Viele Pflanzen nutzen chemische Kampfstoffe gegen ihre Feinde. Salicin zum Beispiel, das bittere Gift aus der Rinde von Weiden und Pappeln. Trotzdem schaffen es manche Insekten, ausgerechnet auf einer solchen Pflanze zu überleben. Der Vorteil liegt auf der Hand: Sie sind allein – denn Konkurrenten hält ihnen die Wirtspflanze selbst vom Leib. Blattkäfer sind solche Spezialisten. Von den rund 3000 bekannten Arten lebt fast jede auf "ihrer" eigenen Pflanze. Und ist perfekt an sie angepasst, berichtet Dietrich Ober, Professor für Botanik an der Universität Kiel.
"Sie entgiften die Gifte nicht, sondern behalten sie in einer giftigen Form und speichern sie dann in ihrem eigenen Körper. Sie nutzen also die Gifte, mit den sich eigentlich die Pflanze verteidigt, zu ihrer eigenen Verteidigung gegen Fraßfeinde wie zum Beispiel Vögel."
Die Larven der Blattkäfer speichern das Gift in Drüsen unter ihrer Haut. Nähert sich ein Feind, wird aus jeder dieser Drüsen schlagartig ein Tröpfchen nach außen gestülpt. Dann sieht die haarige Raupe so aus, als sei sie im Nebel unterwegs gewesen. Die Tropfen enthalten das Gift der Wirtspflanze, und schlaue Vögel verzichten lieber auf diese Beute. Auch manche Schmetterlingsraupen sparen sich die Mühe, eigene Gifte herzustellen und verwenden stattdessen die der Pflanzen, auf denen sie leben. Ober:
"Das sind Bärenspinnerarten, zum Beispiel der Jakobsbär, der auf dem Jakobsgreiskraut frisst. Diese Pflanze ist geschützt durch einen hohen Gehalt an Alkaloiden. Das sind Gifte, die Weidevieh massiv bedrohen. Viele Pferdebesitzer werden das Jakobsgreiskraut kennen und hassen, weil es die Gesundheit der Pferde massiv beeinträchtigen kann. Aber diese Insekten sind in der Lage, diese Gifte in ihrem Körper zu speichern und sich so zu schützen."
Alkaloide sind das Giftigste, was die Pflanzenwelt zu bieten hat. Zu ihnen zählen Atropin aus der Tollkirsche, Nikotin aus der Tabakpflanze, Opium, Curare, Strychnin, Mescalin. Aber selbst diese starken Gifte machen sich Schmetterlinge und Käfer zu eigen. Dabei nutzen sie Enzyme, welche die Substanzen zunächst in eine ungiftige Form umwandeln, die bis in die Drüsen transportiert wird. Dort verwandelt ein weiteres Enzym die harmlose Form des Moleküls wieder in das Gift. Dietrich Ober hat untersucht, wie sich diese ganz speziellen Enzyme entwickelt haben.
"Bei der Evolution ist immer das Problem: Es war keiner dabei. Wir versuchen immer, nach dem, was wir heute finden, Hypothesen aufzustellen, wie es in der Evolution entstanden sein könnte, damit das ein Modell gibt, mit dem alle Beobachtungen vereinbar sind. Sicher werden Insekten nicht per se darauf vorbereitet gewesen sein, mit diesen Pflanzeninhaltsstoffen umzugehen, sondern es wird vielmehr so sein, dass bestimmte Enzyme, die in anderen Stoffwechselbereichen des Insekts eine Funktion haben, in bestimmten Fällen für andere Funktionen rekrutiert wurden."
Rekrutiert bedeutet: Die Insekten haben zusätzlich zu ihren natürlichen Stoffwechselenzymen Varianten entwickelt, die ihnen helfen, mit den Giften umzugehen. Überraschend war für die Kieler Wissenschaftler, dass sich auch Heuschrecken mit Alkaloiden aus ihren Wirtspflanzen verteidigen. Ober:
"Die stammen aus Westafrika, das ist die so genannte Harlekinschrecke. Das ist insofern beeindruckend, als Heuschrecken und Schmetterlinge innerhalb der Insekten als gar nicht verwandt bezeichnet werden können. Vor 100 Millionen Jahren hatten die vielleicht mal einen gemeinsamen Vorfahren. Aber dennoch sehen wir, dass bei diesen Heuschrecken und diesen Schmetterlingsraupen die Strategie im Umgang mit diesen Pflanzengiften ganz gleichartig ist."
