
138,5 und 140 Meter, so weit sprang der Österreicher Thomas Diethart bei der diesjährigen Vierschanzentournee in Bischofshofen und landete damit auf Platz eins. Bewiesen hat der 21jährige Überflieger im entscheidenden Moment vor allem eines: starke Nerven. Was alles andere als selbstverständlich ist, wenn Skispringer auf der Schanze zum perfekten Sprung abheben, sagt Lerntherapeut Ulrich Conrady.
“Wenn da oben jemand sitzt, dann müssen wir hochdeutsch reden und dann heißt es nicht mehr, ich habe Respekt vor einer Schanze, sondern ich habe Angst. Denn was anderes ist das nicht. Und die muss bleiben, die ist wichtig! Ich kann doch nicht ohne Angst da runter springen, müsste man ja irre sein. Aber wenn wir anpassungsfähig sind, dann ist es vielleicht so, dass wir sagen, früher war der Puls vielleicht noch bei 130, wenn wir da oben gesessen haben und heute nehmen wir alles auf, spüren, wenn ein bisschen Wind da ist und von wo kommt der und dann einfach nur geschehen lassen.“
Wache Sinne und Gelassenheit, statt rasendem Puls und Angstschweiß. Das funktioniert nur, wenn unser vegetatives Nervensystem unter Druck nicht auf Alarm schaltet. Willentlich steuern können wir Reaktionen unseres vegetativen Nervensystems nicht, weshalb Stressreaktionen nur schwer in den Griff zu bekommen sind. Ulrich Conrady hat eine Methode entwickelt, die direkt auf unser vegetatives Nervensystem einwirkt: die Audiovisuelle Wahrnehmungsförderung – kurz AVWF. Über Schallwellen versetzt sie die beiden Gegenspieler, Sympathikus und Parasympathikus, in einen ausgeglichenen Zustand. Eine neuronale Anti-Stresstherapie.
“Diese Schallwellen haben die Möglichkeit, dem Gehirn zu signalisieren, hier ist hohe Sicherheit. Das ist die eine Antwort auf Stress oder Umwelt: Beruhigung ohne Angst. Uns geht es gut, wir können lesen, schreiben oder wie unsere Vorfahren in den Höhlen Malereien machen, weil sie in Sicherheit sind, dann ist so etwas möglich. Ist das andere System aktiviert, der Sympathikus, sind wir im Kampf-Flucht-Schema, dann haben wir die freien Ressourcen nicht mehr, dann müssen wir alle Energie bereitstellen, um jeden Moment zu kämpfen oder zu fliehen. Und so haben wir unterschiedliche Antworten und ich arbeite und stimuliere an der Antwort, die es möglich macht, sich zu beruhigen ohne Angst.“
Nur wenn sich unser vegetatives Nervensystem in einem ausgeglichenen Zustand befindet, ist unser Organismus anpassungsfähig und kann das Gehirn komplexe Bewegungsabläufe reibungslos koordinieren. Die Schallwellen sollen bei der AVWF-Methode Stressblockaden im Gehirn lösen. Transportiert werden die Schallwellen durch Musik, die Ulrich Conrady zuvor am Computer moduliert hat. Über Kopfhörer gelangt die modulierte Musik ins Mittelohr, wo sie Fasern des Parasympathikus stimuliert. Die Schallwellen, die Ulrich Conrady bei der AVWF-Methode verwendet, liegen im Frequenzbereich unserer Sprache. Weshalb gerade Mozart einer von Conradys Favoriten ist.
“Wir werden mit Frequenzen aus dem Sprachbereich konfrontiert. Und ein Frequenzmuster ist z.B. ein steigender 2000 Hertz-Ton, der immer wieder in der Musik dominant vorhanden ist, das ist der sogenannte Mozart-Effekt, weil Mozart mochte wahrscheinlich dieses Frequenzband um 2000 Hertz, deswegen hat er darum viel komponiert und das ist eben auch ein Spektrum, was dem Organismus gut tut. Da sind wir genau in der Mitte vom Sprachbereich und deswegen hören wir wahrscheinlich auch gerne Mozart, weil wir diese 2000 Hertz da viel drin haben.“
Die Schallwellen scheinen es dem Gehirn zu ermöglichen, von Alarm auf Entspannung umzuschalten. Dadurch werden Informationen im Gehirn wieder schneller verarbeitet und unsere Wahrnehmungs- und Leistungsfähigkeit gesteigert.
