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W. A. Mozart - Klavierkonzerte

...am Mikrofon begrüßt Sie Norbert Ely. Herzlich willkommen zu neuen Aufnahmen mit Kammermusik, wobei es heute um sehr verschiedene Gesichter des Klaviers geht. Was Sie jetzt gleich hören werden, klingt zunächst äußerst vertraut und dann doch durchaus befremdlich: * Musikbeispiel: W. A. Mozart - aus: Klavierkonzert A-dur KV 414, 1. Satz Kein Zweifel: Hier liegt Mozarts Klavierkonzert A-dur KV 414 auf, allerdings in einer Version für sparsame Zeiten. Alfred Brendel und das Alban Berg Quartett haben das Werk im vergangenen Jahr im Wiener Konzerthaus gespielt; der Mitschnitt liegt jetzt vor. Brendel und die Bergs sind nicht die ersten, die ein Klavierkonzert von Mozart in der Fassung für Soloinstrument und Streichquartett spielen. Mozart räumte verschiedentlich diese Möglichkeit ein, in erster Linie natürlich dort, wo die Holzbläserbesetzung ausdrücklich ad libitum angeführt ist. In den letzten Jahren haben verschiedene Pianisten sich mit diesen Versionen auseinandergesetzt, und eigentlich immer war das Ergebnis unbefriedigend. Man sollte sich auch nicht unbedingt einreden, Mozart selbst wäre mit einer solchen Fassung glücklich gewesen. Er kannte einfach die Aufführungsbedingungen seiner Zeit zu gut und wußte, wie selten ein Orchester zur Verfügung stand. Da war es allemal besser, man räumte auch den vielen Musikliebhabern die Chance ein, solche Werke im häuslichen Kreis zu spielen. Wer heute solche Bedingungen zu reproduzieren versucht, sollte sich schon einige Gedanken über den Klang machen. Die Sparversionen der Mozartschen Klavierkonzerte sind wirklich für den eher häuslichen Rahmen gedacht, das heißt: auch für die spezifischen akustischen Bedingungen, die dort herrschen. Mehr noch: Die Instrumente, die damals einem Pianisten zur Verfügung standen, klangen ungleich heller und feiner und mischten sich dadurch viel besser mit dem Streicherklang. Mit einem historischen Hammerflügel oder einem Nachbau kann man auch heute viel eher das Wagnis eingehen, die Konzerte in so ausgedünnter Besetzung zu spielen. Der heute im Konzert gebräuchliche Flügel ist seiner Genealogie nach ein sogenannter Orchesterkonzertflügel, mithin so ausgelegt, daß er sich den Klangmassen des großen romantischen symphonischen Apparats entgegenstellen kann. Der moderne Solokonzertflügel des 19. Jahrhunderts war vielfach deutlich kleiner, nämlich um 2,40 m lang. Für die Kammermusik wurden häufig noch kleinere Instrumente benutzt. Schon daraus mag man ersehen, wie schwierig, ja, wie unmöglich es ist, unter den Aufführungsbedingungen, wie Brendel und das Berg Quartett sie wählten, auch nur annähernd eine Balance des Klangs oder interessante Klangwirkungen zu erreichen. Davon zu schweigen, daß Mozart die Holzbläser zwar ad libitum setzte, diese aber dennoch für die Entwicklung der Klangwirkungen im Grunde unverzichtbar sind. Auch hier wäre es noch unzweifelhaft ein Gewinn, wenn ein Streichquartett dann auf historischen Instrumenten spielte oder wenigstens andere Saiten aufzöge, um zumindest den Streichersound etwas weniger einfarbig erscheinen zu lassen. Denn - und das zeigt sich bei der vorliegenden Aufnahme nur allzu deutlich - der Orchestersatz ist eben nicht kammermusikalisch durchgearbeitet, sondern eher flächig, und wenn ab und an Brendel sogar noch nach Art eines Continuospielers ein paar Stützakkorde einwirft, wird das Ganze ziemlich obsolet. Irgendwie stimmt an dieser Aufnahme nichts, und das auf sehr hohem Niveau. Denn natürlich spielt Brendel Mozart mit erlesenem Anschlag, mit feinsten Differenzierungen, mit einem höchst kunstvollen Einsatz des Pedals. Er nimmt sich immer wieder extrem zurück, zielt auf intime Wirkungen und erreicht am Ende doch nur, daß alles doch reichlich langweilig bleibt. Aber es gibt einen wunderbaren Trost: auf der gleichen Scheibe findet sich das Klavierquartett Es-dur KV 493. Auch das wird von einer milden Sonne des Alters beschienen; man darf natürlich nicht mit Christian Zacharias vergleichen, der vor Jahren dieses Quartett zusammen mit Solisten wie Frank Peter Zimmermann und Tabea Zimmermann einspielte und wo auch im Final-Allegretto die Funken stoben. Aber hier hören die vier wunderbar sensibel aufeinander, nicht zuletzt, weil es im Klavierquartett auch was von einander zu hören gibt. * Musikbeispiel: W. A. Mozart - aus: Klavierquartett Es-dur KV 493, 3. Satz Soweit Alfred Brendel und Mitglieder des Alban Berg Quartetts mit dem Finalsatz aus dem Klavierquartett Es-dur KV 493 von W. A. Mozart in einem Live-Mitschnitt aus dem Wiener Konzerthaus.

Norbert Ely |