Daraus schließen die Forscher: Diese Strategie ist so vorteilhaft, dass sie in der Natur mehrmals unabhängig voneinander entwickelt wurde. Die Tiere sind gegen Feinde geschützt – und das besonders kostengünstig. Warum sollten Insekten auch selbst Kampfstoffe herstellen, wenn Pflanzen ihnen ein so reiches Arsenal bieten.
"Sie entgiften die Gifte nicht, sondern behalten sie in einer giftigen Form und speichern sie dann in ihrem eigenen Körper. Sie nutzen also die Gifte, mit den sich eigentlich die Pflanze verteidigt, zu ihrer eigenen Verteidigung gegen Fraßfeinde wie zum Beispiel Vögel."
Die Larven der Blattkäfer speichern das Gift in Drüsen unter ihrer Haut. Nähert sich ein Feind, wird aus jeder dieser Drüsen schlagartig ein Tröpfchen nach außen gestülpt. Dann sieht die haarige Raupe so aus, als sei sie im Nebel unterwegs gewesen. Die Tropfen enthalten das Gift der Wirtspflanze, und schlaue Vögel verzichten lieber auf diese Beute. Auch manche Schmetterlingsraupen sparen sich die Mühe, eigene Gifte herzustellen und verwenden stattdessen die der Pflanzen, auf denen sie leben. Ober:
"Das sind Bärenspinnerarten, zum Beispiel der Jakobsbär, der auf dem Jakobsgreiskraut frisst. Diese Pflanze ist geschützt durch einen hohen Gehalt an Alkaloiden. Das sind Gifte, die Weidevieh massiv bedrohen. Viele Pferdebesitzer werden das Jakobsgreiskraut kennen und hassen, weil es die Gesundheit der Pferde massiv beeinträchtigen kann. Aber diese Insekten sind in der Lage, diese Gifte in ihrem Körper zu speichern und sich so zu schützen."
Alkaloide sind das Giftigste, was die Pflanzenwelt zu bieten hat. Zu ihnen zählen Atropin aus der Tollkirsche, Nikotin aus der Tabakpflanze, Opium, Curare, Strychnin, Mescalin. Aber selbst diese starken Gifte machen sich Schmetterlinge und Käfer zu eigen. Dabei nutzen sie Enzyme, welche die Substanzen zunächst in eine ungiftige Form umwandeln, die bis in die Drüsen transportiert wird. Dort verwandelt ein weiteres Enzym die harmlose Form des Moleküls wieder in das Gift. Dietrich Ober hat untersucht, wie sich diese ganz speziellen Enzyme entwickelt haben.
"Bei der Evolution ist immer das Problem: Es war keiner dabei. Wir versuchen immer, nach dem, was wir heute finden, Hypothesen aufzustellen, wie es in der Evolution entstanden sein könnte, damit das ein Modell gibt, mit dem alle Beobachtungen vereinbar sind. Sicher werden Insekten nicht per se darauf vorbereitet gewesen sein, mit diesen Pflanzeninhaltsstoffen umzugehen, sondern es wird vielmehr so sein, dass bestimmte Enzyme, die in anderen Stoffwechselbereichen des Insekts eine Funktion haben, in bestimmten Fällen für andere Funktionen rekrutiert wurden."
Rekrutiert bedeutet: Die Insekten haben zusätzlich zu ihren natürlichen Stoffwechselenzymen Varianten entwickelt, die ihnen helfen, mit den Giften umzugehen. Überraschend war für die Kieler Wissenschaftler, dass sich auch Heuschrecken mit Alkaloiden aus ihren Wirtspflanzen verteidigen. Ober:
"Die stammen aus Westafrika, das ist die so genannte Harlekinschrecke. Das ist insofern beeindruckend, als Heuschrecken und Schmetterlinge innerhalb der Insekten als gar nicht verwandt bezeichnet werden können. Vor 100 Millionen Jahren hatten die vielleicht mal einen gemeinsamen Vorfahren. Aber dennoch sehen wir, dass bei diesen Heuschrecken und diesen Schmetterlingsraupen die Strategie im Umgang mit diesen Pflanzengiften ganz gleichartig ist."
Daraus schließen die Forscher: Diese Strategie ist so vorteilhaft, dass sie in der Natur mehrmals unabhängig voneinander entwickelt wurde. Die Tiere sind gegen Feinde geschützt – und das besonders kostengünstig. Warum sollten Insekten auch selbst Kampfstoffe herstellen, wenn Pflanzen ihnen ein so reiches Arsenal bieten.