Zöfel: Herr Stang, um was geht es denn bei dem Streit?
Stang: Frau Zöfel, heute im Fachmagazin "Science" sind zwei Kritiken. Nur ganz kurz: Die erste bemängelt die abstammungsgeschichtliche Einordnung von Ardipithecus ramidus und der zentralen Frage, wo und warum sich der aufrechte Gang in der Frühzeit des Menschen entwickelt hat. Kurz zur ersten Kritik: da geht es darum, dass diese Entdecker, also das Team um Tim White von der Universität Berkeley, gesagt hat, dass der Fund von Ardipithecus ramidus im Stammbaum der Menschheit definitiv auf der Menschenseite einzuordnen ist und nicht mehr auf der Seite der großen afrikanischen Menschenaffen. Die Kritik stammt jetzt von Esteban Samiento, ein relativ unbekannter Gorillaforscher. Der sagt, aufgrund der anatomischen Eigenschaften sieht er es anders, und er sagt, dass es noch ein gemeinsamer Vorfahr ist von Schimpansen und Menschen. Das heißt, der split, also die Trennung zwischen Menschen und Schimpansen, die passierte erst vor drei bis fünf Millionen Jahren. Das widerspricht aber eigentlich allen gängigen Thesen, und es gibt auch Funde, die sind noch ein wenig älter als Ardipithecus ramidus, die müssen dann also auch noch ein gemeinsamer Vorfahre von Schimpanse und Mensch sein. Das ist eigentlich nicht sehr stimmig, und diese Kritik wird sehr große Probleme haben, beziehungsweise der Autor der Kritik, um noch andere Kollegen von seiner Hypothese zu überzeugen. Und die Antwort, auch im Fachmagazin "Science" erschienen, von Tim White, ist relativ eindeutig: Die Kritik wird abgewiesen und es gibt eigentlich nicht viele Leute, die dem zustimmen.
Zöfel: Die zweite Kritik, die in "Science" erschienen ist, die hat aber deutlich mehr Substanz, oder?
Stang: Genau. Das ist ein größeres Forschungsteam, acht Geologen und Anthropologen. Die haben Bodenproben selber in Äthiopien genommen und auch die Daten von Tim White angeschaut, und haben einfach gesagt: Es stimmt nicht, was Tim White da sagt, dass nämlich Ardi ein Waldbewohner war, sondern dass damals, vor 4,4 Millionen Jahren, dieses Gebiet im heutigen Äthiopien bereits eine Savannenlandschaft war. Und das heißt, Tim White hat immer behauptet, naja, Ardi war ein Waldbewohner, er konnte schon aufrecht durch die Bäume laufen. Und das ist nicht so stimmig. Und das heißt, ja, eine alte Frage ist weiter offen, und die widersprechen Tim White. Und Tim White sagt aber, sie haben sich natürlich nur einige Details herausgepickt, diese Autoren. Wenn man es im Gesamten sieht, es war nicht wie die Kritiker behaupten, nur fünf bis 25 Prozent der Landschaft mit Bäumen besetzt, sondern es können bis zu 70 sein, und es war sehr wohl noch ein Waldgebiet, in dem damals Ardipithecus ramidus lebte.
Zöfel: Warum ist es denn überhaupt eine so zentrale Frage, ob Ardi nun im Wald oder in der Savanne gelebt hat?
Stang: Eine ganz wichtige Frage ist tatsächlich, warum, oder durch was ist dieser aufrechte Gang in der Menschheit entwickelt. Und die gängige Hypothese bis Oktober vergangenes Jahr, war, dass der große Evolutionsfaktor, oder ein Selektionsmechanismus die zunehmende Versteppung der Landschaft war. Das heißt, es gab einfach nicht mehr viele Bäume, und die ersten Menschen waren notgedrungen darauf angewiesen, durch die Savanne zu laufen und sich da ihr Essen zu besorgen, und dort auch Wanderungen zu machen. Und das heißt, die klimatischen Bedingungen und die Ökologie war der entscheidende Faktor.Tim White sagt aber, der aufrechte Gang hat sich schon vorher in den Bäumen entwickelt, warum auch immer. Und dieser große Streit ist nun eine entscheidende Frage, und die Autoren sagen: Nein, Savanne war der entscheidende Selektionsmechanismus, und dem widerspricht Tim White aber auch. Und es sehr schwierig, diese Frage zu beantworten.
Zöfel: Wer hat denn jetzt recht?
Stang: Nun ja, wie Sie eben sagten, ich habe Tim White und seine Kollegen besucht und ich fand die Argumente als Ganzes sehr stimmig. Es waren elf Fachpublikationen im Magazin "Science", es war eine große Sache. Und sich da einzelne Punkte herauszupicken und die zu kritisieren, ist natürlich immer relativ einfach. Aber wenn man das gesamte Paket sieht, muss man sagen, ich finde die Argumente von Tim White und seinen Kollegen auch sehr schlüssig. Aber letztendlich dürfte es wohl auf ein Unentschieden hinauslaufen.
