Unser Wahlsystem zur Bundestagswahl ist gerecht, ja es ist eines der besten, die es gibt, und deshalb ein Exportschlager. Das sagt der Mathematikprofessor Friedrich Pukelsheim von der Universität Augsburg. Ein wenig Kritik bringt der Mathematiker trotzdem an.
"Aus mathematischer Hinsicht hapert es eben im Moment an der Auswertung der Erststimme, das sind die Wahlkreiserfolge, mit der der Verhältnisrechnung bei den Zweitstimmen. Wir haben eine mit der Personenwahl verbundene Verhältniswahl, also die beiden Komponenten müssen miteinander verbunden werden und das ist im Moment das Defizit und aus diesen unbefriedigenden Regelungen im Moment folgen dann alle andere Schwierigkeiten mit dem wir uns oder der Bundestag im Moment befassen muss."
Eine dieser Schwierigkeiten ist das sogenannte negative Stimmgewicht. Das Negative Stimmgewicht tritt selten und nur bei einem ganz bestimmten Verhältnis von Erst- und Zweitstimme auf. So zum Beispiel bei der Nachwahl der Bundestagswahl 2005 im Wahlkreis "Dresden 1". Dort hatten die Menschen zu Beginn der Nachwahl schon Informationen über die Stimmergebnisse im Rest des Landes. Und diese Informationen nutzten rund 10.000 Einzelwähler. Sie wählten eine andere als ihre bevorzugte Partei und schadeten damit der gewählten.
"Das heißt, die Wähler und Wählerinnen da wussten schon was in der Republik passiert war und sie wussten auch, dass es in Sachsen für die CDU Überhangmandate gibt und hätte die CDU jetzt dort zu viele Zweitstimmen bekommen, wäre eines von diesen Überhangmandaten proportionalisiert worden, wäre verschwunden in der Verhältnisrechnung. Und das wäre dann weg gewesen. Und um diesen Verlust an Mandaten zu verhindern, war die Lösung die, der CDU, wenn man CDU-Wähler war, nicht die Stimme zu geben um seiner CDU nichts schlimmes zu tun."
Es darf nicht sein, dass ein Wähler mit seiner Stimme genau das Gegenteil dessen erreicht, was er erreichen will. Denn so hat nicht jede abgegebene Stimme das gleiche Stimmgewicht. Das erkannte auch das Bundesverfassungsgericht und ordnete Veränderungen bei der Berechnungsgrundlage an. Und für diese sorgte Friedrich Pukelsheim und viele seiner Kollegen. Ihr neues System wird die Grundlage für die kommende Wahl sein.
"Ja, wir haben im Bundeswahlgesetz ein Verfahren zur Verrechnung der Zweitstimmen in Bundestagssitze und dieses Verfahren ist das Divisorverfahren mit Standardrundung und einer Variante davon verhindert das negative Stimmgewicht und das ist die Direktmandats-bedingte Variante und Kurzform dafür ist eben Augsburger Zuteilungsverfahren."
Doch auch wenn so der Makel des negativen Stimmgewichts behoben ist, Kritik am Wahlsystem wird noch von anderer Seite laut. Der Sozialwissenschaftler Jürgen Falter, Professor für Politikwissenschaft an der Uni Mainz, empfindet das System als nicht transparent.
"Im Augenblick ist es so, dass weder die Parteien wissen, welche Koalitionen sie bilden können nach den Wahlen noch wissen die Wähler welche Koalitionen gebildet werden. Das heißt, es kann passieren, dass Wähler eine Partei wählen, die dann eine ganz andere Koalition eingeht, als das, was sie ursprünglich angesagt hatte. Dieser Wähler findet sich nicht mehr mit seiner Stimmabgabe in dem was entstanden ist. Das heißt, das System ist intransparent, es fördert Politikverdrossenheit und ich glaube, es ist dringend reformbedürftig."
Sein Vorschlag: Ein Wahlsystem, das das deutsche Verhältniswahlsystem mit dem anderenorts etablierten Mehrheitswahlsystem verbindet. In Deutschland bekommen die Parteien die Stimmen. Je nachdem wie viel Stimmen eine Partei hat, kommen Kandidaten ihrer Liste ins Parlament. Beim Mehrheitswahlsystem werden Kandidaten direkt gewählt. Wer die meisten Stimmen erhält, bekommt einen Sitz. Die restlichen Stimmen verfallen. Jürgen Falter bevorzugt dagegen das Grabenwahlsystem.
"Bei Grabenwahlrecht wird die Hälfte der Bundestagssitze über eine Direktwahl nach britischem System bestimmt. Die andere Hälfte der Bundestagsmandate würde über das gewohnte Listensystem, so wie wir es in der Zweitstimme haben, bestimmt, so dass dort Parteien gewählt werden, und nicht Personen."
Beim Grabenwahlrecht bliebe das deutsche System aus Erst- und Zweitsstimme erhalten. Die Verteilung der Bundestagssitze würde so zur Hälfte durch direkt gewählte Kandidaten besetzt werden. Die andere Hälfte würde über die Listen der Zweitstimme vergeben. Als Konsequenz dieses Grabenwahlrechts würden große Parteien gestärkt. Die Direktmandate der kleinen Parteien hätten, wie auch heute schon, kaum eine Chance. Sie würden, wenn sie es denn über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen, über die Zweitstimme in das Parlament einziehen. Dadurch könnten Regierungen entstehen, die aus nur einer Partei oder aus einer großen und einer kleinen Partei bestehen.
