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VW-Abgas-Skandal
ADAC rät zur Nachbesserung

Der ADAC empfiehlt, der Rückrufaktion des Kraftfahrtbundesamtes für die manipulierten VW-Fahrzeuge Folge zu leisten. Wer weiterhin mit dem Auto am Straßenverkehr teilnehmen möchte, könnte sonst Probleme beispielsweise bei der Einfahrt in Umweltzonen bekommen, sagte die ADAC-Juristin Silvia Schattenkirchner im DLF.

Silvia Schattenkirchner im Gespräch mit Georg Ehring | 16.10.2015
    Der Auspuff eines VW Tiguan TDI
    Mit dem Rückruf von den manipulierten Volkswagen-Fahrzuegen sollen die Schäden behoben werden. (picture alliance / dpa / Karl-Josef Hildenbrand )
    Georg Ehring: Das wird teuer für den VW-Konzern. Achteinhalb Millionen Autos muss das Unternehmen allein in Europa in die Werkstätten holen, denn sie haben zu hohe Abgaswerte und erfüllen die Anforderungen im Test nur dank einer betrügerischen Software, die die Testsituation erkennt. Für Deutschland ordnete das Kraftfahrtbundesamt die Rückrufaktion an. Die freiwillige Kampagne von VW und seiner Schwestermarken reicht der Aufsicht nicht. Was kommt da auf die Fahrer zu? Darüber möchte ich jetzt reden mit Silvia Schattenkirchner. Sie ist Juristin beim ADAC. Guten Tag, Frau Schattenkirchner.
    Silvia Schattenkirchner: Guten Tag, Herr Ehring.
    Ehring: Wie läuft denn so ein Rückruf ab, auf den sich die Fahrer von VW, Audi, Skoda und Sead einstellen müssen?
    Schattenkirchner: In der Regel läuft ein Rückruf so ab, dass der Kunde Post vom Hersteller oder auch vom Kraftfahrtbundesamt erhält. Das ist noch nicht ganz raus, wer hier die Anschreiben übernimmt. Dann wird er gebeten, einen Werkstatt-Termin zu vereinbaren und sein Fahrzeug dann in einem bestimmten Zeitraum auch in die Werkstatt zu verbringen.
    Ehring: Das heißt, man muss bei dem Rückruf auch mitmachen?
    Schattenkirchner: Müssen ist relativ. Als Eigentümer kann mir natürlich niemand vorschreiben, was ich tatsächlich mit meinem Fahrzeug anstelle. Aber wer weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen möchte - und das werden die meisten sein -, der sollte diesem Rückruf Folge leisten.
    Ehring: Was droht denn unter Umständen, wenn ich jetzt nicht mitmachen will? Darf ich dann nicht mehr in Umweltzonen, oder könnte sogar die Zulassung entzogen werden?
    Schattenkirchner: Man kann es im Moment natürlich schwer vorhersagen. Es ist auch sehr, sehr schwierig, eine Zulassung tatsächlich wieder zu entziehen. Aber zumindest stehen diese Nachteile im Raum. Eine Betriebsuntersagung, möglicherweise steuerliche Nachteile und tatsächlich möglicherweise Probleme bei der Einfahrt in Umweltzonen sind denkbar. Insofern ist jedem dringend anzuraten, diesem Rückruf zu folgen.
    "Offiziell sollten keine weiteren Nachteile mehr verbleiben"
    Ehring: Das sind ja konkrete Schäden, die der Autofahrer hat. Möglicherweise auch dann, wenn der Rückruf abgelaufen ist. Was habe ich denn für Ansprüche, wenn ich ein entsprechendes Auto habe? Kann ich da vielleicht Schadensersatz von VW fordern?
    Schattenkirchner: Die Idee ist ja an sich, durch die angekündigte Rückrufaktion diese Schäden zu beheben. Insofern sollten offiziell keine weiteren Nachteile mehr verbleiben. Sollte es dennoch so sein, dann sind Schadensersatzansprüche gegen den Hersteller tatsächlich denkbar. Es ist aber immer schwierig, die von der Höhe her zu beziffern. Dann ist natürlich die Frage, was entsteht tatsächlich finanziell für ein Schaden. Denkbar wäre zum Beispiel die Kosten für die Nachrüstung, dass die übernommen werden, und das wird im Moment ja sowieso meines Erachtens über die Medien von VW bereits angekündigt.
    Ehring: Das heißt, für die Autofahrer entstehen für die Rückrufaktion selbst zunächst mal keine Kosten?
    Schattenkirchner: Offensichtlich nicht. Es gibt zwar vom Gesetz her keine Kostentragungspflicht für Rückrufaktionen. In der Regel übernehmen Hersteller gerade bei so öffentlichkeitsträchtigen Rückrufen die Kosten rein aus Kulanzgründen, sodass ich davon ausgehe, dass das hier auch stattfinden wird.
    Ehring: Aber es könnte ja sein, dass diese Nachrüstung Auswirkungen hat auf die Leistung des Autos, dass es möglicherweise mehr Sprit verbraucht, schlechter beschleunigen kann, oder nicht mehr so schnell ist. Da könnte ich dann doch unter Umständen auch Schadensersatzansprüche geltend machen?
    Schattenkirchner: Diese Diskussionen stehen tatsächlich im Raum. Wenn es tatsächlich so sein sollte, kann man zum Beispiel hinsichtlich eines Mehrverbrauchs tatsächlich über einen Schadensersatzanspruch nachdenken hinsichtlich dieser Kosten.
    "Im Moment ist davon auszugehen, dass aktuelle Fahrzeuge gar nicht von den Vorwürfen betroffen sind"
    Ehring: Es gibt ja auch Autos mit Lieferfristen. Wenn ich jetzt einen Kaufvertrag habe, der VW-Diesel oder Audi-Diesel wird in zwei, drei Monaten geliefert, kann ich jetzt vom Vertrag zurücktreten?
    Schattenkirchner: Wer das Fahrzeug schon hat, muss zunächst mal die Nachbesserung, so sagt man, die kostenlose Fehlerbeseitigung in Kauf nehmen und kann erst dann entscheiden, ob er vom Kaufvertrag zurücktritt, wenn tatsächlich Mängel und Fehler verbleiben. Wer sein Fahrzeug noch abnehmen muss, da ist die Frage, ob der Mangel ausreicht, dass man die Abnahme verweigert. Das wäre durchaus denkbar. Oder man könnte sich einen Vorbehalt erklären lassen bei der Abnahme, dass man sich die Rechte vorbehält, dass einem keine Rechte verloren gehen, sollte ich ein Fahrzeug abnehmen, das noch nicht repariert wurde oder bei dem der Mangel noch nicht beseitigt wurde, wobei im Moment ja auch davon auszugehen ist, dass aktuelle Fahrzeuge, die derzeit ausgeliefert sind, gar nicht von den Vorwürfen betroffen sind.
    Ehring: Silvia Schattenkirchner vom ADAC - herzlichen Dank.
    Schattenkirchner: Sehr gerne.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.