Ein Weinberg in der Provence im Süden Frankreichs. Der Winzer Manuel Bernard schneidet mit einer Elektroschere die Weinstöcke zurecht.
"Der richtige Schnitt bestimmt die Menge der Trauben. Wir lassen hier sechs Triebe pro Ast, damit im Sommer nicht zu viele Trauben kommen. Ein Rebstock mit weniger Trauben bringt eine bessere Qualität hervor, eine höhere Konzentration an Tannin zum Beispiel."
Qualität oder Quantität, ein bisschen kann der Winzer das schon auf dem Weinberg beeinflussen, und im Keller kann man dann beim Keltern noch mal nachsteuern:
"Pro Hektar ernten wir so 5000 Kilogramm Trauben, das ergibt dann 40 Hektoliter Côtes-du-Rhone-Villages, wenn wir einfachen Côtes-du-Rhone machen, dann holen wir sogar 45 Hektoliter raus. Wenn wir beim Schneiden pro Ast sechs Triebe überlassen, dann ergibt das etwa diese Menge Wein. "
Wein wird aus Weintrauben gemacht. Bislang jedenfalls, und wenn es nach der Europäischen Kommission in Brüssel geht, dann wird das auch in Zukunft so bleiben. Das ist aber auch schon alles, was man mit Sicherheit sagen kann. Denn die geplante Reform der Weinmarktordnung wird voraussichtlich die Tür öffnen für neue Herstellungsmethoden, die mit den heutigen nicht mehr viel zu tun haben.
Besonders umstritten ist die so genannte Fraktionierung. Dabei wird der Wein in einer Reihe von Zentrifugen in seine Bestandteile zerlegt und dann von Geschmacksdesignern neu zusammengebaut. Das Verfahren wurde in den USA entwickelt, wo es seit Jahren in großem Stil eingesetzt wird.
Rudolf Nickenig vom Deutschen Weinbauverband fürchtet, dass durch diese Methoden aus dem Naturgut Wein ein Kunstprodukt wird. Mit der Fraktionierung lasse sich jeder beliebige Geschmack herstellen:
"Dass man das, was man besonders hervorheben will, sagen wir zum Beispiel ein Pfirsicharoma, dass man das verdichtet und dann hat man nachher ein sehr viel stärkeres Pfirsicharoma, als der Wein natürlicherweise haben sollte. In der Saftproduktion ist das durchaus üblich, aber das ist nicht mehr Wein, das ist industrielle Produktion. Das lehnen wir ab. "
Designerwein, lästern die einen. Das ist die Zukunft, sagen die anderen. Der Riss geht quer durch Europa. Vor allem die deutschen und die österreichischen Winzer sperren sich gegen die Zulassung der neuen Produktionsverfahren. In Spanien, Italien und Griechenland dagegen treten die Weinbauverbände für die modernen Weinbaumethoden ein. Frankreich ist der größte Weinproduzent der Welt, dort sind die Winzer gespalten. Das Sein bestimmt das Bewusstsein, meint der Vizepräsident des Agrarausschusses im Europaparlament, Friedrich Wilhelm Graefe zu Bahringdorf:
"Es geht immer darum: haben die in der Vergangenheit ihren Markt gefunden, haben sie höherpreisige Märkte, die sie bedienen können mit bestimmten Attributen, die sie den Verbraucherinnen und Verbrauchern auch garantieren müssen, dann sind sie für Markt und für Zurückhaltung bei raffinierter Technik. Sind sie in der Produktion von Massenweinen, die bislang nicht ihren Markt gefunden haben, dann denken sie, mit gewisser Raffinesse könnte man aus dem Aschenputtel eine Königin machen. "
Hintergrund der Auseinandersetzung ist die zunehmende Überproduktion in Europa. Es gibt zuviel Wein. Derzeit keltern die europäischen Winzer gut zwei Milliarden Liter mehr, als sie verkaufen können. Tendenz steigend. Der Überschuss wird zu billigem Industrieschnaps gebrannt, für Putzmittel zum Beispiel oder als Zusatz für Benzin in Automotoren.
600 Millionen Euro gibt die Europäische Union jedes Jahr nur für die kostspielige Beseitigung der Überschüsse aus. Dabei war die Destillierung ursprünglich nur für besonders schlimme Krisen gedacht, wenn es beispielsweise zuviel regnet und der Wein deshalb zu dünn wird. 2002 war so ein Jahr, erinnert sich die Winzerin Laurence Joly vom Weingut Rochebuissiere:
"2002 war ein Katastrophenjahr, viel zu viel Regen. Wir haben damals beschlossen, zwei Drittel der Trauben wegzuwerfen und nur die besseren zu ernten. Das haben nicht alle so gemacht. Viele Winzer hatten Panik und haben die Ernte in ihre Weinkeller gebracht, niemand wollte den Wein, er blieb monatelang in den Weintanks, weil er keine Abnehmer fand. "
Die Europäische Union hat diesen Wein dann aufgekauft und destillieren lassen. In Frankreich und Spanien wurden dadurch einige Höfe vor dem Ruin gerettet. Doch etliche Winzer haben daraus vor allem gelernt, dass auch schlechter Wein Geld bringt. Notfalls wird der Fusel eben destilliert, die Regierung in Paris oder Madrid wird sich schon drum kümmern und die EU wird zahlen. In manchen Gegenden haben die Winzer ihre Weinberge selbst auf die schlechtesten Böden ausgeweitet. Sie keltern Wein, nicht für die Kunden, sondern von vorneherein für die EU. Der grüne Europaabgeordnete Graefe zu Baringdorf fordert daher ein Ende der EU-Nothilfen.
