Ralf Krauter: Bei mir im Studio sitzt nun meine Kollegin Dagmar Röhrlich. Frau Röhrlich, Sie haben am Freitag in dieser Sendung über das erfolgreiche Aufsetzen der stählernen Dichtungsglocke auf das defekte Ventil am Meeresgrund berichtet. Damals sah alles noch ganz gut aus, man gab sich verhalten optimistisch - nicht nur bei BP. Der Ölfluss schien fürs erste gestoppt, wenn auch nur provisorisch. Heute aber ist das Bild der Lage nicht mehr ganz so positiv, oder?
Dagmar Röhrlich: Der Druck hat sich nicht so aufgebaut, wie man gehofft hatte. Das kann jetzt einmal bedeuten, dass schon so viel Öl aus der Lagerstätte rausgeflossen ist, dass der Druck in der Lagerstätte selbst nachlässt. Wahrscheinlicher aber ist, dass es Leckagen gibt. Dass dieses Rohr, das gebohrt worden ist vom Meeresgrund bis in die Lagerstätte hinein, jetzt durch die Havarie, durch den Blow-out und durch das ganze Öl, was die ganze Zeit schon rausströmt, doch jetzt verschiedene Stellen hat, wo es nicht mehr ganz funktioniert und wo es Lecks hat. Das bedeutet aber, dass Öl und Gas aus der Lagerstätte sich Wege suchen können, durch den umgebenden Meeresboden herauszusickern, und dass wir eines Tages dann die Schwaden nicht nur aus dem Bohrloch rauskommen sehen, sondern rechts und links auch noch. Und je länger das Bohrloch geschlossen ist, umso höher baut sich der Druck auf und umso wahrscheinlicher ist es, dass wir demnächst noch andere Ölwolken sehen.
Krauter: Das heißt, aus einer sprudelnden Quelle könnten schlimmstenfalls mehrere werden. Falls es solche Lecks gibt: Was heißt das denn für die seit Wochen laufende Entlastungsbohrung?
Röhrlich: Auch da heißt es nichts Gutes. Je nachdem, wie stark diese Lecks sind, kann das durchaus die Arbeiten sehr erschweren. Mann will ja mit dieser Entlastungsbohrung die alte Macondo-1-Bohrung, die havariert ist, aufbohren und dann will man schweren Bohrschlamm hineinpressen, dass ein Pfropfen entsteht, der das Ganze, was da rausquellen will, zurück in die Lagerstätte reindrängt. Dazu braucht man einen enormen Druck. Und wenn dieses Bohrloch jetzt geschädigt ist, dann kann es sein, dass ich einfach noch mehr Leckagen schaffe und ich das Problem noch verschlimmere.
Krauter: Gibt es denn Alternativen? Also wenn die Entlastungsbohrung dann keine Option mehr ist, hat man andere?
Röhrlich: Jetzt überlegt man, ob man nicht zwei Produktionsbohrungen abteuft, ganz normale Produktionsbohrungen, dann solange das Öl aus dieser Lagerstätte hinaus fördert, bis der Druck so niedrig ist, dass ich sie verschließen kann. Das würde bedeuten, man muss erstmal Öl mit der Glocke absaugen und das andere sind dann Monate die es dauert, ehe dann diese Havarie vorbei ist.
Krauter: Das klingt auch hier alles, wie eben im Beitrag gehört, nach einem Experiment, das man unter diesen Bedingungen lieber gar nicht gestartet hätte. Warum hat man solche Havariemaßnahmen denn zuvor nie getestet. Waren die einfach zu teuer, war das der Grund?
Röhrlich: Man hat anscheinend überhaupt nicht drüber nachgedacht. Wilhelm Dominik von der TU Berlin hat erklärt, dass sowohl die Fördertechnik als auch die Suchtechnik sehr ausgefeilt ist, sehr sicher ist. Es laufen 4000 Tiefseebohrungen, ohne das irgendetwas passiert. Was man vergessen hat, ist, die Havarietechnik entsprechend zu entwickeln. Und das fordert er jetzt; dass es ein internationales Moratorium gibt und dass man erst einmal wirklich schaut: Was muss ich alles an Technologien entwickeln, damit ich - wenn etwas passiert - auch wirklich etwas machen kann? Diese Technologien müssen erprobt sein, sie müssen am Ort, wo sie eingesetzt werden, erprobt werden, dass sie da auch passen. Und sie müssen vor Ort bereitstehen. Im Moment ist es in den USA passiert. Da gibt es reichlich Helikopter, reichlich Schiffe, viele Helfer. Geld ist kein Problem. Was wäre, wenn das in Angola passieren würde? Und was vielleicht noch dramatischer ist, ist, dass man jetzt gemerkt hat: Die Sicherheitskultur stimmt nicht. Die Leute haben viele kleine Fehler gemacht, die sich zu einer Havarie dann hochgeschaukelt haben. Überall kleines menschliches Versagen. Und man muss diese Sicherheitskultur, die man bei Kernkraftwerken ja jetzt mühsam entwickelt hat - die muss es auch in der Ölindustrie geben, bei der Verhütung von solchen Unfällen. Und es ist so, dass beispielsweise nur der Kapitän den Blow-out-Preventer hätte schließen können. Das muss natürlich der Mensch sein, der sieht: es passiert gerade was. Und es muss unabhängig voneinander arbeitende, räumlich getrennte und auf verschiedene Weise arbeitende Sicherheitssysteme geben. Auch das fehlt noch. Im Moment hängt alles an diesem armen Blow-out-Preventer. Und ob man den jetzt akustisch auslöst oder nicht, das löst das Problem nicht. Man muss an die Sicherheitskultur ran.
