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Weichenstellung für Zyperns Zukunft

Im türkischen Teil der Mittelmeerinsel Zypern wird am kommenden Sonntag ein neues Parlament gewählt. Umfragen sagen einen Wechsel der Regierung voraus. Ein Sieg der national ausgerichteten Opposition könnte die Verhandlungen über eine Wiedervereinigung ins Stocken bringen und die endgültige Teilung der Insel herbeiführen.

Von Christiane Sternberg | 17.04.2009
    "Glücklich ist derjenige, der sich ein Türke nennt!"

    Tausendfacher Jubel brandete auf, als 1983 die Türkische Republik Nordzypern proklamiert wurde. Inzwischen hat sich die Euphorie gelegt, der Alltag ist eingekehrt. Seit 25 Jahren geht in Nordzypern das Leben seinen gewohnten Gang. Es gibt Universitäten und ein funktionierendes Gesundheitssystem. Die Bewohner fahren neue Autos, heiraten und bekommen Kinder. Es gibt einen Präsidenten, eine Regierung und am 19. April wird ein neues Parlament gewählt.

    Aber streng genommen existiert dieser Staat gar nicht. Der Norden der Insel Zypern ist ein vom türkischen Militär besetztes Territorium und daher völkerrechtlich nicht anerkannt. Von der ursprünglichen Republik Zypern, die einmal Heimat für türkische und griechische Zyprer gemeinsam war, ist nur noch der Rumpfstaat im Süden übriggeblieben.

    Die kleine Insel im Mittelmeer, gerade mal halb so groß wie Sachsen, ist seit nunmehr 35 Jahren geteilt. Die meisten Bewohner, zumal die jüngeren, haben sich mit diesem Zustand arrangiert. Nur noch die Alten erinnern sich an die Zeit, als auf Zypern alle friedlich miteinander lebten.

    In den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts war Zypern britische Kronkolonie. Nach dem Zweiten Weltkrieg forderten die griechischen Zyprer ein Ende der Kolonialherrschaft und Anschluss an Griechenland. Für die türkischen Zyprer, die etwa 18 Prozent der Bevölkerung ausmachten, war das völlig inakzeptabel. Sie bekundeten ihre Loyalität mit dem Gouverneur und wurden als Polizeikräfte gegen randalierende Zypern-Griechen eingesetzt. Denn als London Zypern die Unabhängigkeit verwehrte, kam es zur Rebellion gegen die Kolonialmacht. Und auch zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen eskalierte die Gewalt, wie Nachrichten aus dem Jahre 1956 vermelden:

    "Zusätzlich zu den Zusammenstößen mit den griechischen Zyprern müssen die Briten den Frieden zwischen den türkischen und griechischen Fraktionen sichern. Jede von ihnen strebt die Vereinigung der Insel mit dem jeweiligen Mutterland an. Bei einem Bombenanschlag auf einen Lastwagen der britischen Armee wurden zwei Soldaten getötet und zwölf verletzt."

    Die griechisch-zyprische Geheimorganisation EOKA, die gegen die Briten kämpfte, trat für den Anschluss ganz Zyperns an Griechenland ein. Auf der türkisch-zyprischen Seite machte sich die paramilitärische Organisation TMT für eine Teilung der Insel stark. Die nationalistischen Kräfte unterminierten die Gesellschaft, beide Volksgruppen befehdeten sich heftig.

    Es schien nur einen Ausweg zu geben: Am 16. August 1960 entließ Großbritannien die Insel in die Unabhängigkeit. Am 1. Oktober des gleichen Jahres wurde die Republik Zypern proklamiert. Griechenland, Großbritannien und die Türkei fungierten als Garantiemächte, die über die Einhaltung der Verfassung wachen sollten. In dieser fragilen vertraglichen Konstruktion sieht der Historiker Hubert Faustmann von der Universität Nikosia die Wurzel des modernen Zypern-Problems.