"Wenn man eine Krisendestillation [...] schafft, dann schafft man die Krise. Denn wenn [man] die Aufnahme des überschüssigen Weins finanziell zu hoch angesetzt worden ist, dann lohnt es für einige Gebiete in diese Destillation zu produzieren und sie stimulieren dadurch einen ständigen Tiefstpreis für Wein. "
Im Europaparlament sehen die meisten Abgeordneten aus Südeuropa das anders. Nicht die mangelnde Qualität sei das Problem, sondern die Konkurrenz aus Übersee. Bis vor zehn Jahren kamen 70 Prozent aller Weinexporte aus der Europäischen Union, der Großteil davon aus Frankreich. Doch die neue Welt hat aufgeholt. Die USA, Chile, Südafrika und Australien liefern Weine, die im Supermarkt gut mithalten können. Noch ist die EU der größte Weinexporteur der Welt, doch der Vorsprung wird jedes Jahr kleiner und der Wettbewerb härter.
Geht es nach der EU-Kommission, dann sollen die europäischen Winzer künftig weniger Wein herstellen, aber dafür besseren. Dieser bessere Wein soll auch besser vermarktet werden. Denn im Gegensatz zu kalifornischen oder australischen Weinen kommen etwa die europäischen Etiketten oft noch sehr altbacken daher. Der italienische Konservative Giuseppe Castiglione ist einer der Weinexperten im Europäischen Parlament:
"Das Hauptthema dieser Reform, und da sind sich alle Akteure einig, ist, dass es großer Anstrengungen und Mittel bedarf, um europäischen Wein zu vermarkten. Eine Untersuchung der Europäischen Kommission hat ergeben, dass viele junge Europäer europäischen Wein nicht kennen, aber australischen. Der ist zwar von minderer Qualität, wird aber mit großem Aufwand vermarktet. Der europäische Wein wird das auch brauchen und deshalb suchen wir nach finanziellen Möglichkeiten, um damit die europäischen Weine angemessen vermarkten zu können."
Der italienische Abgeordnete Castiglione soll die Stimmung im Europäischen Parlament ausloten und bis zum Sommer die wichtigsten Elemente einer grundlegenden Reform des Weinmarktes zusammenstellen. Auf dieser Basis will die EU-Kommission dann einen konkreten Gesetzesvorschlag machen, wie der Weinmarkt reformiert werden soll. Die letzte Entscheidung liegt dann bei den Regierungen der Mitgliedsländer.
Sicher ist, dass es die von der EU-Kommission vorgeschlagene Zwangsrodung nicht geben wird. Die Kommission wollte alle Mitgliedstaaten verpflichten, einen Teil der Weinberge stillzulegen. Das hat das EU-Parlament mit breiter Mehrheit zurückgewiesen. Giuseppe Castiglione:
"Wir sind nicht einverstanden mit der Rodung der Weinberge beinah ohne jede Einschränkungen, denn während die EU roden lässt, werden in anderen Teilen der Welt neue Weinberge angelegt, ich denke da an China und Australien. Das ist also keine geeignete Maßnahme."
Einig sind sich die Europaabgeordneten, dass es auch im Weinsektor künftig mehr Markt geben soll. Doch was das bedeutet, darüber gehen die Meinungen auseinander. Die deutschen Abgeordneten wollen vor allem die Preisstützungen abschaffen. Die EU soll keine überschüssigen Weine mehr aufkaufen und zu Schnaps brennen. Dahinter steht die Erfahrung, dass deutsche Winzer das nicht mehr nötig haben. Noch in den 80er Jahren kam es vor, dass Moselwinzer hinterm Haus Schwimmbecken aufstellten, um unverkäuflichen Billigwein einzulagern. Solange, bis die EU ihn aufkaufte.
Aber das ist vorbei. Die deutschen Winzer haben aus dem Glykolskandal 1985 und aus der anschließenden Krise gelernt. Seither haben sie konsequent auf Qualität gesetzt. Für deutschen Riesling, Silvaner oder Weißburgunder gibt es keine Absatzprobleme. Deshalb entstehen in Deutschland auch keine Überschüsse, die man teuer destillieren müsste.
