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Wandel des Frauenbildes in Kunst und Design

Das Museum of Modern Art in New York zeigt bis zum 1. Oktober 2014 die Ausstellung "Designing Modern Women". Da werden moderne Frauen entworfen, aber sie entwerfen auch selbst.

Von Sacha Verna | 19.10.2013
    Ob in Tanz und Performancekunst, Design, Architektur, Textil oder Filmkunst. Frauen haben Spuren in der Kunstgeschichte hinterlassen. Loi Fuller, Eileen Gray, Anni Albers und viele andere aus dem weiten Feld der Frauenemanzipation, Gesundheits- und Lebensreform haben Einfluss auf Kunst, Keramik, Design und Textilkunst genommen. Das New Yorker Museum of Modern Art hat seine eigene Sammlung gemustert und befragt. Herausgekommen ist "Designing Modern Women 1890 - 1990". Sacha Verna sah das.

    Der Titel dieser Ausstellung ist zweideutig, und das mit Absicht: Moderne Frauen würden entworfen, und sie entwürfen selber, sagt Juliet Kinchin. Deshalb präsentiert die Kuratorin am Anfang von "Designing Modern Women" Werbeplakate und Titelbilder von Zeitschriften, auf denen um die vorletzte Jahrhundertwende Männer Frauen entwarfen: Glamouröse Frauen, die die Weihnachtsgans in Galagarderobe servieren, andere, die fesch und frech in eine emanzipierte Zukunft radeln, daneben die Damen der Folies Bergère und Versionen von Femmes Fatales.

    Frauen seien entscheidend gewesen für die Entwicklung der Konsumkultur im 20. Jahrhundert. Und es gäbe weite Bereiche des Designs, die sie kaufend ebenso kräftig beeinflusst hätten wie kreativ.

    Textil- und Ausstellungsdesign, Design für Kinder, von Küchen und Keramik. Frauen begannen, jene Räume und Materialien zu gestalten, die ihren Alltag ausmachten. Anni Albers war die erste Textildesignerin, der das Museum of Modern Art 1949 eine Einzelausstellung widmete. Margarete Schütte-Lihotzkys berühmte Frankfurter Küche gehört seit Langem zu den Schätzen des Museums. Und neu hinzugekommen ist die Küche, die Charlotte Perriand 1950 für Le Corbusiers L'Unité d'Habitation in Marseille entwarf, ein Muster der Funktionalität und der Ökonomie und dabei eine ästhetische Meisterleistung.

    "Zusammenarbeit ist fundamental im Design und für die Rolle der Frauen im Design. Frauen waren oft zur Zusammenarbeit mit Kollegen gezwungen, weil man sie allein nicht ernst nahm. Viele der bedeutendsten Werke kamen nur in unsere Sammlung, weil sie mit dem Namen eines berühmten Designers verbunden sind."

    Lilly Reich entwarf ganze Wohnungen für den Architekten Mies van der Rohe, darunter die "Wohnung unserer Zeit" für die Ausstellung des deutschen Werkbundes in Berlin 1931, ein Wunder des maximierten Minimalismus. Alvar Aalto designte Stühle und seine Frau Aino die Polster dazu. Von Ada Louise und Garth Huxtable stammt eine ganze Kollektion eleganter Töpfe und Bratpfannen.

    Die Schau endet mit Plakaten, die Frauen für Männer entworfen haben. Männer wie die Rolling Stones, Pink Floyd und The Doors. Bonnie MacLeans Konzertposter sind LSD-Trips fürs Auge, Explosionen schriller Farben, sich umarmender Buchstaben und optischer Illusionen. Da verschwindet die Frage, wer wen oder was designt, im halluzinogenen Nebel.

    In "Designing Modern Women" wird nicht die Geschichte des modernen Designs umgeschrieben. Das Museum of Modern Art rückt darin vielmehr Teile der eigenen Sammlung ins rechte Licht – in das von Marianne Brandts Deckenlampe zum Beispiel, die in ihrer aluminösen Schlichtheit so perfekt und erhellend wirkt wie vor 90 Jahren.