Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Wahlkampf in Barcelona
Französischer Ex-Premier kandidiert

In Spanien finden Ende Mai Kommunalwahlen statt. Noch bevor der Wahlkampf richtig begonnen hat, sorgt die Kandidatur von Manuel Valls in Barcelona für große Aufmerksamkeit. Der frühere französische Regierungschef wurde hier geboren und tritt als unabhängiger Kandidat an.

Von Julia Macher | 02.01.2019
    Der ehemalige französische Premier Manuel Valls will Bürgermeister von Barcelona werden.
    Der ehemalige französische Premier Manuel Valls will Bürgermeister von Barcelona werden. (MAXPPP/dpa/ Arnaud Journois)
    Wahlkampfauftakt im Kongresspalast in Barcelona. Die rechte Hand lässig abgestützt, steht Manuel Valls am Rednerpult. Auf der Leinwand flimmern Bilder aus Barcelona.
    "Mit eurer Hilfe werde ich in Barcelona den Wandel einleiten, den die Stadt benötigt. Es wird der Wandel des "V". Das V steht für Valor wie Wert und Voluntad wie Willen. Das V wie Valls und wie Victoria. Visca Barcelona. Es lebe Barcelona!"
    Vergeblich animiert sein Team das Publikum dazu, Zeige- und Mittelfinger zum Victory-Zeichen zu spreizen. Die Zuschauer, überwiegend ältere Herren mit Wollschal und sorgfältig frisierte Damen, spenden lieber im Sitzen Applaus. Manuel Valls wirbt vor allem um die Stimmen des gehobenen Bürgertums und der Selbstständigen. Bei ihnen will der ehemalige französische Premier mit einem Bekenntnis zur internationalen Bedeutung Barcelonas punkten.
    Keine Fahnen oder alle drei
    "Wir wollen ein weltoffenes Barcelona, eine Stadt ohne Fahnen oder eine mit allen dreien: der katalanischen, der spanischen und der europäischen."
    Sagt Valls und macht die Verantwortlichen für den – Zitat – "Niedergang" Barcelonas aus:
    "In dieser Stadt lebt man schlechter als noch vor zehn Jahren. Natürlich ist das auch ein Ergebnis der schweren Wirtschaftskrise. Aber Barcelona hätte mit seiner positiven Energie, seiner touristischen Attraktivität die Folgen dieser Krise mindern können. Stattdessen sind die Probleme größer geworden, weil die Stadt schlecht verwaltet ist und ihr der Unabhängigkeitsprozess geschadet hat."
    Leicht macht Barcelona Manuel Valls die Rückkehr nicht. Gleich bei einem seiner ersten Auftritte im Problembezirk Raval war der parteilose Kandidat von einer wütenden Gruppe Demonstranten umringt: Im erregten politischen Klima der katalanischen Metropole bekam der konservative Sozialdemokrat schnell einen "Rechts-außen"-Stempel aufgedrückt – in erster Linie, weil seine Kandidatur von der Bürgerpartei Ciudadanos unterstützt wird. Sie stellt Spaniens Einheit in den Mittelpunkt ihres Programms und fordert ein hartes Durchgreifen gegen die Separatisten.
    Mit der Forderung nach einer anderen Sicherheitspolitik - Taschendiebstähle haben die Kriminalitätsrate im ersten Halbjahr 2018 um 20 Prozent steigen lassen – versucht sich Manuel Valls als Gegenmodell zur amtierenden Bürgermeisterin Ada Colau zu profilieren. Die linksalternative Bürgermeisterin gab Ende letzten Jahres im katalanischen Radio bekannt, dass sie wieder kandidiert.
    Gegen die Hoffnungsträgerin der Linken
    Bei ihrem Amtsantritt 2015 galt die ehemalige Wohnraumaktivistin und politische Quereinsteigerin als Hoffnungsträgerin der neuen Linken, nicht nur in Spanien. Doch für den großen politischen Wurf fehlte ihr mit nur elf von 41 Stadträten die Mehrheit. Mit einer 30 Prozent-Quote für Sozialwohnungen, Instrumenten zu Bürgerbeteiligung und einem Baustopp für Hotels hat Ada Colau zwar politische Akzente gesetzt, die alltägliche Verwaltung wuchs ihr aber zuweilen über den Kopf: Dreckig sei die Stadt und gegen illegale Straßenhändler werde nicht resolut genug vorgegangen, klagen Bürger. Auch wegen solcher Forderungen hat Colau ihr Ziel schon abgesteckt:
    "Natürlich möchten wir eine größere Mehrheit als in der ersten Legislatur. Wir haben viele Projekte begonnen, brauchen aber ein zweites Mandat um sie zu sichern: Bei der Energieversorgung, beim sozialen Wohnungsbau. Barcelona ist eine politisch fortschrittliche und moderne Stadt, eine Stadt des Wandels – die logische Konsequenz daraus ist ein Pakt auf der Linken."
    In den letzten Jahren hat der Streit um die Unabhängigkeit dauerhafte Koalitionen unmöglich gemacht. Die separatistischen Parteien treten voraussichtlich getrennt zu den Kommunalwahlen an. Als aussichtsreichste Liste und möglicher Koalitionspartner von Ada Colau gelten bisher die Linksrepublikaner. Manuel Valls bleibt Umfragen zufolge bisher auf einem chancenlosen vierten Platz.