorboten eines neuen Verteilungskampfes.

    Schlechte Ernten in einigen Teilen der Welt haben das Angebot verknappt. Früher wären solche Engpässe durch die Überschüsse in anderen Weltregionen ausgeglichen worden. Heute gibt es kaum noch Nahrungsmittel-Überschüsse. Auch in Europa sind die Lager fast leer. Kann die Europäische Union ihre Agrarpolitik rechtzeitig umsteuern, um wieder ausreichend Lebensmittel herzustellen?

    EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel gibt sich zuversichtlich:

    "Als wir letzten September gesehen haben, dass die Getreidepreise anziehen, haben wir sofort reagiert. Wir haben den Ministerrat aufgefordert, die stillgelegten Flächen freizugeben, die Milchquoten zu erhöhen und alle Einfuhrzölle auf Getreide aufzuheben. Das Ergebnis aller Maßnahmen ist, dass wir in diesem Jahr in Europa voraussichtlich eine um 10 Prozent höhere Ernte haben werden."
    Doch die Möglichkeiten, auf die steigenden Lebensmittelpreise zu reagieren, sind begrenzt. Die Widerstände kommen vor allem aus den Mitgliedsländern der EU. Schon die Anhebung der Milchquoten um gerade mal zwei Prozent löste bei einigen Regierungen heftige Abwehrreflexe aus. Der deutsche Landwirtschaftsminister Horst Seehofer wehrte sich mit Händen und Füßen. Denn die Milchquoten begrenzen die Produktion und sichern auf diese Art die Preise für die Bauern.
    Zwar gehen die Milchpreise trotz der Quoten manchmal nach oben, manchmal nach unten. Eine Lockerung oder gar eine Freigabe würde jedoch die Preise für Milch, Butter und Käse in den Keller treiben, fürchtet Seehofer. Denn viele Landwirte, vor allem in Polen, warten gerade zu darauf, dass sie endlich mehr melken dürfen. Einen erneuten Preisverfall, so der deutsche Agrarminister, könne man aber den deutschen Bauern nicht zumuten.

    "Wir haben eine Situation in Deutschland, die gekennzeichnet ist durch die Tatsache, dass wir der größte Milchproduzent in Europa sind, dass wir in ganz erheblichem Umfang mit Milchproduzenten zu tun haben, wie übrigens in Österreich auch, die in benachteiligten Gebieten, in schwierigen landschaftlichen Räumen die Milchproduktion durchführen und die deshalb auf eine vernünftige Einkommensentwicklung angewiesen sind."

    Genau das ist das Problem der Europäischen Agrarpolitik: Sie soll einerseits die Versorgung der Bevölkerung mit guten Lebensmitteln zu vernünftigen Preisen sicher stellen. Andererseits aber soll sie die Einkommen der Bauern sichern, und zwar möglichst in allen EU-Ländern und allen Regionen, selbst wenn sie für die jeweilige Landwirtschaft ungeeignet sind.
    Deshalb werden in finnischen Treibhäusern Zitronen angebaut und in nordfranzösischen Ställen Schafe gezüchtet, die nie eine Weide sehen. Deshalb wird in Griechenland Tabak gepflanzt, der sofort verbrannt wird, weil ihn niemand rauchen will und in deutschen Mittelgebirgsregionen wird Roggen gesät, weil dort nichts anderes wächst, obwohl schon lange nicht mehr soviel Roggen gebraucht wird. Die Europäische Union zahlt dafür Zuschüsse. Und wenn die Europäische Kommission in Brüssel darüber nachdenkt, irgendwelche Zuschüsse zu streichen, dann stehen die Landwirtschaftsminister der Mitgliedsländer noch am selben Tag auf der Matte und protestieren.
    Rund 50 Milliarden Euro gibt die Europäische Union jedes Jahr für die Unterstützung der Landwirtschaft aus. Bis 2013 wird das in jedem Fall so weiter gehen, das haben die EU-Regierungschefs vor fünf Jahren auf Drängen Frankreichs so beschlossen. Erst danach sind Änderungen möglich, doch wie diese Änderungen aussehen, darüber fängt man jetzt gerade an zu streiten.
    Die für Landwirtschaft zuständige EU-Kommissarin Mariann Fischer Boel will morgen ihren sogenannten Gesundheits-Check der EU-Agrarpolitik vorlegen. Vordergründig geht es darum, die vor fünf Jahren begonnene Agrarreform an manchen Stellen nachzubessern. Doch in Wirklichkeit steckt mehr dahinter. Es geht darum, in welche Richtung die EU-Kommission die Agrarpolitik steuert. EU-Kommissarin Mariann Fischer Boel versucht allerdings, die Bedeutung herunter zu spielen:

    "Ich habe immer gesagt, dass wie keine neue Reform machen, sondern einen Gesundheitscheck, um die neuen Herausforderungen anzugehen. Es geht um den Klimawandel, um das anhaltende Artensterben, um die Biosprit-Fragen. Und es geht um die Vereinfachung der Reform und die Anpassung an die vergrößerte EU. Als die Reform beschlossen wurde, waren wir 15 Länder, jetzt sind wir 27. Es geht um Anpassung, eine neue Reform wäre schwer zu vermitteln."
    Klimawandel, Artensterben und Nahrungsmittelknappheit, das sind große Herausforderungen für die Agrarpolitik, die eigentlich mehr als nur ein paar Anpassungen erfordern. Doch die Vorsicht der Kommissarin kommt nicht von ungefähr. Wer in Europa in der Agrarpolitik etwas bewegen will, muss vor allem leise vorgehen. Die meisten Landwirtschaftsminister heben bereits jetzt die Schützengräben aus, um sich zu verschanzen. Sie wollen auch für die Zeit nach 2013 möglichst viel von der alten Agrarpolitik retten.
    Jedes Land hat seinen eigenen Forderungskatalog. Für Frankreich ist zum Beispiel der subventionierte Export von Wein und Getreide besonders wichtig, für Polen der Schutz seiner 1,5 Millionen Kleinbauern, für Griechenland der Erhalt der Tabakzuschüsse, für Österreich die Bergbauern und für Deutschland unter anderem der Erhalt einer dominanten Milchwirtschaft.

    Ginge es nur um die Weltmarktlage, um Klimaschutz und um die zu erwartenden Ernährungsengpässe, wäre die Richtung klar: Mehr Marktwirtschaft, rascher Abbau aller Quoten und Produktionshindernisse und ein Rückzug von der Förderung von Biotreibstoffen.
    Im März 2007 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, dass bis zum Jahr 2020 ein Fünftel des Kraftstoffbedarfs in der Europäischen Union durch nachwachsende Rohstoffe gedeckt werden soll. Biosprit, so schien es, könne sowohl dem Klima als auch den Bauern helfen, die eine neue dauerhafte Einnahmequelle suchen.
    Doch inzwischen weiß man, dass Biosprit nicht die ideale Lösung ist. Der ökologische Nutzen ist mehr als umstritten. Naturschutzverbände laufen Sturm, weil abzusehen ist, dass die Europäische Union einen großen Teil des nachwachsenden Energiebedarfs durch Importe aus Entwicklungsländern decken wird. In Brasilien, in Indonesien, in Malaysia wird schon jetzt sehr viel Regenwald abgeholzt, um Platz zu machen für den Anbau von Energiepflanzen. Oder für jene landwirtschaftlichen Produkte, die von Energiepflanzen verdrängt wurden. Der konservative britische Europaabgeordnete und Entwicklungsexperte Niranjan Joseph Deva fordert zumindest eine deutliche Einschränkung der Biosprit-Beschlüsse:

    "Wir brauchen ein Gesetz, das klar sagt, dass nichts, was man essen kann, zu Biosprit verarbeitet werden soll. Es gibt Alternativen, Elefantengras zum Beispiel oder Jatropha kann man nicht essen. Das wächst in trockenen Gegenden, wo man nichts abholzen muss. Daraus kann man Sprit machen, das ist gut. Aber kein Biosprit aus Palmöl oder anderen Pflanzen, die man essen kann."
    Die Chancen für ein solches Gesetz stehen schlecht. Jatropha und Elefantengras wachsen in Europa nicht so recht, versprechen also keinen Nutzen für die europäischen Bauern. Für die meisten Agrarminister kommt ein solches Gesetz deshalb nicht in Frage. Auch EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel hält an der Biosprit-Förderung fest. Bisher würden gerade einmal zwei Prozent der Europäischen Getreideproduktion für die Treibstoffgewinnung verwendet, sagt sie. Für den deutlichen Anstieg der Getreidepreise dürfe man also nicht den Biosprit verantwortlich machen. Zudem könne man nicht alle paar Monate die Zielvorgaben ändern:

    "Wir haben uns darauf geeinigt, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 20 Prozent zu reduzieren. Der Transportsektor trägt wesentlich zu den Treibhausgasen bei. Wenn wir da keine Lösung finden, um die Emissionen zu verringern, dann werden wir das Ziel verfehlen, dann werden wir es nicht schaffen, 20 Prozent der Kohlendioxide einzusparen."
    Nicht dass die Europäische Agrarpolitik reformunfähig wäre. Sie wird reformiert, seit es sie gibt. Viele dieser Reformen waren sogar überaus erfolgreich. Das Dilemma der Agrarpolitik ist nur, dass sie allzu oft auf die Lösung von Problemen ausgerichtet ist, die längst überholt sind.