Ganz anders ist die Situation in Frankreich. Dort hat das Umdenken erst angefangen, erzählt die Winzerin Laurence Joly:
"Es bewegt sich etwas, aber nicht alle Winzer wollen ihre bisherige Arbeit in Frage stellen. Das ist auch eine Geschichte des französischen Weinbaus, wo über Jahrzehnte niemand Probleme hatte, seinen Wein loszuwerden. Selbst wenn es sehr mittelmäßiger Wein war. Heute stehen viele vor einer Mauer, es gibt neue Konkurrenten und es gibt Kunden, die sagen, ich trinke weniger, aber dafür besseren Wein. Es ist die ganze Einstellung, die man ändern muss. Die Winzer waren gewohnt, so viel Wein wie möglich aus den Trauben herauszuholen, aber jetzt ist Qualität gefragt. Da ist viel Arbeit nötig, vor allem aber eine psychologische Bereitschaft. Das ist vermutlich das Schwierigste. "
Die französischen Europaabgeordneten wollen deshalb keinesfalls auf die Möglichkeit der Destillation verzichten. Sie fordern zwar auch mehr Markt, aber sie meinen damit etwas anderes als ihre deutschen Kollegen. Sie wollen weniger Vorschriften und weniger Verbote bei der Herstellung des Weins. Was soll schlecht daran sein, fragen sie, wenn man den Wein in seine Bestandteile zerlegt und die dann neu zusammensetzt. Der Wein ist doch immer noch aus Trauben und er schadet durch die Zentrifugierung auch nicht der Gesundheit, jedenfalls nicht mehr als herkömmlicher Wein. In den USA sind solche Verfahren längst erlaubt. Der Vorteil ist, dass der Winzer damit einen Wein produzieren kann, der genau dem Geschmack der Zeit entspricht und jedes Jahr exakt gleich schmeckt.
José Ramón Fernandez ist Generalsekretär des Europäischen Weinkomitees in Brüssel. Dort geben vor allem französische Winzer den Ton an.
"Das Wichtigste ist jetzt, dass wir uns am Markt orientieren. Es hat keinen Sinn, wenn wir unseren Weinmarkt nur unter europäischen Gesichtspunkten regeln. Wir müssen der Dynamik und den Regeln des globalen Marktes Rechnung tragen. Deshalb wollen wir einen europäischen Gesetzesrahmen, der eine bessere Orientierung des Weinsektors auf dem Weltmarkt erlaubt, das heißt wir müssen in der Lage sein, besser auf die Wünsche und Vorstellungen der internationalen Kundschaft einzugehen. "
Für deutsche Winzer ist Wein nach wie vor ein Naturprodukt, hergestellt aus einem landwirtschaftlichen Erzeugnis, bei dem Wetter, Boden und Weinbautraditionen eine wichtige Rolle spielen. Geschmacklich, das räumt Rudolf Nickenig vom Deutschen Weinbauverband ein, geschmacklich könne er den modernen Produktionsmethoden nichts vorwerfen. Aber er lehnt sie trotzdem ab.
"Für mich hat es nichts mehr mit Wein zu tun, wenn man im Herstellungsprozess den Wein in seine Bestandteile zerlegt und ihn dann neu komponiert. Dadurch schmeckt er möglicherweise am Ende besser, das mag ja sein, das ist üblich in der allgemeinen Lebensmittelherstellung, aber das hat nichts mehr mit der Herstellung für ein landwirtschaftliches Produkt Wein zu tun. Das ist für mich die Grenze. "
Doch der Sündenfall ist längst passiert. Vor einem Jahr, im letzten Sommer, unterzeichnete die Europäische Union ein Weinhandelsabkommen mit den USA. Dieses Abkommen regelt die gegenseitige Anerkennung der Weinbaumethoden. Amerikanische Zentrifugen-Weine stehen längst auch in europäischen Supermarktregalen, ohne dass der Konsument es irgendwo auf dem Etikett erkennen könnte.
Der Grund für die europäische Nachgiebigkeit ist einfach: Europa exportiert fünfmal mehr Wein in die USA als umgekehrt von dort nach Europa geliefert wird. Ein Handelskrieg wegen der neuen Vinifizierungsmethoden hätte Europas Winzer weit härter getroffen als die amerikanischen. Darauf wollte es die EU-Kommission nicht ankommen lassen, deshalb stimmte sie dem Weinhandelsabkommen zu.
Aber mit dem Import amerikanischer Designerweine ist eine seltsame Situation entstanden. Den eigenen Winzern verbietet die Europäische Union die Verwendung von Zentrifugen bei der Weinproduktion, doch die Einfuhr solcher Weine in die EU ist erlaubt. Nicht nur französische, auch spanische, italienische und griechische Winzer fordern deshalb Chancengleichheit und mehr Freiheit bei der Vinifizierung. José Ramón Fernández vom Europäischen Weinkomitee:
"Wir wollen die Liste der Weinverfahren, die in der Europäischen Union erlaubt sind, gerne beibehalten. Aber das muss man dann auf internationaler Ebene diskutieren, am besten in der internationalen Weinorganisation OIV. Die Regeln müssen für alle gelten. Wenn man sich in der OIV auf neue Methoden einigt, dann müssen diese Verfahren auch in der Europäischen Union zugelassen werden. "
Für die deutschen Winzer wird es schwer werden, den Zug noch aufzuhalten. Zumal es lebensmitteltechnisch kaum noch Argumente gibt gegen die Designerweine. Ob ein Wein auf klassische Art und Weise hergestellt wurde oder ob er zerlegt und wieder zusammen gebaut wurde, das ist chemisch nicht mehr feststellbar. Und wieso sollen bei Wein Herstellungsverfahren verboten sein, die bei Fruchtsaft oder Limonade längst gang und gäbe sind.