    "Und jetzt sollen diese zwei verfeindeten Volksgruppen, in einer Verfassung, die beiden Seiten Veto- und Blockaderechte einräumt, miteinander regieren. Und das klappt nicht. Es ist ein bisschen eine Republik ohne Republikaner, die dieses Staatswesen wirklich leben wollen. Einer Minderheit von 18 Prozent so viele Rechte einzuräumen, ist das Ungewöhnliche. Das, was griechische Zyprioten als ungerecht empfinden und was türkische Zyprioten als ihr erworbenes und mit der Unterschrift der griechischen Zyprioten besiegeltes Recht ansehen, das ihnen genommen wurde."

    Gemeint ist der Plan von Präsident Makarios, die türkischen Zyprer drei Jahre nach der Unabhängigkeit wieder auf ihre Rolle als Minderheit zu reduzieren. Im Dezember 1963 kommt es daraufhin zum Ausbruch von Gewalt zwischen beiden Volksgruppen, die 1964 zu bürgerkriegsartigen Zuständen führt. Die Vereinten Nationen schicken ein Kontingent nach Zypern, um die Situation zu befrieden. Vergeblich! Die Zyperntürken ziehen sich zu ihrem eigenen Schutz in Enklaven zurück.

    "Gerade die Jahre 1964 bis 1967 waren schlimme Jahre für die türkischen Zyprioten, weil die griechischen Zyprioten ein Embargo auf diese Enklaven gelegt haben. Wer aus der Enklave raus wollte, ist oft verschwunden, schikaniert worden. Es hat viele Tote gegeben. Es hat Tote auf beiden Seiten gegeben 1963 bis 1964, aber es hat deutlich mehr türkisch-zypriotische Tote gegeben. Das sind die Leidensjahre der türkischen Zyprioten, die bis heute zur Rechtfertigung dafür genommen werden, dass man sich 1974 einen Teil der Insel angeeignet hat und Kontrolle über Territorium braucht."

    1974 putscht griechisches Militär gegen den zyprischen Präsidenten Makarios. Diesen gewaltsamen Eingriff in die politischen Verhältnisse auf Zypern betrachtet die Regierung in Ankara als Bruch der Verfassung und schreitet ein. Am 20. Juli 1974 um acht Uhr verkündet der türkische Premierminister Bülent Ecevit über "Radio Bayrak", dass der Einmarsch der türkischen Armee begonnen habe.

    "Wir kommen nicht nach Zypern, um Krieg zu führen, sondern um den Frieden zu bringen."

    Aus der militärischen Intervention wurde eine Invasion, bei der die türkische Armee 37 Prozent des Territoriums besetzte und die faktische Teilung der Insel herbeiführte. Es gab Tausende Vertriebene, Tote und Verwundete. Noch immer werden viele Menschen vermisst, die damals spurlos verschwanden. Die türkischen Streitkräfte wurden nicht wieder abgezogen. Bis heute sind rund 40.000 Soldaten in Nordzypern stationiert.
    Ein Jahr später, 1975, erfolgte mit einem Bevölkerungsaustausch die "ethnische Säuberung" - der Norden blieb den Zypern-Türken, der Süden den Zypern-Griechen. Schon damals begannen Verhandlungen zwischen beiden Seiten über eine Wiedervereinigung, die sich jahrelang erfolglos hinzogen.

    Doch dann kam der Tag, an dem ein einzelner Politiker Zypern den Rückweg zur Einheit versperrte. Rauf Denktaş, Führer der Zypern-Türken, machte am 15. November 1983 aus der vorläufigen föderalen Einheit Nordzypern eine souveräne Republik Nordzypern.

    "Am 14. November lud ich die Opposition zum Dinner. Bis Mitternacht hatten alle Spaß, dann verkündete ich: 'Gentlemen, morgen gründen wir eine Republik. Wenn Sie gegen die Unabhängigkeit stimmen, verlieren Sie Ihre Sitze im Parlament.' Es gab eine einstimmige Wahl und ich hielt eine Rede an das Volk. Ich glaube, die war ganz gut."