    In der Nachkriegszeit bestand die Aufgabe der Landwirtschaftspolitik darin, die Lebensmittelproduktion für eine wachsende Bevölkerung zu sichern. In der EWG wurden deshalb Garantiepreise für Fleisch, Getreide und Milch vereinbart, damit die Bauern möglichst viel produzieren. Die Bauern sollten Planungssicherheit haben, damit sie auch wirklich investieren. Düngemittel, Kraftfutter und verbesserte Methoden halfen, die Erträge pro Hektar und und auch pro Kuh um ein Vielfaches zu steigern. Ein Kilo Kraftfutter bringt etwa zwei Liter Milch.
    Ab 1975 molken und ernteten die Bauern mehr, als die Leute essen konnten. Die EU musste die Überschüsse zu den vereinbarten Preisen aufkaufen. Die Milchseen schwollen an, die Butterberge wuchsen und in den teuer angemieteten Kühlhäusern warteten die Rinderhälften ihr Verfallsdatum ab. Fast 20 Jahre lang dokterten die Agrarminister an den Symptomen herum, beschlossen immer neue Milchquoten und Garantiemengenregelungen, legten Kälber-Schlachtpläne auf und verordneten Flächenstilllegungen mit Entschädigungsansprüchen für die Bauern.
    Erst 1992, als nichts mehr ging, vollzog die Europäische Union einen radikalen Schwenk. Seitdem werden die Garantiepreise schrittweise abgesenkt. Im Gegenzug bekommen die Bauern Ausgleichszahlungen, also einen regelmäßigen Scheck aus Brüssel. Die Höhe des Schecks richtet sich nach der bewirtschafteten Fläche und der Zahl der Rinder. Egal wieviel ein Bauer anbaut oder züchtet, das Geld aus Brüssel ist immer dasselbe.
    Für diese Ausgleichszahlungen hatten die Bauernverbände lange gekämpft. Ohne Entschädigung für die sinkenden Preise müssten die meisten Höfe zumachen, warnten sie. Doch damit lieferten sie auch das Argument, mit dem die Agrarkommissarin Fischer Boel jetzt die Direktzahlungen an die Bauern kürzen will. Denn für Weizen zum Beispiel bekamen die Landwirte im letzten Jahr rund 75 Prozent mehr als im Jahr davor.

    "Weil die Landwirtschaft wegen der steigenden Preise in einer starken Situation ist, schlagen wir vor eben vor, Gelder aus den Direktzahlungen zu nehmen und in die ländliche Entwicklung zu stecken. Auch um dem Klimawandel zu begegnen. Deshalb wollen wir das Geld auf eine intelligentere Art ausgeben."
    Mit anderen Worten: Die Agrarkommissarin will den Scheck an die Bauern um bis zu 22 Prozent kürzen und die Mittel in Biogasanlagen, in die Stärkung von Verkaufsgenossenschaften und in die Förderung von ländlichem Tourismus stecken. Die Agrarausgaben einfach nur einzusparen, das geht nicht, zumindest nicht vor 2014, das haben die Regierungschefs so beschlossen. Die Agrarkommissarin kann deshalb nur Umschichtungen vorschlagen, von Produktionshilfen zu Direktzahlungen, von Direktzahlungen zu ländlicher Entwicklung. Von traditionellen Subventionen zu Zukunftsinvestitionen.
    Wie weit die 27 Landwirtschaftsminister da allerdings mitgehen, ist offen. Wenn es darum geht, Zuschüsse an die Landwirte zu kürzen, zucken die meisten Regierungen zurück. Und nicht nur die Regierungen. Der Agrarpolitische Sprecher der CDU im Europaparlament, Lutz Goepel, warnt vor einem Bauernsterben:
    "Jahrelang hatten die Bauern sehr niedrige Preise. Und in dem Moment, wenn die Preise sich günstiger gestalten, dann kommt der Aufschrei, dass die Ausgleichszahlungen wegfallen sollten. Wenn es diese Ausgleichszahlungen nicht geben würde, wären mindestens 50 Prozent der Landwirte in Ostdeutschland pleite, das können Sie nicht verantworten."
    Doch der Druck auf ein Ende oder zumindest einen Abbau der Agrarsubventionen wird stärker. Im Europaparlament gibt es eine Reihe von Abgeordneten, die erhebliche Zweifel am Sinn der Agrarzuschüsse haben. Zum Beispiel der britische Konservative Niranjan Joseph Deva:

    "Wir müssen einen Weg finden, wie wir in einer vernünftigen Art über einen gewissen Zeitraum alle Subventionen für die Bauern abbauen können. Wir sollten unseren Bauern die Möglichkeit erhalten, Nahrungsmittel zu produzieren, aber die Weltmarktpreise müssen auch für sie gelten. Europa hat eine sehr gute und effiziente Landwirtschaft. Aber wir erhalten zuviel ineffiziente Höfe und behindern gleichzeitig die effizienten Bauern, sich zu entwickeln."
    Genau über diese zentrale Frage, welche Höfe die Europäische Agrarpolitik erhalten soll, gehen die Meinungen auseinander. Alle anderen Fragen sind zum großen Teil geklärt. Seit 1992 hat die EU die Bauern in mehreren Reformschritten zu immer stärker marktwirtschaftlichem Verhalten gezwungen. Früher richteten sich die Bauern bei ihrer Produktion danach, wofür Brüssel die meisten Subventionen zahlte. Heute müssen sie schauen, was sie anschließend verkaufen können. Die Direktbeihilfen sichern die Existenz ab, aber wenn sie etwas verdienen wollen, müssen die Landwirte sich am Markt orientieren.
    Statt mit viel Aufwand die Preise künstlich hochzuhalten, verteilt die EU heute den Großteil des Agrarbudgets direkt an die Landwirte. Begründet werden diese Zahlungen mit den gesellschaftlichen Aufgaben, die die Bauern erfüllen. Die Städter wollen aufs Land fahren, sagt die Agrarkommissin Fischer Boel, und sie wollen dort eine gepflegte Kulturlandschaft vorfinden.

    "Es wird immer eine Notwendigkeit geben, die ländlichen Regionen zu unterstützen. Ich will keine industrialisierte Landwirtschaft in Europa. Agrarwüsten ohne Hecken, ohne Wälder, wie im amerikanischen Mittelwesten. Das ist eine sehr effiziente Landwirtschaft mit niedrigen Preisen. Das ist möglich, aber wir erwarten von den Bauern, dass sie auch die Natur pflegen und die Umwelt schützen. Die Hauptaufgabe ist die Nahrungsmittelproduktion, aber wir erwarten von unseren Bauern auch noch vieles mehr. "
    Offiziell soll die Europäische Agrarpolitik vor allem die kleinbäuerlichen Strukturen erhalten. Doch der Geldregen aus Brüssel macht keinen Unterschied, er fällt auf kleine wie auf große Höfe. Je größer, desto mehr. Während der durchschnittliche Bauer etwa acht bis 10 000 Euro jährlich aus Brüssel bekommt, streichen die englische Königin und Prinz Charles für ihre Ländereien insgesamt 1, 2 Millionen Euro ein. Der Agrarpolitische Sprecher der CDU im Europaparlament, Lutz Goepel, verteidigt das Geld des Prinzen:

    "Auch die Fläche von Prinz Charles liegt ja nicht als Unland da, sondern wird genauso bewirtschaftet von Pächtern. Und demzufolge fließen dort gleichermaßen diese Ausgleichszahlungen hin."
    Das ist auch die Meinung der Bundesregierung. Große Betriebe müssten dieselben Zuschüsse bekommen wie kleine. Sämtliche Versuche der Europäischen Kommission in Brüssel, die europäische Agrarförderung stärker auf kleinere und mittlere Höfe zu konzentrieren, sind bislang an Berlin gescheitert. Auch diesmal will die Bundesregierung hart bleiben.
    Dahinter steht kein landwirtschaftliches Konzept. Es geht um rein finanzpolitische Gründe. Denn 70 Prozent aller europäischen Mammutbetriebe liegen in Ostdeutschland: es sind die ehemaligen sozialistischen LPGs, die in Pachtgenossenschaften umgewandelt wurden. Würden die Subventionen für Großbetriebe gekürzt, würde die europäische Agrarpolitik zwar etwas billiger werden, aber es würde wesentlich weniger Geld von Brüssel nach Deutschland fließen. Genau das will die Bundesregierung verhindern.
    Dabei gäbe es durchaus auch agrarpolitische Gründe, Großbetriebe zu fördern. Sie produzieren wegen ihrer großen Flächen wirtschaftlicher als Kleinbetriebe, sind international konkurrenzfähiger und tragen erheblich zur Nahrungsmittelsicherheit bei - was angesichts der weltweit steigenden Nachfrage nicht unwichtig ist.
    Doch die Bundesregierung möchte sich nicht festlegen. In der Öffentlichkeit setzt sie sich für die Kleinbauern ein - in Brüssel kämpft sie für die landwirtschaftlichen Großbetriebe.