Doch bei Wein zählt nicht nur der Inhalt der Flasche, sagt der Agrarexperte und Europaabgeordnete Graefe zu Baringdorf. Weintrinken hat mit Kultur zu tun, mit Phantasie und Emotionen und den Vorstellungen, die der Konsument mit dem Wein verbindet.
"Ich halte diese Vorstellung, hier in eine Konkurrenz mit den Amerikanern zu gehen, was es da für Tricks und Schliffs gibt, für falsch, sondern wir müssen uns auf das besinnen, was den europäischen und besonders den deutschen Wein in der Welt stark gemacht hat: Es ist der deutsche Riesling vom Rhein und nicht irgendein Geschmack, sondern was man damit verbindet, auch den Rhein zum Beispiel. Das ist Markt und nicht die chemische Zusammensetzung. "
Rudolf Nickenig vom Deutschen Weinbauverband hat noch ein anderes Argument. Der Weinbau hat unsere Landschaften geprägt, sagt er. Doch gerade die besonders schönen, aber schwer zugänglichen Weinberge wären die ersten, die stillgelegt würden, wenn man denselben Wein billig im Labor herstellen kann.
"Wir dürfen eben nicht bei der Kellerwirtschaft anfangen zu denken. Sondern wir müssen im Weinberg anfangen zu denken. Und diese Weinberge sind uralte Kulturlandschaften. Sie sind heute ein wichtiger Bestandteil von Tourismusgebieten. Die Weinberge müssen gerade an den Hängen, wie wir sie am Rhein, an der Mosel, an den anderen Nebenflüssen des Rheins haben, die müssen erhalten werden, nicht nur weil dort besonders gute Weine wachsen [...], sondern sie müssen erhalten werden, weil sie Grundlage von einer ganzen Tourismusbranche sind. "
Der Mann vom Deutschen Weinbauverband weiß, dass das als Begründung für ein Verbot neuer Herstellungsmethoden nicht ausreichen wird. Im Grunde geht es für die Traditionalisten nur noch um einen geordneten Rückzug: Wie viel der alten Weinbaukultur wird unter den neuen Bedingungen überleben können?
Dabei ist eine einfache Lösung durchaus vorstellbar: Die EU könnte die neuen Verfahren auch ihren Winzern erlauben, aber die wären verpflichtet, sie deutlich sichtbar zu erwähnen: Auf dem Etikett müsste dann stehen: "Mit Eichenspänen aromatisiert", oder "aus Weinbestandteilen zusammengesetzt."
Das aber möchten José Ramón Fernandez vom Weinkomitee und mit ihm die meisten südeuropäischen Winzer um jeden Preis verhindern:
"Sie werden auf keinem Lebensmittel Angaben über die Herstellungsmethoden finden. Ich sehe nicht, warum das beim Wein nun notwendig sein sollte. Im Gegenteil: Wir garantieren den Kunden, dass bei der Herstellung des Weins nur Verfahren verwendet wurden, die in der EU ausdrücklich erlaubt sind. "
Genüsslich weist Fernandez darauf hin, dass auch deutsche Winzer nicht alles auf ihre Weine schreiben wollen. Denn in Deutschland dürfen selbst Qualitätsweine gezuckert werden. In südlichen Ländern ist das strikt verboten. Dort darf allenfalls der aus Most gewonnene Traubenzucker zugesetzt werden.
Wenn es um Wein geht, hat jedes Land seine eigenen Traditionen, die es entschlossen verteidigt. Zwar sind fast alle Winzer inzwischen überzeugt, dass eine grundlegende Reform der europäischen Weinmarktordnung notwendig ist. Aber bitte bei den Anderen. Die Qualitätswinzer im Norden kritisieren die Überproduktion unverkäuflicher Massenweine rund ums Mittelmeer. Sie fordern ein Ende der Destillierung, mit denen die EU die Preise stützt.
Die meisten Winzer im Süden Europas dagegen glauben, dass auch einfache Weine durchaus Kunden finden würden, wenn die Vermarktung besser wäre. Vor allem aber, wenn die Europäische Union ihnen nicht länger verbieten würde, mit moderner Technik das Beste aus ihrem Wein herauszuholen.
Am Ende wird - wie immer in der Europäischen Union - ein Kompromiss stehen: Ein bisschen weniger Destillation, statt dessen Zuschüsse für bessere Werbung und wohl eine vorsichtige Öffnung für neue Produktionsmethoden.
