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We Have Band
"Wir wollten wieder leichter und luftiger klingen"

Zurück auf die Tanzfläche! Das scheint das Motto der britischen Band We Have Band zu sein. Mit ihrem dritten Studioalbum "Movements" kehren sie zum Sound ihres Debüts von 2010 zurück: Es darf wieder zu elektronischen Klängen getanzt werden. Im Deutschlandfunk-Interview stellt das Trio sein neues Album vor.

Von Florian Fricke | 03.05.2014
    Der Schallplattenspieler eines Diskjockeys.
    Emotionsvoll und tortzdem luftig: "We Have Band" (picture-alliance/dpa- ZB / Andreas Lander)
    Florian Fricke: Als ihr damals die Band gegründet habt, hattet ihr da eine bestimmte Idee vom Sound, den ihr kreieren wolltet?
    Thomas Wegg-Prosser: Nein. Am ersten Abend, als wir Musik machten, ist WHB entstanden, We Have Band, der auch auf das Debütalbum gelangt ist. Dieser Song fühlte sich einfach richtig an. Wir spielen ihn immer noch. Das Debüt ist in ziemlich kurzer Zeit entstanden. Einen Masterplan gab es nicht. Wir wollten einfach spontan sein und Spaß an der Sache haben. Ich glaube, das wäre auch nicht der richtige Ansatz für eine neue Band. Man sollte sich nicht zu sehr den Kopf zerbrechen, wie man klingen will, weil an dem Punkt landet man früher oder später sowieso – außer man ist eine Rockband und steht auf die Stones oder die Kinks. Du willst wie sie klingen, und dann kann man das auch machen. Aber wir wollten einfach nur loslegen. Darren hat die ersten Sachen seinen Mitbewohnern vorgespielt, und die positiven Reaktionen von Leuten, die wir musikalisch respektieren, hatten durchaus Einfluss auf uns. Und heute sind wir einfach froh, immer noch dabei zu sein. Wir denken schon jetzt darüber nach, was wir als nächstes machen.
    Florian Fricke: Was hattet ihr euch denn für das neue Album "Movements" vorgenommen? Wolltet ihr etwas Bestimmtes ändern?
    Darren Bancroft: Wir wollten wieder etwas leichter und luftiger klingen. Das war eigentlich die einzige Vorgabe. Wir sind eine emotionale Band, wir schreiben über unsere Gefühle. Aber es ist jetzt nicht so, als ob wir keinen einzigen schlechten Tag im vergangenen Jahr gehabt hätten. Diesmal wollten wir einen Filter einbauen und über die ganze Länge ein leicht klingendes, inspirierendes Album schreiben. Aber das sollte auch nicht einfach nur hingerotzt klingen.
    "So waren wir damals drauf"
    Florian Fricke: Aber warum klang denn das Vorgänger-Album so düster?
    Thomas Wegg-Prosser: Es ist einfach ein ehrliches Album, so waren wir damals drauf. Wir sind viel getourt, hatten Schlafprobleme, es gab Beziehungsstress. Außerdem gab es einen Produzenten, der fünf Wochen lang mit im Studio saß. Er hatte wahrscheinlich eine klangliche Idee, die sich dann durchsetzte. Das ist auch völlig in Ordnung, denn deswegen holt man sich ja solche Leute, und wir waren durchaus stolz auf das Ergebnis. Es war okay, aber jetzt ist wieder ein anderer Moment.
    Fricke: Aber ihr würdet nicht so weit gehen, dass ihr etwas korrigieren wolltet?
    Thomas Wegg-Prosser: Auf keinen Fall. Wir waren wirklich zufrieden mit Ternion und viele Leute mochten das Album. Aber es war uns bewusst, dass es jetzt nicht das fröhlichste Album geworden ist. Und das muss es ja auch nicht. Viele unserer Lieblingsmusik ist eher introvertiert und reflektierend. Aber wir wollten es nicht noch einmal wiederholen.
    Fricke: Und wieder ein bisschen Richtung Debütalbum gehen?
    Dede Wegg-Prosser: Ich würde sagen, dass dritte Album "Movements" ist stilistisch irgendwo zwischen erstem und zweiten angesiedelt. Und vielleicht ist das auch, was normalerweise mit dem dritten Album passiert. Man pickt die Elemente heraus, die dir am besten in beiden Alben gefallen haben, und versucht sie zu vereinen. Man folgt ja automatisch den Erfahrungen, die man bisher gemacht hat. Und nun sind wir in der Mitte angekommen.
    Fricke: Was ist in euren Leben seit dem letzten Album passiert? Gibt es Themen, über die ihr schreiben wolltet?
