Noch längst ist der Stern von Sabine Meyer nicht verblaßt, da strahlt am Klarinettisten-Himmel bereits der nächste weibliche Star. Spätestens seit der Veröffentlichung der beiden Klarinettenkonzerte von Carl Maria von Weber bei Teldec im Jahre 1996 und einer CD mit Kammermusik von Schumann, Debussy, Poulenc und Francaix wird die heute 27jährige, aus Israel stammende Klarinettistin Sharon Kam von der Fachpresse enthusiastisch gefeiert. Jetzt hat sie sich bei ihrer dritten Teldec-CD an das bekannteste und beliebteste Werk der Klarinetten-Literatur gewagt, an Mozarts Konzert A-Dur. "Es ist ein Muß für jeden Klarinettisten", sagt die junge Musikerin, "der größte Schlager überhaupt. Deshalb habe ich mir das Konzert so lange aufgespart. Aber ich kann mir vorstellen, es mit 40 noch einmal aufzunehmen und dann vielleicht nochmal mit 60." * Musikbeispiel: W.A.Mozart - Klarinettenkonzert A-Dur, aus dem 1. Satz Mozart starb am 5. Dezember 1791; das am 7. Oktober desselben Jahres vollendete Klarinettenkonzert ist das letzte große Instrumentalwerk, das er vor seinem frühen Tod noch vollenden konnte. Es zeigt den Spätstil des Meisters mit einem ungemein ausgewogenen Verhältnis zwischen Soloinstrument und Ensemble-Spiel, und mit seiner suggestiven Kraft ist es in der Literatur für Blasinstrument und Orchester der Höhepunkt schlechthin. Klar, daß es eine Menge Vergleichseinspielungen gibt. Was unterscheidet die Neuaufnahme von den Maßstäbe setzenden früheren Einspielungen, seien sie nun von Karajan, Neville Marriner, Georges Szell oder Thomas Beecham? Es ist vor allem die Solistin Sharon Kam, die mit ihrer Interpretation überzeugt: mit einem wunderschönen, überaus farbigen Ton in allen Lagen, voller Leichtigkeit und Zartheit auch in den Regionen, in denen eine Klarinette hart und schrill werden kann, mit einer völlig natürlich wirkenden Musikalität, nicht klassisch-kühl, sondern bereits ein wenig romantisch angehaucht, sinnlich, energisch, aber ohne jede Kraftmeierei, äußerst virtuos, aber ohne überdrehte, gehetzte Tempi. Neben diesem perfekten, jugendlich beschwingten, dabei auch noch äußerst beseelten Solopart wirkt das solide und durchaus feinfühlig in kleiner Besetzung begleitende Württembergische Kammerorchester Heilbronn unter der Leitung von Jörg Faerber eine Spur zu "akademisch", zu schwer, zu erdverbunden, so als könne es sich noch nicht so ganz entschließen, mit Sharon Kam den Weg in neue visionäre Regionen zu wagen... * Musikbeispiel: W.A.Mozart - Klarinettenkonzert A-Dur, 3. Satz: Rondo Diesem berühmten Klarinettenkonzert von Mozart stellt Sharon Kam auf ihrer jüngsten CD ein zweites zur Seite, nämlich das 12 Jahre später publizierte Klarinettenkonzert Es-Dur op. 36 von Franz Vinzenz Krommer. Von Geburt Tscheche und drei Jahre jünger als Mozart, ließ auch Krommer sich in Wien nieder und wurde der letzte, der den Kapellmeisterposten am Habsburger Hof innehatte. Seine 100 Streichquartette und neun Sinfonien sind so gut wie unbekannt, aber seine Bläsermusik erfreut sich auch heute noch einer gewissen Beliebtheit. Im Es-Dur Klarinettenkonzert kündigt sich ein Wandel an von der Klarheit des galanten Stils hin zu einer frühromantischen Musiksprache. Es ist eine Station auf dem Weg des Solo-Konzerts, und an ihm läßt sich deutlich die Entwicklung ablesen, die zwischen Mozarts Konzert und den Werken für Klarinette von Carl Maria von Weber stattfand, die wiederum acht Jahre nach Krommers Klarinettenkonzert entstanden sind. * Musikbeispiel: Franz Vinzenz Krommer - Klarinettenkonzert Es-Dur op. 36, 3. Satz: Rondo Die neue Platte - heute mit Konzerten für Klarinette und Orchester von Wolfgang Amadeus Mozart und zuletzt von Franz Vinzenz Krommer, gespielt von Sharon Kam und dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn unter der Leitung von Jörg Faerber, produziert von der Plattenfirma Teldec.
Hier im Studio verabschiedet sich Ludwig Rink.
Hier im Studio verabschiedet sich Ludwig Rink.