Theo Geers: In Kolontar in Ungarn werden auch heute Morgen immer noch hastig neue Erdwälle aufgeschüttet, denn eine Woche nach dem ersten Dammbruch des dort gelegenen Rotschlamm-Beckens einer Aluminiumhütte droht ein zweiter Dammbruch. Die Lage ist widersprüchlich: einerseits wird fast schon verzweifelt gebaggert, andererseits heißt es, die Risse am Damm hätten sich in der letzten Nacht zumindest nicht vergrößert. Am Telefon in Wien begrüße ich nun dazu Andreas Beckmann, er ist Direktor des WWF-Donau-Karpaten-Programms. Guten Tag, Herr Beckmann.
Andreas Beckmann: Guten Tag!
Geers: Herr Beckmann, bei der Katastrophe vor einer Woche, deren Bilder ja wohl jeder inzwischen gesehen hat, sind "nur" zehn Prozent des Rotschlamms ausgeflossen. Das heißt umgekehrt, 90 Prozent sind noch in dem maroden Auffangbecken drin. Was hätte denn ein zweiter Dammbruch für Folgen?
Beckmann: Das ist ein bisschen schwer, vorherzusehen. Es wird vermutet – es liegen keine genauen Zahlen vor -, es wird gesagt, dass nach einem erneuten Dammbruch bis zu 500.000 Kubikmeter von diesem roten Schlamm rausfließen könnten. Das wäre auf jeden Fall nicht die Gesamtmenge. Das erste Mal sind ungefähr eine Million rausgeflossen. Wenn man sich das hochrechnet, sind das irgendwelche bis zu 20 Millionen Kubikmeter, die da drin sind. 500.000 ist nur ein Bruchteil von dem. Wenn das rausfließen würde: Man geht davon aus, das, was schon rausgeflossen ist, war hauptsächlich das flüssige. Das heißt, es wird mehr Masse haben, was auf der einen Seite gut ist, insofern, dass es sich nicht so schnell verteilen kann. Auf der anderen Seite ist es schwerer und auch konzentrierter und hat dementsprechend auch große Folgen.
Geers: Könnte man so etwas überhaupt mit künstlichen Dämmen, die jetzt schnell aufgeschüttet werden, kanalisieren und auffangen?
Beckmann: Anscheinend. Ich bin kein Techniker, kann das nicht genau beantworten. Nach meinen Angaben sind die dabei, einen insgesamt 1500 Meter langen Damm aufzubauen. Der soll 30 Meter breit sein, 8 Meter hoch, also schon ein ziemliches Ding. Das soll das ganze nicht aufhalten, sondern einfach davon abhalten, die restlichen Häuser von Kolontar zu überwältigen.
Geers: Nun hat dieser ätzende Schlamm, Herr Beckmann, ja schon eine riesige Fläche verseucht. Welche Langzeitschäden hat denn das für die Region?
Beckmann: Das ist auch leider ein bisschen schwer abzusehen. Erstens hat dieser rote Schlamm längerfristige Folgen, einfach weil er in die Erde eingesickert ist. Das heißt, man muss die Erde abtragen. Was man nicht weiß ist, was für Schwermetalle da drin sind. Greenpeace ist am Freitag mit Analysen rausgekommen, die zeigen besonders erhöhte Werte von Arsen, Chrom und Quecksilber. Wenn das tatsächlich so ist – und wir erwarten heute noch weitere Analysen -, dann könnte das auch sehr langfristige Folgen haben, weil eben diese Schwermetalle sich an die Sedimente anbinden. Die werden dann eingenommen in die Nahrungskette bei Insekten, Fischen, Vögeln, eventuell auch Menschen können dann langfristige Folgen haben. Das heißt erhöhte Raten von Krebs, Geburtsmissbildungen und so weiter. Das kann man schwer absehen, wie das dann ausdünnen wird.
Geers: Nun hat ja bis vor einer Woche wahrscheinlich niemand diese Rotschlamm-Deponien in Ungarn auf dem Radar gehabt, auch Umweltschützer, glaube ich, nicht. Welche Risiken drohen denn da noch? Gibt es noch weitere solche Deponien?
Beckmann: Wir haben infolge von dieser Katastrophe eine Karte zusammengestellt, wo ein paar von diesen anderen möglichen Risiken festgehalten werden. Es geht nicht nur um Rotschlamm-Deponien, sondern auch zum Beispiel und besonders um etwa Goldmienen, die Zyanid benutzen. Sie können sich vielleicht noch erinnern: vor zehn Jahren gab es eine große Katastrophe im Norden von Rumänien, in Orsia, in Baia Mare, was zur Folge hatte, dass die Teichs und teils die Donau praktisch getötet wurde. Da gibt es mehrere solche Risiken und die sind leider nicht ganz bekannt. Da ist schon einiges sicherlich gemacht worden, aber wir wissen nicht, wie viele tickende Zeitbomben es noch gibt. Deswegen hat der WWF aufgerufen, dass die europäische Kommission, dass die EU da ganz schnell was macht, um eben diese Zeitbomben noch zu erforschen, zu schauen, wie ist die Lage tatsächlich.
