"Bisphosphonate sind eigentlich Waschpulver", so die nüchterne Erklärung von Herbert Fleisch, einem der Väter der Bisphosphonat-Therapie. "Sie haben eine Struktur, die ein Phosphor-Kohlenstoff-Phosphor-Grundelement hat. Das ist ganz ähnlich wie die Waschpulver, die man früher brauchte, um das Wasser zu enthärten." Bisphosphonate sind seit etwa einem Jahrzehnt das Standardmedikament gegen Osteoporose. Kaum geschluckt oder gespritzt, gelangen die Substanzen über die Blutbahn in den Knochen. Dort binden sie an die Mineralien, aus denen der Knochen besteht. Bei Krankheiten wie der Osteoporose wird der Knochen von Fresszellen abgebaut. Diese Fresszellen schlucken auch die Bisphosphonate und werden dann von ihnen gehemmt. Die Einnahme der Medikamente ist allerdings oft mühsam - vor allem für ältere Patienten. "Einige der Bisphosphonate müssen morgens auf nüchternen Magen eingenommen werden, da es sonst zu unerwünschten Wechselwirkungen mit den Nahrungsmitteln kommt", erklärt Graham Russell von der University of Oxford. "Dann müssen die Patienten eine halbe bis eine Stunde warten, ehe sie etwas essen dürfen. Für viele ändert sich dadurch der ganze Alltag, was schließlich zu Verdauungsstörungen führt." Russell diskutierte mit anderen Experten, wie man die Bisphosphonate verabreichen kann, ohne Magen- oder Darmbeschwerden hervorzurufen.
"Eine der neuen Substanzen scheint es zu ermöglichen, durch eine einzige Spritze im Jahr einen ebenso guten Effekt zu erreichen, als ob man täglich oder wöchentlich die Bisphosphonate als Pillen schluckt", berichtet Russell. Dieses Bisphosphonat heißt Zolendronat und wird derzeit in klinischen Studien getestet. Es bindet sich besonders fest an den Knochen. Gute Aussichten also für Patienten mit Osteoporose. Neuste Studien weisen darauf hin, dass Zolendronat nicht nur die Knochenfresszellen hemmt, sondern zusätzlich die Mineralisation des Knochens unterstützt. Auch Krebskranke mit Metastasen im Knochen können auf die Einmalspritze Zolendronat hoffen. Russell berichtet, man könne sie Krebspatienten geben, um Komplikationen am Knochen zu vermeiden. Die Forscher vermuten sogar, dass Bisphosphonate direkt auf die Tumorzellen wirken. Erste Versuche an Zellkulturen zeigten, dass die Tumorzellen eher zugrunde gingen, wenn sie unter dem Einfluss von Bisphosphonaten standen. Dabei scheinen die Bisphosphonate am besten bei jenen Knochenmetastasen zu wirken, die durch Absiedlungen der Blutkrebsart Multiples Myelom oder durch Brustkrebs entstehen.
[Quelle: Sabine Goldhahn]