    Rauf Denktaş sollte 22 Jahre lang, von 1983 bis 2005, Präsident der Türkischen Republik Nordzypern bleiben. Trotz intensiver Verhandlungen zwischen Nord und Süd in diesen zwei Jahrzehnten kam es nie zu einer Einigung. Denktaş torpedierte alle Anläufe in Richtung Einheit. Der Zypern-Konflikt setzte Staub an und schien, international in Vergessenheit geraten zu sein.

    "Das ändert sich in den späten 90er-Jahren, als sich die Republik Zypern erfolgreich um eine EU-Mitgliedschaft bewirbt und dieser Beitrittsprozess vorankommt. Das bedeutet, dass die geteilte Republik Zypern, die de facto griechisch-zypriotisch kontrollierte Republik Zypern, ein Veto-Recht über die Aufnahme der Türkei in die EU erhalten würde. Und das ist ein Alptraumszenario für die Regierung in Ankara, die versucht, in die EU hereinzukommen."

    Erneut kommt es zu internationalen Bemühungen um eine Lösung des Zypernproblems. Und auch die türkischen Zyprer werden aktiv. Ihr Wunsch, in einem geeinten Zypern der EU anzugehören, wendet sich gegen die nationalistischen Politiker im eigenen Land. Schließlich muss Denktaş von der politischen Bühne abtreten. Sein Gegenspieler wird 2004 Mehmet Ali Talat, damals Ministerpräsident, heute Präsident der Republik Nordzypern. Er und seine Republikanische Türkische Partei (CTP) stehen für den Wunsch nach der Einheit Zyperns.

    Ein Friedensplan, benannt nach dem damaligen UNO-Generalsekretär Kofi Annan, soll auf die Schnelle 2004 noch zwei Wochen vor dem Beitritt Zyperns in die EU umgesetzt werden. Die Zypern-Türken wähnen sich auf dem Weg in eine bessere Zukunft. Vor dem Referendum zeugen Transparente und Fahnen mit der Aufschrift "Evet!" ("Ja!") davon, dass sie es ernst meinen. Auf Massen-Demonstrationen ertönt immer wieder die Parole: "Den Frieden in Zypern kann man nicht aufhalten!"

    Doch auf die Euphorie folgt am Abend des 24. April 2004 die Ernüchterung. Der Friedensplan ist bei der Bevölkerung im Süden durchgefallen. 76 Prozent der Zyperngriechen stimmten mit "Nein". Ihre politischen Repräsentanten, allen voran der Hardliner-Präsident Tassos Papadopoulos, hatte das 9000 Seiten umfassende Konzept als "türkenfreundlich" und das angestrebte Staatswesen als "unregierbar" gebrandmarkt.

    Auch wenn die Zypern-Türken zusehen müssen, wie ihre Brüder und Schwestern im Süden nun ohne sie EU-Bürger werden, bleibt der Weg offen. Von der EU kommt finanzielle Hilfe und moralische Rückendeckung.

    Der eigentliche Aufschwung der Türkischen Republik Nordzypern beginnt nach dem verpatzten Referendum. Die Hoffnung auf eine Wiedervereinigung der Insel ist trotz der verpassten Chance so lebendig wie nie zuvor. Investoren kommen ins Land, der Touristenstrom nimmt zu, die Bauindustrie boomt: allerdings nicht nur auf Kosten der Umwelt, sondern auch der wahren Grundstückseigentümer. Denn das Land, auf dem so eifrig gebaut wird, gehört nicht den türkisch-zyprischen Bewohnern. Rund 90 Prozent der Grundstücke sind Eigentum griechisch-zyprischer Flüchtlinge, die ihren Besitz 1974 zurücklassen mussten.

    Doch darauf wird wenig Rücksicht genommen. Der allgemeine Konsens bei den Zypern-Türken lautet: "Wir können unser Leben nicht einfrieren, bis das Zypern-Problem endlich gelöst ist." Und so schießen Feriensiedlungen, Hotels und Casinos wie Pilze aus dem Boden. Angesichts der guten Aussichten geizen die Banken nicht mit Krediten.
    Auch von den Vorteilen ihres nationalen Zwitterdaseins machen die Zypern-Türken gern Gebrauch. Da sie von der Republik Zypern als deren Staatsbürger betrachtet werden, haben sie als solche auch Anspruch auf einen EU-Pass, genießen Reisefreiheit und die kostenlose Gesundheitsfürsorge im Süden.