Stang: Frau Zöfel, heute im Fachmagazin "Science" sind zwei Kritiken. Nur ganz kurz: Die erste bemängelt die abstammungsgeschichtliche Einordnung von Ardipithecus ramidus und der zentralen Frage, wo und warum sich der aufrechte Gang in der Frühzeit des Menschen entwickelt hat. Kurz zur ersten Kritik: da geht es darum, dass diese Entdecker, also das Team um Tim White von der Universität Berkeley, gesagt hat, dass der Fund von Ardipithecus ramidus im Stammbaum der Menschheit definitiv auf der Menschenseite einzuordnen ist und nicht mehr auf der Seite der großen afrikanischen Menschenaffen. Die Kritik stammt jetzt von Esteban Samiento, ein relativ unbekannter Gorillaforscher. Der sagt, aufgrund der anatomischen Eigenschaften sieht er es anders, und er sagt, dass es noch ein gemeinsamer Vorfahr ist von Schimpansen und Menschen. Das heißt, der split, also die Trennung zwischen Menschen und Schimpansen, die passierte erst vor drei bis fünf Millionen Jahren. Das widerspricht aber eigentlich allen gängigen Thesen, und es gibt auch Funde, die sind noch ein wenig älter als Ardipithecus ramidus, die müssen dann also auch noch ein gemeinsamer Vorfahre von Schimpanse und Mensch sein. Das ist eigentlich nicht sehr stimmig, und diese Kritik wird sehr große Probleme haben, beziehungsweise der Autor der Kritik, um noch andere Kollegen von seiner Hypothese zu überzeugen. Und die Antwort, auch im Fachmagazin "Science" erschienen, von Tim White, ist relativ eindeutig: Die Kritik wird abgewiesen und es gibt eigentlich nicht viele Leute, die dem zustimmen.
Zöfel: Die zweite Kritik, die in "Science" erschienen ist, die hat aber deutlich mehr Substanz, oder?
Stang: Genau. Das ist ein größeres Forschungsteam, acht Geologen und Anthropologen. Die haben Bodenproben selber in Äthiopien genommen und auch die Daten von Tim White angeschaut, und haben einfach gesagt: Es stimmt nicht, was Tim White da sagt, dass nämlich Ardi ein Waldbewohner war, sondern dass damals, vor 4,4 Millionen Jahren, dieses Gebiet im heutigen Äthiopien bereits eine Savannenlandschaft war. Und das heißt, Tim White hat immer behauptet, naja, Ardi war ein Waldbewohner, er konnte schon aufrecht durch die Bäume laufen. Und das ist nicht so stimmig. Und das heißt, ja, eine alte Frage ist weiter offen, und die widersprechen Tim White. Und Tim White sagt aber, sie haben sich natürlich nur einige Details herausgepickt, diese Autoren. Wenn man es im Gesamten sieht, es war nicht wie die Kritiker behaupten, nur fünf bis 25 Prozent der Landschaft mit Bäumen besetzt, sondern es können bis zu 70 sein, und es war sehr wohl noch ein Waldgebiet, in dem damals Ardipithecus ramidus lebte.
Zöfel: Warum ist es denn überhaupt eine so zentrale Frage, ob Ardi nun im Wald oder in der Savanne gelebt hat?
Stang: Eine ganz wichtige Frage ist tatsächlich, warum, oder durch was ist dieser aufrechte Gang in der Menschheit entwickelt. Und die gängige Hypothese bis Oktober vergangenes Jahr, war, dass der große Evolutionsfaktor, oder ein Selektionsmechanismus die zunehmende Versteppung der Landschaft war. Das heißt, es gab einfach nicht mehr viele Bäume, und die ersten Menschen waren notgedrungen darauf angewiesen, durch die Savanne zu laufen und sich da ihr Essen zu besorgen, und dort auch Wanderungen zu machen. Und das heißt, die klimatischen Bedingungen und die Ökologie war der entscheidende Faktor.Tim White sagt aber, der aufrechte Gang hat sich schon vorher in den Bäumen entwickelt, warum auch immer. Und dieser große Streit ist nun eine entscheidende Frage, und die Autoren sagen: Nein, Savanne war der entscheidende Selektionsmechanismus, und dem widerspricht Tim White aber auch. Und es sehr schwierig, diese Frage zu beantworten.
Zöfel: Wer hat denn jetzt recht?
Stang: Nun ja, wie Sie eben sagten, ich habe Tim White und seine Kollegen besucht und ich fand die Argumente als Ganzes sehr stimmig. Es waren elf Fachpublikationen im Magazin "Science", es war eine große Sache. Und sich da einzelne Punkte herauszupicken und die zu kritisieren, ist natürlich immer relativ einfach. Aber wenn man das gesamte Paket sieht, muss man sagen, ich finde die Argumente von Tim White und seinen Kollegen auch sehr schlüssig. Aber letztendlich dürfte es wohl auf ein Unentschieden hinauslaufen.