Geers: Danke schön! Das war Andreas Beckmann, Direktor des WWF-Donau-Karpaten-Programms in Wien.
Andreas Beckmann: Guten Tag!
Geers: Herr Beckmann, bei der Katastrophe vor einer Woche, deren Bilder ja wohl jeder inzwischen gesehen hat, sind "nur" zehn Prozent des Rotschlamms ausgeflossen. Das heißt umgekehrt, 90 Prozent sind noch in dem maroden Auffangbecken drin. Was hätte denn ein zweiter Dammbruch für Folgen?
Beckmann: Das ist ein bisschen schwer, vorherzusehen. Es wird vermutet – es liegen keine genauen Zahlen vor -, es wird gesagt, dass nach einem erneuten Dammbruch bis zu 500.000 Kubikmeter von diesem roten Schlamm rausfließen könnten. Das wäre auf jeden Fall nicht die Gesamtmenge. Das erste Mal sind ungefähr eine Million rausgeflossen. Wenn man sich das hochrechnet, sind das irgendwelche bis zu 20 Millionen Kubikmeter, die da drin sind. 500.000 ist nur ein Bruchteil von dem. Wenn das rausfließen würde: Man geht davon aus, das, was schon rausgeflossen ist, war hauptsächlich das flüssige. Das heißt, es wird mehr Masse haben, was auf der einen Seite gut ist, insofern, dass es sich nicht so schnell verteilen kann. Auf der anderen Seite ist es schwerer und auch konzentrierter und hat dementsprechend auch große Folgen.
Geers: Könnte man so etwas überhaupt mit künstlichen Dämmen, die jetzt schnell aufgeschüttet werden, kanalisieren und auffangen?
Beckmann: Anscheinend. Ich bin kein Techniker, kann das nicht genau beantworten. Nach meinen Angaben sind die dabei, einen insgesamt 1500 Meter langen Damm aufzubauen. Der soll 30 Meter breit sein, 8 Meter hoch, also schon ein ziemliches Ding. Das soll das ganze nicht aufhalten, sondern einfach davon abhalten, die restlichen Häuser von Kolontar zu überwältigen.
Geers: Nun hat dieser ätzende Schlamm, Herr Beckmann, ja schon eine riesige Fläche verseucht. Welche Langzeitschäden hat denn das für die Region?
Beckmann: Das ist auch leider ein bisschen schwer abzusehen. Erstens hat dieser rote Schlamm längerfristige Folgen, einfach weil er in die Erde eingesickert ist. Das heißt, man muss die Erde abtragen. Was man nicht weiß ist, was für Schwermetalle da drin sind. Greenpeace ist am Freitag mit Analysen rausgekommen, die zeigen besonders erhöhte Werte von Arsen, Chrom und Quecksilber. Wenn das tatsächlich so ist – und wir erwarten heute noch weitere Analysen -, dann könnte das auch sehr langfristige Folgen haben, weil eben diese Schwermetalle sich an die Sedimente anbinden. Die werden dann eingenommen in die Nahrungskette bei Insekten, Fischen, Vögeln, eventuell auch Menschen können dann langfristige Folgen haben. Das heißt erhöhte Raten von Krebs, Geburtsmissbildungen und so weiter. Das kann man schwer absehen, wie das dann ausdünnen wird.
Geers: Nun hat ja bis vor einer Woche wahrscheinlich niemand diese Rotschlamm-Deponien in Ungarn auf dem Radar gehabt, auch Umweltschützer, glaube ich, nicht. Welche Risiken drohen denn da noch? Gibt es noch weitere solche Deponien?
Beckmann: Wir haben infolge von dieser Katastrophe eine Karte zusammengestellt, wo ein paar von diesen anderen möglichen Risiken festgehalten werden. Es geht nicht nur um Rotschlamm-Deponien, sondern auch zum Beispiel und besonders um etwa Goldmienen, die Zyanid benutzen. Sie können sich vielleicht noch erinnern: vor zehn Jahren gab es eine große Katastrophe im Norden von Rumänien, in Orsia, in Baia Mare, was zur Folge hatte, dass die Teichs und teils die Donau praktisch getötet wurde. Da gibt es mehrere solche Risiken und die sind leider nicht ganz bekannt. Da ist schon einiges sicherlich gemacht worden, aber wir wissen nicht, wie viele tickende Zeitbomben es noch gibt. Deswegen hat der WWF aufgerufen, dass die europäische Kommission, dass die EU da ganz schnell was macht, um eben diese Zeitbomben noch zu erforschen, zu schauen, wie ist die Lage tatsächlich.
Geers: Danke schön! Das war Andreas Beckmann, Direktor des WWF-Donau-Karpaten-Programms in Wien.