"Der richtige Schnitt bestimmt die Menge der Trauben. Wir lassen hier sechs Triebe pro Ast, damit im Sommer nicht zu viele Trauben kommen. Ein Rebstock mit weniger Trauben bringt eine bessere Qualität hervor, eine höhere Konzentration an Tannin zum Beispiel."
Qualität oder Quantität, ein bisschen kann der Winzer das schon auf dem Weinberg beeinflussen, und im Keller kann man dann beim Keltern noch mal nachsteuern:
"Pro Hektar ernten wir so 5000 Kilogramm Trauben, das ergibt dann 40 Hektoliter Côtes-du-Rhone-Villages, wenn wir einfachen Côtes-du-Rhone machen, dann holen wir sogar 45 Hektoliter raus. Wenn wir beim Schneiden pro Ast sechs Triebe überlassen, dann ergibt das etwa diese Menge Wein. "
Wein wird aus Weintrauben gemacht. Bislang jedenfalls, und wenn es nach der Europäischen Kommission in Brüssel geht, dann wird das auch in Zukunft so bleiben. Das ist aber auch schon alles, was man mit Sicherheit sagen kann. Denn die geplante Reform der Weinmarktordnung wird voraussichtlich die Tür öffnen für neue Herstellungsmethoden, die mit den heutigen nicht mehr viel zu tun haben.
Besonders umstritten ist die so genannte Fraktionierung. Dabei wird der Wein in einer Reihe von Zentrifugen in seine Bestandteile zerlegt und dann von Geschmacksdesignern neu zusammengebaut. Das Verfahren wurde in den USA entwickelt, wo es seit Jahren in großem Stil eingesetzt wird.
Rudolf Nickenig vom Deutschen Weinbauverband fürchtet, dass durch diese Methoden aus dem Naturgut Wein ein Kunstprodukt wird. Mit der Fraktionierung lasse sich jeder beliebige Geschmack herstellen:
"Dass man das, was man besonders hervorheben will, sagen wir zum Beispiel ein Pfirsicharoma, dass man das verdichtet und dann hat man nachher ein sehr viel stärkeres Pfirsicharoma, als der Wein natürlicherweise haben sollte. In der Saftproduktion ist das durchaus üblich, aber das ist nicht mehr Wein, das ist industrielle Produktion. Das lehnen wir ab. "
Designerwein, lästern die einen. Das ist die Zukunft, sagen die anderen. Der Riss geht quer durch Europa. Vor allem die deutschen und die österreichischen Winzer sperren sich gegen die Zulassung der neuen Produktionsverfahren. In Spanien, Italien und Griechenland dagegen treten die Weinbauverbände für die modernen Weinbaumethoden ein. Frankreich ist der größte Weinproduzent der Welt, dort sind die Winzer gespalten. Das Sein bestimmt das Bewusstsein, meint der Vizepräsident des Agrarausschusses im Europaparlament, Friedrich Wilhelm Graefe zu Bahringdorf:
"Es geht immer darum: haben die in der Vergangenheit ihren Markt gefunden, haben sie höherpreisige Märkte, die sie bedienen können mit bestimmten Attributen, die sie den Verbraucherinnen und Verbrauchern auch garantieren müssen, dann sind sie für Markt und für Zurückhaltung bei raffinierter Technik. Sind sie in der Produktion von Massenweinen, die bislang nicht ihren Markt gefunden haben, dann denken sie, mit gewisser Raffinesse könnte man aus dem Aschenputtel eine Königin machen. "
Hintergrund der Auseinandersetzung ist die zunehmende Überproduktion in Europa. Es gibt zuviel Wein. Derzeit keltern die europäischen Winzer gut zwei Milliarden Liter mehr, als sie verkaufen können. Tendenz steigend. Der Überschuss wird zu billigem Industrieschnaps gebrannt, für Putzmittel zum Beispiel oder als Zusatz für Benzin in Automotoren.
600 Millionen Euro gibt die Europäische Union jedes Jahr nur für die kostspielige Beseitigung der Überschüsse aus. Dabei war die Destillierung ursprünglich nur für besonders schlimme Krisen gedacht, wenn es beispielsweise zuviel regnet und der Wein deshalb zu dünn wird. 2002 war so ein Jahr, erinnert sich die Winzerin Laurence Joly vom Weingut Rochebuissiere:
"2002 war ein Katastrophenjahr, viel zu viel Regen. Wir haben damals beschlossen, zwei Drittel der Trauben wegzuwerfen und nur die besseren zu ernten. Das haben nicht alle so gemacht. Viele Winzer hatten Panik und haben die Ernte in ihre Weinkeller gebracht, niemand wollte den Wein, er blieb monatelang in den Weintanks, weil er keine Abnehmer fand. "
Die Europäische Union hat diesen Wein dann aufgekauft und destillieren lassen. In Frankreich und Spanien wurden dadurch einige Höfe vor dem Ruin gerettet. Doch etliche Winzer haben daraus vor allem gelernt, dass auch schlechter Wein Geld bringt. Notfalls wird der Fusel eben destilliert, die Regierung in Paris oder Madrid wird sich schon drum kümmern und die EU wird zahlen. In manchen Gegenden haben die Winzer ihre Weinberge selbst auf die schlechtesten Böden ausgeweitet. Sie keltern Wein, nicht für die Kunden, sondern von vorneherein für die EU. Der grüne Europaabgeordnete Graefe zu Baringdorf fordert daher ein Ende der EU-Nothilfen.