    Darren Bancroft: Nein. Die Musik steht bei uns eindeutig im Vordergrund. Und wenn es um die Texte geht, muss man sagen, dass diese sich eindeutig nach der Musik richten. Wenn Thomas eine Idee hat, dann singen wir erst mal eine Melodie darüber und suchen dann nach Worten, die irgendwie passen. Eigentlich geht es darum, deinem Instinkt zu folgen. Einerseits kommen die Texte von dir persönlich, andererseits kann es total zufällig klingen. Es ist ähnlich, wie wenn du eines Tages unbedingt etwas bestimmtes essen oder irgendwo hingehen willst. Es gibt dafür keinen vernünftigen Grund, aber du weißt, dass du es tun musst. Und ähnlich verhält es sich mit Songtexten. Irgendwas kommt aus dir raus. Und aus uns kommt nichts heraus, was nicht authentisch wäre. Aber wir wollten nicht allzu viel darüber nachdenken.
    Dede Wegg-Prosser: Wir wollten dieses Mal eher den Moment erwischen.
    "Tim Goldsworthy ist ein grandioser Mensch"
    Fricke: Und die Entscheidung Tim Goldsworthy von DFA Records als Produzenten zu engagieren?
    Darren Bancroft: Wir hätten ihn schon gerne für Ternion gehabt, aber das ging nicht aus Termingründen. Und nun war er die offensichtliche Wahl, wenn ich mich recht erinnere. Das Tolle an Tim ist: Wir hatten für die Vorbereitung auf "Movements" wieder ein Studio zur Verfügung, wie beim ersten Album. Alles war also vorbereitet, die Texte waren fertig, die Arrangements. Und auch wenn sich die Lieder sehr unterscheiden, hatten wir bereits eine sehr genaue Vorstellung, wie sie zu klingen haben. Tim Goldsworthy ist ein grandioser Mensch, der einige sehr gute Elemente hinzugefügt hat, aber der auch sehr genau weiß, wann er sich zurückhalten muss, weil schon so viel fertiggestellt ist.
    Fricke: Natürlich behaupten die meisten Bands von sich, einen einzigartigen Sound zu haben und sich nicht zu sehr darum zu kümmern, was sonst noch passiert. Aber die Hochzeiten von Dance-Punk, wie ihn DFA Records und LCD Soundsystem geprägt haben, sind eindeutig vorbei. Würdet ihr sagen, dass ihr eine der letzten verharrenden Bands seid, die die Fahne von Dance-Punk hoch hält?
    Thomas Wegg-Prosser: Nein, weil wir immer nach vorne schauen. Und uns ist es wirklich egal, wie das zweite Album von The Rapture klang und ob unser viertes Album ähnlich klingen wird. Solange Leute zu den Konzerten kommen, ist das unerheblich. Was aber auf keinen Fall klappt, ist die Vorstellung, mit einem bestimmten Sound aufs Frontcover des Q Magazine zu kommen. Du musst deinen eigenen Sound finden, der zu dir passt, und wenn die Leute den hören wollen, dann passt alles. Aber ich sehe uns nicht als letzte Band am Elektro Beach, während das Schiff schon abgelegt hat.
    Live auf der Bühne
    Fricke: Ich habe eure Band live immer verpasst, aber ich nehme an, so oft wie ihr gebucht werdet, seid ihr gute Performer?
    Thomas Wegg-Prosser:
    Ja, wir spielen viel. Wir bringen positive Energie mit und nehmen die Dinge nicht so ernst. Aber wir sind auch jedes Mal mit aller Hingabe dabei. Wir gehen niemals auf die Bühne mit der Vorstellung, sich jetzt einfach aus der Affäre zu ziehen. Wir wissen immer, dass wir was reißen können.
    Fricke: Und wer kommt zu den Konzerten?
    Thomas Wegg-Prosser: Das ist sehr unterschiedlich. Manchmal kommt der alte Rocker oder der Rave-Veteran, der total drauf abfährt. Altersmäßig bedienen wir ein breites Spektrum. In Frankreich ist das Publikum meistens ziemlich alt. In Deutschland sind ein paar Jugendliche darunter, aber es ist sehr gemischt. Aber das ist gut so, weil die meisten Fans Einflüsse der letzten 30 Jahre in unserer Musik hören, von den späten 70ern angefangen. Und die Leute beziehen sich auch darauf. Wenn wir nach der Show T-Shirts verkaufen, erzählen uns die Fans: "Mensch, so habe sich seit 1988 nicht mehr getanzt."
    Darren Bancroft: Und das hören wir so oft. Das ist so ein toller Satz – lustig, aber auch wirklich anrührend. Klasse, dann komm auch zur nächsten Show.
    Dede Wegg-Prosser: Und die Kids in der ersten Reihe...
    Thomas Wegg-Prosser: Du spielst im Park, und da sind Teenies in der ersten Reihe mit Sonnenbrillen, die sich wie Hipster benehmen.
    Fricke: Ihr könntet also anhand des Ausblicks von der Bühne raten, in welchem Land ihr spielt?
    Thomas Wegg-Prosser: Wir wären zumindest nah dran.
    Dede Wegg-Prosser: Auf jeden Fall. Dreh mich um die Achse, zieh mir die Augenbinde runter...
    Thomas Wegg-Prosser: ...und ich sag dir, wo wir sind. Interessantes Spiel, aber leider unmöglich zu spielen.