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Warten auf "Discovery"

Raumfahrt. - Am Dienstag soll das erste Shuttle seit der Columbia-Katastrophe und nach mehreren Pannen ins All aufbrechen. Auch die Esa drückt dabei die Daumen, denn schließlich wartet das europäische ISS-Modul "Columbus" auf seinen Transfer zur Raumstation. Der kann frühestens Ende 2006 erfolgen.

Von Dirk Lorenzen |
    Die Aluminiumröhre ist knapp sieben Meter lang, hat viereinhalb Meter Durchmesser, steckt voller Hightech - und sollte längst in 350 Kilometern Höhe um die Erde ziehen. Doch Europas künftiges Weltraumlabor Columbus befindet sich nach wie vor auf Flughöhe Null bei EADS Space Transportation in Bremen, erklärt der Projektleiter Günther Brandt:

    "Columbus steht noch in der Halle, wir machen noch ein paar Restarbeiten. Wir wollen es möglichst bald nach Florida zum Startplatz schicken - in der Hoffnung, dass das Space Shuttle seinen Betrieb bald wieder aufnimmt und dann auch zügig die weiteren Flüge vollzogen werden."

    Columbus ist von der Pause bei den Shuttle-Flügen besonders betroffen; denn das Forschungslabor kann nur in der Ladebucht eines Space Shuttle zur Raumstation gelangen. Europas Ariane-Rakete ist aus technischen Gründen keine Alternative. So geht es entweder mit dem Shuttle ins All - oder ohne Shuttle ins Museum.

    "Im Moment wären wir Flug Nummer Neun nach dem ersten Wiederflug. Aber auch hier laufen noch die Verhandlungen. Wir werden zusammen mit der Esa versuchen, noch eine frühere Position im Launch Manifest zu bekommen."

    Im Startplan der US-Raumfähren sind bisher einige Flüge vorgesehen, die nicht so dringend benötigtes Material zur Station bringen sollen - etwa weitere Solarzellenflächen, für die es noch gar keine Verwendung gibt. So hoffen Europas Raumfahrer, in der Warteschlange zumindest ein wenig nach vorne rücken zu können. Wenn Columbus erst einmal oben ist, wird es sofort zum Herzstück der Forschung auf der Raumstation: Andocken, Leitungen verbinden, die Stecker rein und los geht es mit der Forschung in der Schwerelosigkeit.

    "Man muss dazu wissen, dass Columbus das einzige Labor ist, das komplett ausgerüstet zur Station gebracht wird. Komplett ausgerüstet heißt, alle Experimentieranlagen sind integriert und gleichzeitig wollen wir auch die externen Experimente mit dem Flug in den Orbit befördern. Wir haben eine externe Plattform am Columbus-Modul. Dort werden die Experimente eingebaut, die die freien Weltraumbedingungen benötigen."

    Ob biologische Experimente im Innern des Labors, in dem es Wasser und Luft gibt, oder Bakterienkulturen zu Überlebenstests im freien Weltraum, ob Legierungen in Schmelzöfen oder Versuche zu Phänomenen wie Verbrennung oder Flüssigkeitstransport - das Raumlabor ist sehr vielseitig. Firmen und Institute auf der Erde sollen es nutzen beziehungsweise nutzen lassen. Die Experimente laufen entweder automatisch oder werden von den Astronauten an Bord durchgeführt oder zumindest überwacht. In der Shuttle-Zwangspause hat das Team um Günther Brandt Columbus noch einmal gründlich überholt - nun steht dem Start ins All nichts mehr im Wege:

    "Wir haben einige Wartungsarbeiten in den vergangenen Monaten vollzogen. Wir warten auf die Experimentanlagen, die in den nächsten Wochen hier ankommen werden und dann werden wir diese einbauen und noch einmal austesten. Bei so einem Test schalten wir hier das Modul ein, als ob es sich im Orbit befindet. Die Kommunikationsstrecken laufen dann über die Kontrollzentren, also Oberpfaffenhofen und andere, es gibt die so genannten User Support Zentren, auch diese werden eingeschaltet und von dort aus wird das Modul dann betrieben."

    Doch selbst wenn Columbus irgendwann Anfang 2007 startet - so schön, wie die Forschung in ihm einmal geplant war, wird sie kaum werden. Weil den Amerikanern die Lust an der Raumstation vergangen ist, werden statt der ursprünglich geplanten sechsköpfigen Besatzung wohl nie mehr als drei Astronauten dauerhaft im All einziehen. Aber zwei von denen sind schon damit ausgelastet, die Station halbwegs in Schuss zu halten. Für die Forschung bleibt bestenfalls ein Astronaut - zu wenig für wirklich umfassendes Experimentieren im All. So wird die Forschung auf der Raumstation zwar schwerelos sein, es aber dennoch sehr schwer haben.