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Wahlkampf in Österreich
Tiefpunkt im medialen Schaukampf

Im österreichischen Wahlkampf um die Stichwahl für das Bundespräsidentenamt ging es ruppig zu. Die beiden Kontrahenten, Ex-Grünen-Chef Van der Bellen und FPÖ-Vize Hofer, wurden mit jedem TV-Duell aggressiver. Bei ihren Landsleuten kam diese Art von Gesprächskultur nicht unbedingt gut an.

Von Stephan Ozsváth | 21.05.2016
    Sie sehen den ehemaligen Grünen-Chef van der Bellen und FPÖ-Kandidat Hofer.
    In Österreich kommt es an diesem Sonntag zur Stichwahl zwischen dem ehemaligen Grünen-Chef van der Bellen (li) und FPÖ-Kandidat Hofer (re) (picture-alliance / dpa / Christian Bruna)
    Es gibt kein Entkommen: Österreichs Medien steuern seit Wochen auf die Stichwahl um das Bundespräsidentenamt am Sonntag zu. Sondersendungen, Exklusiv-Interviews, in Duellen – mal mit, mal ohne Moderator treten die Kontrahenten - Ex-Grünen-Chef Van der Bellen und FPÖ-Vize Hofer gegeneinander an:
    "Heute haben Sie zu viel Kaffee getrunken, glaube ich."
    "Ich bitte Sie, na hören’s auf."
    "Also mir den Vogel zu zeigen oder zu wischen…"
    Tiefpunkt im medialen Schaukämpfen: das Duell im Privatsender ATV ohne Moderator.
    "ATV Meine Wahl - Das Duell, Alexander van der Bellen und Norbert Hofer. Live."
    Mit jedem Duell aggressiver
    Die Kontrahenten prallten ungefiltert aufeinander. Van der Bellen zeigte Hofer den Scheibenwischer – ob er noch bei Trost sei, Hofer konterte aggressiv. Die Presse im In- und Ausland verteilte dafür schlechte Haltungsnoten. Meret Baumann, Wien-Korrespondentin der Neuen Zürcher Zeitung sagt.
    "Die Eskalation, wenn man das so nennen will, in dieser Art und Weise, wie sie dann erfolgt ist, habe ich nicht erwartet."
    Auch Politikbeobachter Thomas Hofer senkte den Daumen nach dem Auftritt des 45-jährigen FPÖ-Kandidaten gegen 72-jährigen Wirtschaftsprofessor Van der Bellen bei ATV.
    "Das erste Duell war fast eines mit Wattestäbchen, wo man sich überhaupt nicht wehgetan hat. Wo man sich einander wirklich sehr oft recht gegeben hat. Und mit jedem Duell ist das eigentlich aggressiver geworden."
    "Ich habe meine Kandidatur nicht mit einer Lüge begonnen wie Sie."
    "Sie sind immer so untergriffig, Herr van der Bellen."
    "Ich bin untergriffig? Das ist rührend."
    Der Grüne Van der Bellen hat Künstler und Intellektuelle hinter sich
    Das letzte Duell im ORF war deutlich moderater. Und obwohl die Einschaltquoten gut waren – über eine Million Zuschauer, diese Österreicher auf der Straße sind den polarisierten Wahlkampf in der medialen Arena mittlerweile leid.
    "Eine Katastrophe."
    "Also ganz ehrlich: Ich glaube, dass es die Gesprächskultur zeigt, die aktuell ist. Dieses In-jedem-den-Feind-Sehen, nicht zuhören und so weiter und so fort."
    "Die Zeit am Abend kann man besser nutzen."
    "Die Medien? Es ist alle gegen einen."
    "Das ist sehr gelenkt."
    Van der Bellen hat Künstler und Intellektuelle auf seiner Seite, etwa die Tatort-Kommissare Krassnitzer und Neuhauser, Oscar-Preisträger Christoph Waltz oder Kulturimpresario André Heller.
    "Du wirst getragen von Begeisterung und von der Zuneigung und auch von der Zärtlichkeit von hunderttausenden Menschen in diesem Land."
    Wenig prominente Unterstützer bei der FPÖ
    Das Unterstützerkomitee wirbt im Netz mit Videos, der Chor der Chöre organisierte in der Wiener U-Bahn einen Flash-Mob, gemeinsam Singen für Van der Bellen.
    "Denn was immer du auch bist, bist du doch kein Extremist, und politisch ganz normal."
    Die FPÖ dagegen gibt sich volksnah, 3,4 Millionen Euro hat sie in allgegenwärtige Plakate und Inserate gesteckt. Prominente Unterstützer gibt es wenige. Auf Facebook wirbt All-Springer Baumgartner für Hofer. Er, der nur mit Anzug und Einsteck-Tuch auftritt, gibt den Mann des Volkes.
    "Sie haben die Hautevolee, und ich habe die Menschen."
    Zum Schluss des Wahlkampfs stellte auch Noch-Präsident Heinz Fischer ein Video ins Netz: Tobende Kinder auf dem roten Sofa in der Wiener Hofburg und der Hausherr rufen dazu auf, doch bitte zur Wahl zu gehen.
    "Also geh wählen."
    "Es ist nicht egal, wer der nächste österreichische Bundespräsident ist. Wählen gehen!"