    Die Dynamik des Aufschwungs reißt anfangs alle mit. Nach drei Jahren aber kommt das böse Erwachen. Das Geld in der Tasche wird immer weniger, die Wirtschaft befindet sich auf Talfahrt. Halil Mehmet Halil, Besitzer des Restaurants an der alten Kreuzritterburg Kantara, müsste eigentlich von dem Touristenmagneten profitieren. Aber selbst er stimmt ein Klagelied an:

    "Ich habe mehr als die Hälfte meiner Kunden verloren. Ein Großteil davon waren Touristen. Jetzt kommen kaum noch welche. Es wird überhaupt immer schlimmer, weil die Steuern und die Strompreise viel zu hoch sind. Normalerweise sollten es zehn Prozent vom Umsatz sein, aber bei uns gehen 50 Prozent für Elektrizität drauf. Alles fließt in die Taschen der Regierung. Deshalb haben die Leute kein Geld, ins Restaurant zu gehen. So habe ich auch die Hälfte der einheimischen Kundschaft verloren."

    Viele Zypern-Türken, denen es ebenso geht wie Halil, hoffen auf einen Regierungswechsel. Die um ein Jahr vorgezogene Parlamentswahl am 19. April ist Ausdruck für die prekäre Situation, in der sich der türkisch-zyprische Staat befindet. Die Republikanische Türkische Partei (CTP) hat in den vergangenen fünf Jahren ihren Avantgarde-Bonus verspielt. Nach neuesten Umfragen sind 71 Prozent der Bevölkerung unzufrieden mit der wirtschaftlichen Situation im Lande und geben der Vetternwirtschaft der Regierungspartei die Schuld.

    Das Pro-Kopf-Einkommen in Nordzypern beläuft sich auf umgerechnet etwa 11.300 Euro. Jeden Monat, so die Handelskammer, gehen 600 Arbeitsplätze verloren. Die Regierung ist so knapp bei Kasse, dass Ende 2008 die Gehälter des Öffentlichen Dienstes auf dem Spiel standen. Steuern und andere Abgaben steigen stetig. Die Baubranche, neben dem Tourismus zweites ökonomisches Standbein, liegt am Boden. Investitionsruinen unzähliger Ferienhäuser gehören überall zum Landschaftsbild.

    Das ist die Stunde für die Nationale Einheitspartei UBP, die 26 Jahre lang das Ruder in der Hand hielt und jetzt wieder aus der Oppositionsrolle an die Macht strebt. Dr. Şerife Ünverdi, Zahnärztin und UBP-Abgeordnete, kennt die Schwachstellen des politischen Gegners.

    "Der größte Fehler der CTP war es, die ausgebildeten Beamten zu entlassen und dafür unerfahrene Mitarbeiter zu beschäftigen. Mit der Einstellung von 7000 Angestellten im Öffentlichen Dienst hat das Dilemma begonnen. Nur Anhänger der Regierungspartei wurden eingestellt. Schon im Jahre 2007 klaffte im Budget eine Lücke von 400 Millionen Türkischen Lira. Die hat sich inzwischen mehr als verdoppelt."

    Aber nicht nur die ökonomische Misere ist Schuld am Missmut der Bevölkerung. An eine Wiedervereinigung glaubt inzwischen kaum noch jemand. Obwohl mit dem Amtsantritt eines linken Präsidenten in Südzypern die Friedensbemühungen voriges Jahr wieder in Gang kamen, geht es den Zypern-Türken viel zu langsam.

    In mühsamer Kleinarbeit berät der griechisch-zyprische Präsident Dimitris Christofias mit seinem türkisch-zyprischen Konterpart Mehmet Ali Talat seit September 2008 über das Konzept einer Vereinigung. Die beiden moderaten Verhandlungsführer nähern sich mit vorsichtigen Kompromissen einer Lösung an. Drei der sechs zu verhandelnden Kapitel sind seither debattiert worden. Eine vollständige Einigung wurde bei keinem erzielt. Die strittigen Fragen liegen vorläufig auf Eis, damit der Gesprächsprozess nicht ins Stocken gerät.

