Archiv


Weizen zum Heizen?

Nachwachsende Rohstoffe schonen da nicht nur die Umwelt, sie können auch für auch für wirtschaftliche Unabhängigkeit eines Landes sorgen. Auch Getreide kommt da in Frage, wenngleich umstritten ist, ob man ein Nahrungsmittel für die Heizung verwenden sollte.

Von Annette Eversberg |
    Zum Bereich der festen Biomasse gehört das Getreide längst dazu. Wenn man dabei auf die Kosten schaut, dann ist Getreide als Energieträger halb so teuer wie ein Liter Heizöl. Und wenn die Preisentwicklung so weiter läuft wie bisher, dann wird das Ganze noch viel günstiger. Walter Eggersglüß, Energiefachberater bei der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein denkt beim Getreide, das infrage kommt, vor allem an Abfallprodukte:

    "Wir gehen davon aus, dass es immer die minderwertigen Partien sein werden. Kein Mensch wird ernsthaft darüber nachdenken, seinen besten Weizen in Wärme umzuwandeln, denn aus den schwächeren Partien wird er genauso viel Energie herausholen können."

    Wer Getreide anbaut, hat auch Abfall. Zum Beispiel wenn Pilze das Korn befallen, die für den Menschen schädlich sind. Getreidebauern wie Axel Werner Graf von Bülow wissen, dass dann eine ganze Ernte vernichtet sein kann:

    "Das wäre sicherlich eine Hilfe, wenn minderwertiges Getreide dann in die Verbrennung abfließen könnte und wir die Möglichkeit hätten, dies auch unterzubringen und es nicht nur als Sondermüll entsorgt werden müsste."

    Etwa fünf Prozent der gesamten Getreideproduktion in Deutschland sind so genanntes Bruch- oder Ausputzkorn, das bei der Lagerung, Trocknung oder Reinigung anfällt. Ein erheblicher Anteil. Das Problem des Heizens bei Getreide liegt aber nicht beim Nachschub. Sondern in der Technik. Für Walter Eggersglüß ist es ein Hemmschuh, wenn Getreide derzeit nur in großen Biomasseanlagen verfeuert werden darf:

    "Die Dänen sind schon sehr lange auf dem Gebiet tätig. Und es soll in Dänemark 10.000 Getreidekessel bis 250 KW-Leistung geben. Bei uns sind die süddeutschen Bundesländer und auch Österreich schon länger dabei. Aber da bisher die kleineren Kessel bei uns nicht zu genehmigen waren, ist es so, dass sich die Hersteller auch zurückgehalten haben. Denn wer will schon in einem Bereich entwickeln, wenn er keine Zukunft für den Absatz sieht. "

    Obwohl Getreide zunächst umweltfreundlich erscheint, entstehen beim Verbrennen jedoch unter Umständen hohe Emissionswerte. An Staub. Aber auch an Stickoxiden. Denn der hohe Eiweißgehalt des Getreides bedeutet einen höheren Gehalt an Stickstoff, der zum Teil auch in Stickoxide umgewandelt wird. Abhängig ist dies jedoch von der Getreideart. Roggen schneidet da besser ab, als beispielsweise Weizen. Auch die CO2-Konzentrationen können zuweilen über den Grenzwerten liegen. Versuche zeigen jedoch, dass man mit einer entsprechenden Verbrennungstechnik auch diese Emissionen, für die die Bundesimmissionsschutzverordnung oder bei größeren Anlagen die TA-Luft die Vorgaben machen, in den Griff bekommen kann. Walter Eggersglüß betreibt eine von bundesweit 11 Versuchsanlagen, in denen Getreide verbrannt wird. Damit wird unter anderem die Halle der Norddeutschen Landwirtschaftsmesse NORLA in Rendsburg beheizt:

    "Wir haben ein Jahr Betrieb hinter uns, und wir können in diesem Betrieb, wo wir eine sehr kleine Anlage in einer großen Gesamtanlage betreiben, immer im Volllastbetrieb arbeiten. Und dadurch haben wir in dem ersten Jahr mit einer 100 KW-Anlage etwa 47.000 Kubikmeter Erdgas einsparen können. "

    Für den Betrieb einer Getreideheizanlage stützen sich die Bundesländer derzeit noch auf einen Ausnahmeparagraphen der Bundesimmissionsschutzverordnung. Daher fährt Nordrhein-Westfalen bisher einen anderen Kurs als Schleswig-Holstein. Für Ernst Herweg, Vorsitzender des RKL, ist dies ein unhaltbarer Zustand:

    "Da gibt es noch großen Interpretationsbedarf. Ich denke, wir kommen solange nicht weiter, wie nur zwei Bundesländer von 16 solche Vorschriften haben. Das muss schon bundesweit und möglichst bundeseinheitlich geregelt werden. "