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Vorkasse bei Flugbuchung nicht rechtmäßig

Man ist es nicht anders gewohnt: Beim Buchen eines Fluges wird der komplette Flugpreis sofort fällig. Diese Praxis ist mitnichten rechtens, sagt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Darum hat sie Klage gegen fünf Fluggesellschaften erhoben.

Von Hildegard Braun | 16.09.2013
    ""Wenn die Fluggesellschaft pleitegehen würde oder mein Flug nicht stattfinden würde, dann wäre ich sauer, dann würde ich auch dagegen etwas tun."

    "Ich bin dafür, dass die Fluggesellschaft den vollen Preis zurück erstattet.

    "Die bisherige Praxis ist nicht in Ordnung."

    Immer wieder erleben Fluggäste, dass ihr Flug verschoben wird, plötzlich von einem anderen Flughafen startet, oder im schlimmsten Fall komplett gestrichen wird, zum Beispiel weil die Fluggesellschaft pleite ist. Von dem gezahlten Flugpreis bekommen sie nur Bruchteile oder gar nichts wieder. Ein Unding, findet die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und hat geklagt. Beate Wagner ist dort Juristin:

    "Es gibt einen Grundsatz im BGB, der nennt sich Zug-um-Zug-Prinzip. Und damit ist das Schlagwort im Grunde "Ware gegen Geld" gemeint. Und wir meinen, dass eben dieses Prinzip durch die Praxis, wie sie eben derzeit stattfindet, verletzt wird."

    Beim Buchen eines Fluges ist es gängige Praxis, den vollen Preis zum Zeitpunkt der Buchung zu zahlen, egal ob der Passagier in drei Wochen oder in erst einem Jahr fliegt. Damit trägt der Kunde das volle Risiko.

    "In dem Moment, in dem der Flug komplett im Voraus bezahlt wird, verliert der Kunde jegliches Druckmittel, für den Fall, dass die Fluggesellschaft die Flugrahmenbedingungen einseitig verändert zum Beispiel. Das ist nicht zulässig, die Fluggesellschaften sind genauso an den Vertrag gebunden wie der Kunde, der letztlich nur gegen Entgelt sich von dem Vertrag lösen kann, weil er das Ticket ja nicht einfach zurückgeben kann. Insofern hat der Kunde dieses Zurückbehaltungsrecht erst mal verloren."

    Geklagt hat die Verbraucherzentrale gegen diese Bezahlpraxis der Deutschen Lufthansa, Condor, Air Berlin, Tui Fly und Germania. Zuvor waren die Fluggesellschaften aufgefordert worden, die unzulässige Vorauskasse-Praxis zu unterlassen, ohne Erfolg.

    "Rein rechtlich betrachtet sind Luftbeförderungsverträge Werkverträge und da gibt es eine gesetzliche Regelung, die besagt, dass zunächst die Leistung zu erbringen ist und dann erst der Preis für diese Leistung verlangt werden darf. Uns geht es gar nicht so sehr darum, dass wir sagen, wir schließen Vorkasse generell aus, uns geht es um diese langen Zeiten die zum Teil dazwischen liegen, zwischen Buchung und Leistung liegen, und trotzdem per Vorkasse der komplette Preis kassiert wird."

    Je nachdem, zu welchem Ziel der Flug gebucht wird und für wie viele Personen, kann der Kunde also auf gehörigen Summen Geld sitzen bleiben. Muss er aber nicht, denn er könnte auch jetzt schon selbst klagen. Die Praxis sieht aber anders aus, sagt Beate Wagner:

    "Der Kunde hätte jetzt theoretisch die Möglichkeit, sein Geld zurück zu verlangen oder Schadensersatz zu fordern für den Fall, dass er einen vergleichbaren Flug bucht, der aber deutlich teurer wäre. Aber er trägt natürlich das Prozessrisiko. Er müsste dann im Zweifel auf diese Erstattung klagen. Und es geht auch häufig um Streitwerte, bei denen sich ein Prozess nicht lohnt bzw. wo einfach das Risiko dann zu hoch ist."

    Vorauszahlungen sind mittlerweile in vielen Branchen üblich. Die meisten Kunden kennen es gar nicht anders, ob bei Bestellungen im Internet, ob beim Kauf einer Konzertkarte oder auch beim Kauf von Bahnfahrkarten. Doch gerade bei Zugtickets hat die Verbraucherzentrale kaum Bedenken:

    "Zum einen gibt es spezielle gesetzliche Regelungen, die eine Vorauskasse durchaus vorsehen, im Gegensatz zu den Luftbeförderungsverträgen. Ob das im Einzelfall immer zulässig ist, wie die Bahn das letztendlich handhabt, ist dann eine ganz andere Frage, aber auch die Situation für den Fahrgast stellt sich ganz anders dar wie für den Fluggast. Er ist wesentlich flexibler. Er kann in den meisten Fällen den Zug frei wählen. Die Fahrscheine sind übertragbar, sie können auch noch recht lange bis zum eigentlichen Reisetermin zurückgegeben werden."

    Egal wo, Vorauszahlungen nehmen immer mehr überhand. Auch das ist der Verbraucherzentrale ein Dorn im Auge:

    "Allein der Umstand, dass es sehr verbreitet ist, Vorkasse zu verlangen, heißt noch lange nicht, dass es auch erlaubt ist. Und einfach weil es so verbreitet und so üblich ist, hat sich ein Bewusstsein vieler Verbraucher festgesetzt, dass es auch normal ist. Aber es ist zumindest, was die Luftbeförderungsverträge angeht, nicht, was das Gesetz sagt und deshalb haben wir gesagt, dass wir es richtig klären lassen."

    Bis Fluggäste etwas von der Klage haben, wird wie immer bei Gerichtsprozessen auf sich warten lassen. Aber die ersten Termine stehen fest. So sind Verhandlungen für Ende Oktober und November angesetzt.