Archiv


"Weimar überfordert mit eigener Kultur"

Der Vorsitzender des Kuratoriums der Weimarer Anna Amalia Bibliothek, Paul Raabe, hat angekündigt, den Weimarpreis zurückzugeben. Die Auszeichnung wurde ihm 2007 für seine Verdienste um Weimar zuerkannten. Als Grund hat Raabe den von der Stadt geplanten Verkauf des Hauses der Frau von Stein an einen spanischen Kunsthändler angegeben. "Es geht nicht an, dass eine Stadt wie Weimar, so mit diesem klassischen Erbe umgeht", kommentiert Raabe das Vorhaben.

Paul Raabe im Gespräch mit Beatrix Novy |
    Paul Raabe: Jetzt kann man natürlich so ein Dali-Museum in Weimar machen, nur nicht an dieser Stelle zwischen dem Park und den klassischen Stätten, also der Bibliothek und dem Fürstenhaus. Das ist eine ganz unglückliche Geschichte. Und ich habe sehr bedauert, dass die Klassikstiftung Weimar eigentlich zu spät reagiert hat. Sie hätte das im Vorfeld längst klären müssen.

    Ich finde, es geht auch nicht an, dass eine Stadt wie Weimar, die immerhin eine europäische Kulturstadt ist, so mit diesem klassischen Erbe umgeht. Das habe ich nicht verstanden. Und ich bin da mal für eingetreten, deshalb habe ich den Preis bekommen und deshalb gebe ich ihn zurück.

    Beatrix Novy: Sehen Sie das Vorgehen der Stadt in der Sache der Frau von Stein im Zusammenhang mit den Vorgängen gerade am Theater in Weimar?

    Raabe: Nein, das glaube ich nicht. Das hat nichts miteinander zu tun. Ich finde es nur aber auch symptomatisch für eine Stadt, die offensichtlich überfordert ist mit der Kultur, die Weimar schließlich auszeichnet und die Weimarer Kultur ist nicht für Weimar, sondern ist für ganz Europa da, und nicht nur für unser Land insgesamt, sondern für Europa. Und da scheint die Stadt, wenn ich das so sehe, überfordert zu sein.

    Novy: Auch in anderen Bereichen sehen Sie diese Überforderung?

    Raabe: So ist es.

    Novy: Welche?

    Raabe: Na ja, dass sie es nicht fertigbringt, alle an einen Tisch zu bringen, die mit der Kultur in Weimar zu tun haben, um das Beste aus der Kultur zu machen. Dazu gehört natürlich das Nationaltheater, genauso wie die Klassikstiftung Weimar. Das müsste eine andere Form haben, das habe ich in meiner Dankrede voriges Jahr auch noch mal gesagt. Ich kenne Weimar seit vielen Jahrzehnten und habe mich zwölf Jahre im Stiftungsrat sehr für die Stiftung eingesetzt und habe auch erreicht, dass die Bibliothek gebaut wurde, da habe ich so eine Art… darüber geredet, dass man das Themenmagazin baut. Ich habe durchaus meine Aktien in Weimar.

    Novy: Sie haben gerade gesagt, alle sollten sich an einen Tisch setzen, wie könnte man sich darüber hinaus vorstellen, wie eine Kulturpolitik in Weimar jenseits all dieser Sparzwänge funktionieren kann?

    Raabe: Ja, als vor anderthalb Jahren der Bundespräsident Horst Köhler in Weimar die Eröffnung der wiederhergestellten Bibliothek mitgefeiert hat, hat er ein Loblied auf die Bibliothekare gesungen und hat bei der Gelegenheit mich auch zitiert, weil ich geschrieben hatte, dass Weimar eine internationale Kulturstadt ist und dass es eine gesamtstaatliche Verantwortung für Weimar gibt, die weit über Weimar selbst hinausgeht.