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Wahl in Moldau
Pro-europäische Parteien knapp vorne

Bei der Parlamentswahl in der Republik Moldau deutet alles auf einen Sieg des pro-europäischen Lagers hin. Die Wahl galt als Abstimmung über den außenpolitischen Kurs Moldaus, wo es wie in der Ukraine auch starke Bestrebungen Richtung Russland gibt. Kritikern zufolge hat der Erfolg der EU-Anhänger einen schalen Beigeschmack.

01.12.2014
    Ein Mann gibt seine Stimme bei den Wahlen in der Republik Moldau ab
    Ein Mann gibt seine Stimme bei den Wahlen in der Republik Moldau ab (afp/Vadim Denisov)
    "Die Zukunft des Landes in Europa steht nicht infrage", sagte der Chef der regierenden Liberaldemokratischen Partei, Vlad Filat, am Montag in der Hauptstadt Chisinau. Insgesamt drei pro-europäische Kräfte könnten nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen zusammen mit einer Mehrheit der 101 Mandate rechnen, teilte die Wahlleitung mit. Stärkste Einzelkraft wurde überraschend die pro-russische Sozialistische Partei.
    Die Sozialisten waren bisher nicht im Parlament vertreten. Die von Moskau unterstützte Partei wurde auf Anhieb mit gut 21 Prozent stärkste Kraft im Parlament. Die oppositionellen Kommunisten schnitten deutlich schwächer ab als 2010 und erreichten den Teilergebnissen zufolge 17 Prozent. Das pro-westliche Lager kommt demnach auf voraussichtlich 44 Prozent der Stimmen. Die regierenden Liberaldemokraten büßten aber wohl einige Mandate ein. Gespräche über eine Fortsetzung der Koalition hätten bereits begonnen, sagte Filat.
    Im Spannungsfeld zwischen der EU und Russland - wie die Ukraine
    Wie die Ukraine ist das viel kleinere Moldau ein Zankapfel zwischen der EU und Russland. Die pro-westliche Regierung in Chisinau ist wie Kiew mit Brüssel eine enge Partnerschaft eingegangen. Russland aber hätte das Land gern in die Eurasische Wirtschaftsunion gezogen, auch weil die ökonomischen Beziehungen zwischen Moskau und Chisinau traditionell eng sind.
    Moldau hängt wie die Ukraine nicht nur von russischen Gaslieferungen ab. Moldauische Bauern haben in dem Riesenreich auch stets gute Geschäfte mit dem Verkauf von Wein, Pflaumen und Äpfeln gemacht. Hunderttausende Gastarbeiter ernähren zudem dank einer besseren Arbeitsmarktlage in Russland ihre Familien zu Hause. Dem schiebt Russland nun zunehmend einen Riegel vor. Ein breiter Boykott gegen moldauische Agrarprodukte ist längst in Kraft. Moldauische Gastarbeiter in Russland befürchten, in ihre Heimat abgeschoben zu werden - an eine Zukunft auf dem Arbeitsmarkt der EU glauben sie nicht.
    OSZE nennt die Wahl "demokratisch und frei" - doch Fragen bleiben
    Internationale Beobachter wie die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bezeichneten die Wahl als "demokratisch und frei". Doch kurz vor der Abstimmung hatte der Ausschluss der Partei Patria wegen illegaler Finanzen das pro-russische Lager geschwächt. Die EU, die USA und Russland hatten die Entscheidung kritisiert. Patria galt bei der Wahl als aussichtsreich. Nach Einschätzung von Beobachtern könnten viele der Patria-Anhänger für die Sozialisten gestimmt haben, die in Umfragen vor der Wahl bei etwa zehn Prozent lagen. Das von Moskau gestützte abtrünnige Konfliktgebiet Transnistrien boykottierte die Wahl.
    Moldova elections generally well administered, in a campaign influenced by geopolitical aspirations - intl observers http://t.co/52pRPWqglT— OSCE (@OSCE) 1. Dezember 2014
    Zudem sei es laut OSZE nicht gelungen, für die Moldauer im Ausland angemessene Umstände für die Wahl zu schaffen. Von offiziell 700.000 in Russland lebenden Moldauern konnte nur ein Teil wählen, weil es zu wenig Wahllokale und Stimmzettel gab. Vor dem Konsulat in Moskau demonstrierten am Sonntag wütende Moldauer.
    (cc/tgs/nch/tj)