"Wenn man eine Krisendestillation [...] schafft, dann schafft man die Krise. Denn wenn [man] die Aufnahme des überschüssigen Weins finanziell zu hoch angesetzt worden ist, dann lohnt es für einige Gebiete in diese Destillation zu produzieren und sie stimulieren dadurch einen ständigen Tiefstpreis für Wein. "
Im Europaparlament sehen die meisten Abgeordneten aus Südeuropa das anders. Nicht die mangelnde Qualität sei das Problem, sondern die Konkurrenz aus Übersee. Bis vor zehn Jahren kamen 70 Prozent aller Weinexporte aus der Europäischen Union, der Großteil davon aus Frankreich. Doch die neue Welt hat aufgeholt. Die USA, Chile, Südafrika und Australien liefern Weine, die im Supermarkt gut mithalten können. Noch ist die EU der größte Weinexporteur der Welt, doch der Vorsprung wird jedes Jahr kleiner und der Wettbewerb härter.
Geht es nach der EU-Kommission, dann sollen die europäischen Winzer künftig weniger Wein herstellen, aber dafür besseren. Dieser bessere Wein soll auch besser vermarktet werden. Denn im Gegensatz zu kalifornischen oder australischen Weinen kommen etwa die europäischen Etiketten oft noch sehr altbacken daher. Der italienische Konservative Giuseppe Castiglione ist einer der Weinexperten im Europäischen Parlament:
"Das Hauptthema dieser Reform, und da sind sich alle Akteure einig, ist, dass es großer Anstrengungen und Mittel bedarf, um europäischen Wein zu vermarkten. Eine Untersuchung der Europäischen Kommission hat ergeben, dass viele junge Europäer europäischen Wein nicht kennen, aber australischen. Der ist zwar von minderer Qualität, wird aber mit großem Aufwand vermarktet. Der europäische Wein wird das auch brauchen und deshalb suchen wir nach finanziellen Möglichkeiten, um damit die europäischen Weine angemessen vermarkten zu können."
Der italienische Abgeordnete Castiglione soll die Stimmung im Europäischen Parlament ausloten und bis zum Sommer die wichtigsten Elemente einer grundlegenden Reform des Weinmarktes zusammenstellen. Auf dieser Basis will die EU-Kommission dann einen konkreten Gesetzesvorschlag machen, wie der Weinmarkt reformiert werden soll. Die letzte Entscheidung liegt dann bei den Regierungen der Mitgliedsländer.
Sicher ist, dass es die von der EU-Kommission vorgeschlagene Zwangsrodung nicht geben wird. Die Kommission wollte alle Mitgliedstaaten verpflichten, einen Teil der Weinberge stillzulegen. Das hat das EU-Parlament mit breiter Mehrheit zurückgewiesen. Giuseppe Castiglione:
"Wir sind nicht einverstanden mit der Rodung der Weinberge beinah ohne jede Einschränkungen, denn während die EU roden lässt, werden in anderen Teilen der Welt neue Weinberge angelegt, ich denke da an China und Australien. Das ist also keine geeignete Maßnahme."
Einig sind sich die Europaabgeordneten, dass es auch im Weinsektor künftig mehr Markt geben soll. Doch was das bedeutet, darüber gehen die Meinungen auseinander. Die deutschen Abgeordneten wollen vor allem die Preisstützungen abschaffen. Die EU soll keine überschüssigen Weine mehr aufkaufen und zu Schnaps brennen. Dahinter steht die Erfahrung, dass deutsche Winzer das nicht mehr nötig haben. Noch in den 80er Jahren kam es vor, dass Moselwinzer hinterm Haus Schwimmbecken aufstellten, um unverkäuflichen Billigwein einzulagern. Solange, bis die EU ihn aufkaufte.
Aber das ist vorbei. Die deutschen Winzer haben aus dem Glykolskandal 1985 und aus der anschließenden Krise gelernt. Seither haben sie konsequent auf Qualität gesetzt. Für deutschen Riesling, Silvaner oder Weißburgunder gibt es keine Absatzprobleme. Deshalb entstehen in Deutschland auch keine Überschüsse, die man teuer destillieren müsste.