Dagmar Röhrlich: Der Druck hat sich nicht so aufgebaut, wie man gehofft hatte. Das kann jetzt einmal bedeuten, dass schon so viel Öl aus der Lagerstätte rausgeflossen ist, dass der Druck in der Lagerstätte selbst nachlässt. Wahrscheinlicher aber ist, dass es Leckagen gibt. Dass dieses Rohr, das gebohrt worden ist vom Meeresgrund bis in die Lagerstätte hinein, jetzt durch die Havarie, durch den Blow-out und durch das ganze Öl, was die ganze Zeit schon rausströmt, doch jetzt verschiedene Stellen hat, wo es nicht mehr ganz funktioniert und wo es Lecks hat. Das bedeutet aber, dass Öl und Gas aus der Lagerstätte sich Wege suchen können, durch den umgebenden Meeresboden herauszusickern, und dass wir eines Tages dann die Schwaden nicht nur aus dem Bohrloch rauskommen sehen, sondern rechts und links auch noch. Und je länger das Bohrloch geschlossen ist, umso höher baut sich der Druck auf und umso wahrscheinlicher ist es, dass wir demnächst noch andere Ölwolken sehen.
Krauter: Das heißt, aus einer sprudelnden Quelle könnten schlimmstenfalls mehrere werden. Falls es solche Lecks gibt: Was heißt das denn für die seit Wochen laufende Entlastungsbohrung?
Röhrlich: Auch da heißt es nichts Gutes. Je nachdem, wie stark diese Lecks sind, kann das durchaus die Arbeiten sehr erschweren. Mann will ja mit dieser Entlastungsbohrung die alte Macondo-1-Bohrung, die havariert ist, aufbohren und dann will man schweren Bohrschlamm hineinpressen, dass ein Pfropfen entsteht, der das Ganze, was da rausquellen will, zurück in die Lagerstätte reindrängt. Dazu braucht man einen enormen Druck. Und wenn dieses Bohrloch jetzt geschädigt ist, dann kann es sein, dass ich einfach noch mehr Leckagen schaffe und ich das Problem noch verschlimmere.
Krauter: Gibt es denn Alternativen? Also wenn die Entlastungsbohrung dann keine Option mehr ist, hat man andere?
Röhrlich: Jetzt überlegt man, ob man nicht zwei Produktionsbohrungen abteuft, ganz normale Produktionsbohrungen, dann solange das Öl aus dieser Lagerstätte hinaus fördert, bis der Druck so niedrig ist, dass ich sie verschließen kann. Das würde bedeuten, man muss erstmal Öl mit der Glocke absaugen und das andere sind dann Monate die es dauert, ehe dann diese Havarie vorbei ist.
Krauter: Das klingt auch hier alles, wie eben im Beitrag gehört, nach einem Experiment, das man unter diesen Bedingungen lieber gar nicht gestartet hätte. Warum hat man solche Havariemaßnahmen denn zuvor nie getestet. Waren die einfach zu teuer, war das der Grund?
Röhrlich: Man hat anscheinend überhaupt nicht drüber nachgedacht. Wilhelm Dominik von der TU Berlin hat erklärt, dass sowohl die Fördertechnik als auch die Suchtechnik sehr ausgefeilt ist, sehr sicher ist. Es laufen 4000 Tiefseebohrungen, ohne das irgendetwas passiert. Was man vergessen hat, ist, die Havarietechnik entsprechend zu entwickeln. Und das fordert er jetzt; dass es ein internationales Moratorium gibt und dass man erst einmal wirklich schaut: Was muss ich alles an Technologien entwickeln, damit ich - wenn etwas passiert - auch wirklich etwas machen kann? Diese Technologien müssen erprobt sein, sie müssen am Ort, wo sie eingesetzt werden, erprobt werden, dass sie da auch passen. Und sie müssen vor Ort bereitstehen. Im Moment ist es in den USA passiert. Da gibt es reichlich Helikopter, reichlich Schiffe, viele Helfer. Geld ist kein Problem. Was wäre, wenn das in Angola passieren würde? Und was vielleicht noch dramatischer ist, ist, dass man jetzt gemerkt hat: Die Sicherheitskultur stimmt nicht. Die Leute haben viele kleine Fehler gemacht, die sich zu einer Havarie dann hochgeschaukelt haben. Überall kleines menschliches Versagen. Und man muss diese Sicherheitskultur, die man bei Kernkraftwerken ja jetzt mühsam entwickelt hat - die muss es auch in der Ölindustrie geben, bei der Verhütung von solchen Unfällen. Und es ist so, dass beispielsweise nur der Kapitän den Blow-out-Preventer hätte schließen können. Das muss natürlich der Mensch sein, der sieht: es passiert gerade was. Und es muss unabhängig voneinander arbeitende, räumlich getrennte und auf verschiedene Weise arbeitende Sicherheitssysteme geben. Auch das fehlt noch. Im Moment hängt alles an diesem armen Blow-out-Preventer. Und ob man den jetzt akustisch auslöst oder nicht, das löst das Problem nicht. Man muss an die Sicherheitskultur ran.