“Wenn wir dann sehen, wir schaffen das über die Schallwellen, dem Organismus zu signalisieren, hier ist hohe Sicherheit, dann wird er ganz sicherlich die Vagusbremsen lösen, das Herz anpassungsfähig machen.
Der Organismus wird 24 Stunden lang immer die Umgebung bewerten. Ist sie sicher oder ist sie nicht sicher. Ist sie sicher, dann werden wir weiterhin ruhig sein, wir werden sicherlich Tiefschlafphasen haben, aber nur, wenn die Umgebung als sicher empfunden wird. Ist sie nicht sicher, haben wir schon keine Chance mehr, in den Tiefschlaf zu kommen. Diese Programme, das sind uralte Programme, die werden wir auch in 100 oder 1000 Jahren noch haben, die gehen nicht verloren, das sind biogenetische Schaltkreise, die da an und ausgehen.“
Die Schalltherapie von Ulrich Conrady: große Innovation oder Plazebo-Effekt? Die Frage wird durchaus kontrovers diskutiert. Bisherige wissenschaftliche Untersuchungen etwa an der Universität Salzburg ergaben, dass Herzfrequenz und Puls durch die AVWF-Methode positiv beeinflusst werden. Skispringer wie Thomas Diethart und Gregor Schlierenzauer, Biathletin Magdalena Neuner oder die Handballer der deutschen Nationalmannschaft berichten, dass sie nach einer Behandlung mit der Schalltherapie leichter entspannen, besser schlafen, und konstante sportliche Leistung erbringen konnten. Das bestätigt auch die mehrfache deutsche Meisterin im Siebenkampf Lilli Schwarzkopf. 2009 begann sie mit der Schalltherapie. Was hat sich für sie dadurch verändert?
“Dass ich mich im Training besser fühle, ich fühle mich ausgeruhter, ich fühle mich vitaler, vieles hat auch mein Trainer gemerkt, der meinte, das läuft ja viel runder, Bewegungsabläufe, das Zeit-Rhythmus-Gefühl, Gefühl für den Raum, das war viel leichter die Bewegung auszuführen. Ich war koordinativ leistungsstärker, ich habe besser meine Bewegung steuern können, die Tiefensensibilität für meinen Körper, die war noch präsenter, dass ich auf ein gewisses Gefühl zurückrufen konnte.
Im Wettkampf sieht man das auch, dass viele Leistungssportler nicht ihre Leistung abrufen können, weil sie übersteuert sind. und das Trainingspotential nicht abrufen können, das ist ja sehr schade, dass sich soviel Training, soviel Aufwand nicht auszahlt.“
Lilli Schwarzkopf hat sich Aufwand ausgezahlt, als sie 2012 bei den Olympischen Spielen in London antrat – und Silber holte.
“Ich habe das in London genossen, ich wusste ganz genau, dass das 80.000 Zuschauer sind, die dann auch auf einen runter gucken und mit den Kameras umzugehen, früher hat mir das so ein bisschen Respekt gezollt, aber mittlerweile, es ist nicht, dass es Dich nervös macht als Sportlerin, wenn dann beim Hochsprung plötzlich fünf Kameras neben dir stehen, früher hat mich das schon ein bisschen gestört, mittlerweile kann ich damit recht gelassen umgehen. Klar im Sport gibt es nun mal Höhen und Tiefen und ich bin da aus schwierigen Situation wieder hoch gekommen und in London, da konnte ich endlich zeigen, dass ich doch diese Leistungsfähigkeit habe. Das war natürlich ein ganz tolles Gefühl.“