Ganz anders ist die Situation in Frankreich. Dort hat das Umdenken erst angefangen, erzählt die Winzerin Laurence Joly:
"Es bewegt sich etwas, aber nicht alle Winzer wollen ihre bisherige Arbeit in Frage stellen. Das ist auch eine Geschichte des französischen Weinbaus, wo über Jahrzehnte niemand Probleme hatte, seinen Wein loszuwerden. Selbst wenn es sehr mittelmäßiger Wein war. Heute stehen viele vor einer Mauer, es gibt neue Konkurrenten und es gibt Kunden, die sagen, ich trinke weniger, aber dafür besseren Wein. Es ist die ganze Einstellung, die man ändern muss. Die Winzer waren gewohnt, so viel Wein wie möglich aus den Trauben herauszuholen, aber jetzt ist Qualität gefragt. Da ist viel Arbeit nötig, vor allem aber eine psychologische Bereitschaft. Das ist vermutlich das Schwierigste. "
Die französischen Europaabgeordneten wollen deshalb keinesfalls auf die Möglichkeit der Destillation verzichten. Sie fordern zwar auch mehr Markt, aber sie meinen damit etwas anderes als ihre deutschen Kollegen. Sie wollen weniger Vorschriften und weniger Verbote bei der Herstellung des Weins. Was soll schlecht daran sein, fragen sie, wenn man den Wein in seine Bestandteile zerlegt und die dann neu zusammensetzt. Der Wein ist doch immer noch aus Trauben und er schadet durch die Zentrifugierung auch nicht der Gesundheit, jedenfalls nicht mehr als herkömmlicher Wein. In den USA sind solche Verfahren längst erlaubt. Der Vorteil ist, dass der Winzer damit einen Wein produzieren kann, der genau dem Geschmack der Zeit entspricht und jedes Jahr exakt gleich schmeckt.
José Ramón Fernandez ist Generalsekretär des Europäischen Weinkomitees in Brüssel. Dort geben vor allem französische Winzer den Ton an.
"Das Wichtigste ist jetzt, dass wir uns am Markt orientieren. Es hat keinen Sinn, wenn wir unseren Weinmarkt nur unter europäischen Gesichtspunkten regeln. Wir müssen der Dynamik und den Regeln des globalen Marktes Rechnung tragen. Deshalb wollen wir einen europäischen Gesetzesrahmen, der eine bessere Orientierung des Weinsektors auf dem Weltmarkt erlaubt, das heißt wir müssen in der Lage sein, besser auf die Wünsche und Vorstellungen der internationalen Kundschaft einzugehen. "
Für deutsche Winzer ist Wein nach wie vor ein Naturprodukt, hergestellt aus einem landwirtschaftlichen Erzeugnis, bei dem Wetter, Boden und Weinbautraditionen eine wichtige Rolle spielen. Geschmacklich, das räumt Rudolf Nickenig vom Deutschen Weinbauverband ein, geschmacklich könne er den modernen Produktionsmethoden nichts vorwerfen. Aber er lehnt sie trotzdem ab.
"Für mich hat es nichts mehr mit Wein zu tun, wenn man im Herstellungsprozess den Wein in seine Bestandteile zerlegt und ihn dann neu komponiert. Dadurch schmeckt er möglicherweise am Ende besser, das mag ja sein, das ist üblich in der allgemeinen Lebensmittelherstellung, aber das hat nichts mehr mit der Herstellung für ein landwirtschaftliches Produkt Wein zu tun. Das ist für mich die Grenze. "
Doch der Sündenfall ist längst passiert. Vor einem Jahr, im letzten Sommer, unterzeichnete die Europäische Union ein Weinhandelsabkommen mit den USA. Dieses Abkommen regelt die gegenseitige Anerkennung der Weinbaumethoden. Amerikanische Zentrifugen-Weine stehen längst auch in europäischen Supermarktregalen, ohne dass der Konsument es irgendwo auf dem Etikett erkennen könnte.
Der Grund für die europäische Nachgiebigkeit ist einfach: Europa exportiert fünfmal mehr Wein in die USA als umgekehrt von dort nach Europa geliefert wird. Ein Handelskrieg wegen der neuen Vinifizierungsmethoden hätte Europas Winzer weit härter getroffen als die amerikanischen. Darauf wollte es die EU-Kommission nicht ankommen lassen, deshalb stimmte sie dem Weinhandelsabkommen zu.
Aber mit dem Import amerikanischer Designerweine ist eine seltsame Situation entstanden. Den eigenen Winzern verbietet die Europäische Union die Verwendung von Zentrifugen bei der Weinproduktion, doch die Einfuhr solcher Weine in die EU ist erlaubt. Nicht nur französische, auch spanische, italienische und griechische Winzer fordern deshalb Chancengleichheit und mehr Freiheit bei der Vinifizierung. José Ramón Fernández vom Europäischen Weinkomitee:
"Wir wollen die Liste der Weinverfahren, die in der Europäischen Union erlaubt sind, gerne beibehalten. Aber das muss man dann auf internationaler Ebene diskutieren, am besten in der internationalen Weinorganisation OIV. Die Regeln müssen für alle gelten. Wenn man sich in der OIV auf neue Methoden einigt, dann müssen diese Verfahren auch in der Europäischen Union zugelassen werden. "
Für die deutschen Winzer wird es schwer werden, den Zug noch aufzuhalten. Zumal es lebensmitteltechnisch kaum noch Argumente gibt gegen die Designerweine. Ob ein Wein auf klassische Art und Weise hergestellt wurde oder ob er zerlegt und wieder zusammen gebaut wurde, das ist chemisch nicht mehr feststellbar. Und wieso sollen bei Wein Herstellungsverfahren verboten sein, die bei Fruchtsaft oder Limonade längst gang und gäbe sind.
