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Warten auf die Gravitationswelle
"Wenn beide zeitgleich anschlagen, dann ist das schon mal ein Indiz"

Ralf Krauter hat den LIGO-Detektor schon vor zehn Jahren besucht.

Ralf Krauter im Gespräch mit Uli Blumenthal |
    Uli Blumenthal: Haben die Forscher in den USA denn nun endlich das ersehnte Signal empfangen?
    Ralf Krauter: Möglich wär’s. Offiziell bestätigen will das derzeit aber keiner. Also bislang sind das nur Gerüchte, die der US-Physiker Lawrence Krauss lanciert hat. Da der aber gar nicht an der LIGO-Kollaboration beteiligt ist, ist das mit Vorsicht zu genießen.
    Was die LIGO-Leute derzeit sagen ist: Erstens: Wir sind gerade intensiv dabei, unsere neuesten Messdaten auszuwerten. Und zweitens: Die beiden Detektoren in Livingston und Hanford laufen inzwischen so gut, dass die Chance, eine Gravitationswelle direkt nachzuweisen, stark gestiegen ist.
    Blumenthal: Was heißt das konkret?
    Krauter: Am Anfang lag die Empfindlichkeit der LIGO-Detektoren in einem Bereich, bei dem man optimistisch betrachtet höchstens einmal pro Jahr eine reelle Chance hatte, überhaupt ein eindeutiges Signal aufzufangen.
    Also Gravitationswellen müssen laut Einstein ja von massiven kosmischen Objekten ausgehen. Und zu den ergiebigsten und am Besten verstandenen Quellen solcher Kräuselungen der Raumzeit zählen eben Doppelsternsysteme, die entweder aus zwei Neutronensternen oder aus zwei schwarzen Löchern bestehen, die umeinander kreisen.
    Man weiß ungefähr, wieviele von denen es in einem bestimmten Radius um die Erde gibt. Und man weiß, ziemlich genau, wie stark die Gravitationswellen sind, die die aussenden - und wie die sich im Detektor bemerkbar machen müssten.
    Der Clou ist nun eben: Durch ein technologisches Upgrade wurde die Empfindlichkeit des Detektors inzwischen um einen Faktor 10 gesteigert. Das heißt: Diese Laserlineale können jetzt auch Gravitationswellen aufspüren, deren Quelle deutlich weiter entfernt ist. Dadurch ist die Zahl der messbaren Ereignisse nach oben geschnellt, ganz grob um einen Faktor 1.000.
    Im ungünstigsten Fall sollte jetzt so einmal pro Monat eine Gravitationswelle ins Netz gehen, im günstigsten Fall sogar Dutzende am Tag. Und das erhöht natürlich die Chance, die Nadel im Heuhaufen auch zu finden, die die Forscher in den verrauschten Signaturen der Laserlineale suchen.
    Blumenthal: Mit welchen Tricks wurde diese Steigerung der Empfindlichkeit erreicht?
    Krauter: Diese Upgrade zum 'Advanced LIGO‘-Detektor, das wurde vergangenes Jahre abgeschlossen. Da wurde u. a. ein stärkerer Laser eingebaut, eine verbesserte Schwingungsdämpfung für die Spiegelaufhängungen und ein zusätzlicher optischer Resonator am Ausgang des Interferometers, der das Signal-Rausch-Verhältnis nochmal deutlich steigert. Ein großer Teil der dafür nötigen Technologie wurde übrigens in Hannover entwickelt und erprobt, bei GEO 600, sozusagen dem kleinen Bruder der beiden großen Laserlineale in den USA.
    Also der frequenzstabilisierte IR-Laser kommt aus Deutschland. Und die Forscher um Prof. Karsten Danzmann, die Teil der LIGO-Kollaboration sind, sind jetzt auch daran beteiligt, die Daten des 1. Messlaufs von ‚Advanced LIGO‘ auszuwerten.
    Blumenthal: Aber bestätigen oder dementieren wollten die auch noch nix?
    Krauter: Genau. Spruchreife Ergebnisse gibt’s noch nicht, heißt es aus Hannover. Die Datenanalyse dauert eben einfach Monate. Die Gretchenfrage, die die Forscher jetzt für sich beantworten müssen, lautet auch: Wie sicher wollen wir uns sein, dass wir da tatsächlich auf was gestoßen sind und nicht einer statistischen Fluktuation?
    Dass nur Ereignisse analysiert werden, die beide US-Detektoren gesehen haben, hilft da schon mal. Die sind tausende Kilometer voneinander entfernt – wenn beide zeitgleich anschlagen und mit ähnlichem Signal, dann ist das schon mal ein Indiz.
    Aber letztlich bleibt natürlich immer eine Chance, dass das Messergebnis nur Zufall war. Und die Frage ist jetzt: Geht man an die Öffentlichkeit, wenn man die Chance für einen Fehlalarm auf einen pro 100 Jahre gedrückt hat? Oder misst man solange weiter, bis man die Fehlalarmrate mit besserer Statistik auf einen pro 100.000 Jahre gedrückt hat?
    Und je nachdem, wie die Forscher diese Frage beantworten, wissen wir vielleicht schon in wenigen Wochen mehr. Oder aber es wird noch Monate dauern, weil erst weitere Daten aufgenommen werden müssen, was erst wieder im Sommer geplant ist.