    Die Parlamentswahl im Norden platzt nun mitten hinein in den Friedensdialog. Im Falle eines Wahlsieges der Nationalisten würde Präsident Talat womöglich die Rückendeckung der Regierung verlieren. Der UBP-Vorsitzende Derviş Eroğlu kündigte bereits an, den Präsidenten nicht mehr allein an den Verhandlungstisch zu schicken, um mehr für die türkisch-zyprische Seite herauszuschlagen: größere Machtbefugnisse für die Bundesländer in einer Vereinigten Republik Zypern, den Verbleib von türkischem Militär auf der Insel oder die Beibehaltung der Garantiestellung der Türkei. Denn Ankara selbst hat ein ganz besonderes Interesse an der Entwicklung in Nordzypern.

    Das Zypern-Problem wird von der Türkei als "nationale Frage" betrachtet. Die Türkische Republik Nordzypern ist ökonomisch und sicherheitspolitisch komplett vom türkischen Mutterland abhängig und wird auch innenpolitisch stark von der Türkei dominiert. Polizei und Feuerwehr stehen nicht unter der Verwaltung der türkischen Zyprer, sondern unter dem Kommando der türkischen Streitkräfte in Zypern.

    Auch die demografische Struktur wurde stark turkifiziert. Seit 1974 kamen anatolische Siedler auf die Insel, um die geringe Bevölkerungsdichte in dem besetzten Gebiet aufzufüllen. Ihre Zahl übersteigt inzwischen die der einheimischen Zypern-Türken.

    Muhittin Tolga Özsağlam, Dozent für Internationale Beziehungen an der Near East University in Nordzypern, erläutert, warum Zypern fast 450 Jahre nach der osmanischen Eroberung für die Türkei noch immer von Bedeutung ist.

    "Die Türken denken nicht in Kategorien wie die Europäer. Für sie ist Zypern eine Prestigefrage. Ihre Mentalität basiert auf der Tradition von Dschingis Khan. Sie legen keinen Wert auf die ökonomische Erschließung eroberter Gebiete. Ihnen geht es um die politische Herrschaft, um Ansehen und Macht. Sie wollen die Insel einfach nicht verlieren. Andererseits brauchen sie Zypern auch als wichtiges Faustpfand beim Feilschen um die EU-Mitgliedschaft."

    Die Türkei unterstützt offiziell die Bemühungen um eine Lösung des Zypern-Problems - unter anderem, weil die EU darauf besteht, dass Ende des Jahres an türkischen Häfen und Flughäfen endlich die Sperre für griechisch-zyprische Schiffe und Flugzeuge aufgehoben wird. Um zu vermeiden, mit einem solchen Schritt die Republik Zypern anerkennen zu müssen, versucht Ankara eine Wiedervereinigung zu befördern und damit die Forderung der EU auf Umwegen zu erfüllen.

    Die Türkei braucht in Zypern einen starken Mann, der ihre Interessen durchsetzt, damit ein eventuell wiedervereintes EU-Mitglied Zypern die Vollmitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union unterstützt. Kommt es nicht zur Wiedervereinigung, behält Ankara Nordzypern als Trumpf für weitere Verhandlungen im Ärmel.

    Der Kampf um die Vorherrschaft im türkisch-zyprischen Parlament an diesem Wahlsonntag ist nicht nur ein Ringen um die Neuverteilung der Pfründe. Auf dem Spiel steht auch das Schicksal der gesamten Insel. Wenn die Nationalisten gewinnen und die Friedensverhandlungen an deren kompromissloser Haltung scheitern, könnte das die endgültige Teilung der Insel bedeuten. Auf die Frage, ob sie noch an eine Lösung des Zypern-Problems glauben, zucken die Einheimischen die Schultern und antworten mit der Schicksalsformel: "Inschallah!"