Doch bei Wein zählt nicht nur der Inhalt der Flasche, sagt der Agrarexperte und Europaabgeordnete Graefe zu Baringdorf. Weintrinken hat mit Kultur zu tun, mit Phantasie und Emotionen und den Vorstellungen, die der Konsument mit dem Wein verbindet.
"Ich halte diese Vorstellung, hier in eine Konkurrenz mit den Amerikanern zu gehen, was es da für Tricks und Schliffs gibt, für falsch, sondern wir müssen uns auf das besinnen, was den europäischen und besonders den deutschen Wein in der Welt stark gemacht hat: Es ist der deutsche Riesling vom Rhein und nicht irgendein Geschmack, sondern was man damit verbindet, auch den Rhein zum Beispiel. Das ist Markt und nicht die chemische Zusammensetzung. "
Rudolf Nickenig vom Deutschen Weinbauverband hat noch ein anderes Argument. Der Weinbau hat unsere Landschaften geprägt, sagt er. Doch gerade die besonders schönen, aber schwer zugänglichen Weinberge wären die ersten, die stillgelegt würden, wenn man denselben Wein billig im Labor herstellen kann.
"Wir dürfen eben nicht bei der Kellerwirtschaft anfangen zu denken. Sondern wir müssen im Weinberg anfangen zu denken. Und diese Weinberge sind uralte Kulturlandschaften. Sie sind heute ein wichtiger Bestandteil von Tourismusgebieten. Die Weinberge müssen gerade an den Hängen, wie wir sie am Rhein, an der Mosel, an den anderen Nebenflüssen des Rheins haben, die müssen erhalten werden, nicht nur weil dort besonders gute Weine wachsen [...], sondern sie müssen erhalten werden, weil sie Grundlage von einer ganzen Tourismusbranche sind. "
Der Mann vom Deutschen Weinbauverband weiß, dass das als Begründung für ein Verbot neuer Herstellungsmethoden nicht ausreichen wird. Im Grunde geht es für die Traditionalisten nur noch um einen geordneten Rückzug: Wie viel der alten Weinbaukultur wird unter den neuen Bedingungen überleben können?
Dabei ist eine einfache Lösung durchaus vorstellbar: Die EU könnte die neuen Verfahren auch ihren Winzern erlauben, aber die wären verpflichtet, sie deutlich sichtbar zu erwähnen: Auf dem Etikett müsste dann stehen: "Mit Eichenspänen aromatisiert", oder "aus Weinbestandteilen zusammengesetzt."
Das aber möchten José Ramón Fernandez vom Weinkomitee und mit ihm die meisten südeuropäischen Winzer um jeden Preis verhindern:
"Sie werden auf keinem Lebensmittel Angaben über die Herstellungsmethoden finden. Ich sehe nicht, warum das beim Wein nun notwendig sein sollte. Im Gegenteil: Wir garantieren den Kunden, dass bei der Herstellung des Weins nur Verfahren verwendet wurden, die in der EU ausdrücklich erlaubt sind. "
Genüsslich weist Fernandez darauf hin, dass auch deutsche Winzer nicht alles auf ihre Weine schreiben wollen. Denn in Deutschland dürfen selbst Qualitätsweine gezuckert werden. In südlichen Ländern ist das strikt verboten. Dort darf allenfalls der aus Most gewonnene Traubenzucker zugesetzt werden.
Wenn es um Wein geht, hat jedes Land seine eigenen Traditionen, die es entschlossen verteidigt. Zwar sind fast alle Winzer inzwischen überzeugt, dass eine grundlegende Reform der europäischen Weinmarktordnung notwendig ist. Aber bitte bei den Anderen. Die Qualitätswinzer im Norden kritisieren die Überproduktion unverkäuflicher Massenweine rund ums Mittelmeer. Sie fordern ein Ende der Destillierung, mit denen die EU die Preise stützt.
Die meisten Winzer im Süden Europas dagegen glauben, dass auch einfache Weine durchaus Kunden finden würden, wenn die Vermarktung besser wäre. Vor allem aber, wenn die Europäische Union ihnen nicht länger verbieten würde, mit moderner Technik das Beste aus ihrem Wein herauszuholen.
Am Ende wird - wie immer in der Europäischen Union - ein Kompromiss stehen: Ein bisschen weniger Destillation, statt dessen Zuschüsse für bessere Werbung und wohl eine vorsichtige Öffnung für neue Produktionsmethoden.