"Aus mathematischer Hinsicht hapert es eben im Moment an der Auswertung der Erststimme, das sind die Wahlkreiserfolge, mit der der Verhältnisrechnung bei den Zweitstimmen. Wir haben eine mit der Personenwahl verbundene Verhältniswahl, also die beiden Komponenten müssen miteinander verbunden werden und das ist im Moment das Defizit und aus diesen unbefriedigenden Regelungen im Moment folgen dann alle andere Schwierigkeiten mit dem wir uns oder der Bundestag im Moment befassen muss."
Eine dieser Schwierigkeiten ist das sogenannte negative Stimmgewicht. Das Negative Stimmgewicht tritt selten und nur bei einem ganz bestimmten Verhältnis von Erst- und Zweitstimme auf. So zum Beispiel bei der Nachwahl der Bundestagswahl 2005 im Wahlkreis "Dresden 1". Dort hatten die Menschen zu Beginn der Nachwahl schon Informationen über die Stimmergebnisse im Rest des Landes. Und diese Informationen nutzten rund 10.000 Einzelwähler. Sie wählten eine andere als ihre bevorzugte Partei und schadeten damit der gewählten.
"Das heißt, die Wähler und Wählerinnen da wussten schon was in der Republik passiert war und sie wussten auch, dass es in Sachsen für die CDU Überhangmandate gibt und hätte die CDU jetzt dort zu viele Zweitstimmen bekommen, wäre eines von diesen Überhangmandaten proportionalisiert worden, wäre verschwunden in der Verhältnisrechnung. Und das wäre dann weg gewesen. Und um diesen Verlust an Mandaten zu verhindern, war die Lösung die, der CDU, wenn man CDU-Wähler war, nicht die Stimme zu geben um seiner CDU nichts schlimmes zu tun."
Es darf nicht sein, dass ein Wähler mit seiner Stimme genau das Gegenteil dessen erreicht, was er erreichen will. Denn so hat nicht jede abgegebene Stimme das gleiche Stimmgewicht. Das erkannte auch das Bundesverfassungsgericht und ordnete Veränderungen bei der Berechnungsgrundlage an. Und für diese sorgte Friedrich Pukelsheim und viele seiner Kollegen. Ihr neues System wird die Grundlage für die kommende Wahl sein.
"Ja, wir haben im Bundeswahlgesetz ein Verfahren zur Verrechnung der Zweitstimmen in Bundestagssitze und dieses Verfahren ist das Divisorverfahren mit Standardrundung und einer Variante davon verhindert das negative Stimmgewicht und das ist die Direktmandats-bedingte Variante und Kurzform dafür ist eben Augsburger Zuteilungsverfahren."
Doch auch wenn so der Makel des negativen Stimmgewichts behoben ist, Kritik am Wahlsystem wird noch von anderer Seite laut. Der Sozialwissenschaftler Jürgen Falter, Professor für Politikwissenschaft an der Uni Mainz, empfindet das System als nicht transparent.
"Im Augenblick ist es so, dass weder die Parteien wissen, welche Koalitionen sie bilden können nach den Wahlen noch wissen die Wähler welche Koalitionen gebildet werden. Das heißt, es kann passieren, dass Wähler eine Partei wählen, die dann eine ganz andere Koalition eingeht, als das, was sie ursprünglich angesagt hatte. Dieser Wähler findet sich nicht mehr mit seiner Stimmabgabe in dem was entstanden ist. Das heißt, das System ist intransparent, es fördert Politikverdrossenheit und ich glaube, es ist dringend reformbedürftig."
Sein Vorschlag: Ein Wahlsystem, das das deutsche Verhältniswahlsystem mit dem anderenorts etablierten Mehrheitswahlsystem verbindet. In Deutschland bekommen die Parteien die Stimmen. Je nachdem wie viel Stimmen eine Partei hat, kommen Kandidaten ihrer Liste ins Parlament. Beim Mehrheitswahlsystem werden Kandidaten direkt gewählt. Wer die meisten Stimmen erhält, bekommt einen Sitz. Die restlichen Stimmen verfallen. Jürgen Falter bevorzugt dagegen das Grabenwahlsystem.
"Bei Grabenwahlrecht wird die Hälfte der Bundestagssitze über eine Direktwahl nach britischem System bestimmt. Die andere Hälfte der Bundestagsmandate würde über das gewohnte Listensystem, so wie wir es in der Zweitstimme haben, bestimmt, so dass dort Parteien gewählt werden, und nicht Personen."
Beim Grabenwahlrecht bliebe das deutsche System aus Erst- und Zweitsstimme erhalten. Die Verteilung der Bundestagssitze würde so zur Hälfte durch direkt gewählte Kandidaten besetzt werden. Die andere Hälfte würde über die Listen der Zweitstimme vergeben. Als Konsequenz dieses Grabenwahlrechts würden große Parteien gestärkt. Die Direktmandate der kleinen Parteien hätten, wie auch heute schon, kaum eine Chance. Sie würden, wenn sie es denn über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen, über die Zweitstimme in das Parlament einziehen. Dadurch könnten Regierungen entstehen, die aus nur einer Partei oder aus einer großen und einer kleinen Partei bestehen.