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Weltkongress für Rinderhaltung und -krankheiten

Ab heute dreht sich in Hannover alles um das Rind. Denn heute hat der Weltkongress für Rinderhaltung und -medizin in der Landeshauptstadt begonnen. 2000 Tierärzte und Wissenschaftler aus aller Welt diskutieren unter anderem über Rinderkrankheiten wie BSE, Stoffwechselstörungen und Tierschutzprobleme. Ausrichterin ist die Tierärztliche Hochschule Hannover, genauer die Rinderklinik der Hochschule. Eine weltweit einzigartige Einrichtung.

Von Katharina Seiler |
    Es ist nicht anders als in einem normalen Krankenhaus. Patienten, bei denen der behandelnde Tierarzt keinen Rat mehr weiß, kommen ins Krankenhaus, also in die Hannoversche Rinderklinik. Die Ärzte erstellen eine Diagnose, die Behandlung beginnt. Oft sind es Erkrankungen der Klauen oder Verdauungsstörungen, hervorgerufen zum Beispiel durch eine Verlagerung des Labmagens. Eine typische Berufskrankheit bei Kühen, sagt Klinikleiter Prof. Henner Scholz.

    Es ist offensichtlich gebunden an die Hochleistung der Tiere. Sie müssen wissen, dass die Tiere 50 bis 60 Liter Milch am Tag geben. Das ist eine enorme Leistung, die diese Tiere vollbringen. Diese Leistung erfordert eine besondere Fütterungstechnik. Sie kriegen Kraftfutter und der Anteil an Kraftfutter muss sehr hoch sein und dadurch vermutet man, dass es zur Diskrepanz in den Bedürfnissen kommt und sich der Labmagen wie ein Luftballon aufbläht und sich dann zu Seite verlagert.

    So wird der Milchlieferant zum Fall für den Chirurgen:

    Die in Hannover entwickelte Methode ist, dass man die Bauchseite aufschneidet, während die Tiere stehen, und dass man das Gas aus dem Labmagen ablässt und ihn in die normale Lage zurückverlagert. Dann verbindet man ihn an seiner natürlichen Aufhängung mit der Bauchwand, näht ihn fest und dann kann er sich nicht mehr bewegen.

    600 bis 700 Operationen führen die elf Ärzte der Rinderklinik jährlich durch. Die Behandlung kranker Tiere ist eine Aufgabe. Eine andere und die eigentliche Aufgabe aber ist die Ausbildung von veterinärmedizinischen Studenten. Darum hielten sich die Behandlungskosten für die Landwirte auch in Grenzen, sagt Scholz. Schließlich bräuchten die Studenten Patienten, an denen sie lernen könnten. Nach der Behandlung, wie etwa einer Operation, kommt das Rind dann sozusagen auf Station. In mit Stroh eingestreuten Einzelzimmern beziehungsweise Einzelställen können sich die Rinder wieder erholen.

    Dieses Tier hat einen verlagerten Labmagen gehabt, der ist operiert worden, die Operation war vorgestern. Wenn es nur eine Labmagenverlagerung war, dann können die Tiere nach drei Tagen in ihren Stall zurück gehen. Wenn aber eine Stoffwechselstörung auftritt, dann verzögert sich eine solche Heimreise und dann sind die Tiere auch schon mal eine Woche, 14 Tage bei uns.

    Neben Ställen und Operationsräumen gibt es in der Klinik auch ein Labor.

    Es ist so, dass wir mit unseren klinischen Möglichkeiten alleine nicht mehr auskommen, sondern Hilfe durch ein Labor brauchen. Deswegen hat sich hier ein Labor mit einem sehr weiten Aufgabenspektrum entwickelt, wo von unseren Patienten hier Proben genommen werden, die hier untersucht werden und die Ergebnisse in unsere Diagnose mit einfließen können. Darüber hinaus haben wir einen sehr effektiven Informationsdienst für Tierärzte draußen, die ihre Proben einschicken, die wir dann untersuchen.

    3000 Proben schicken Tierärzte jährlich in die Klinik zur Auswertung. Eine weitere Aufgabe ist die Forschung. Dafür hat die Rinderklinik eigene Tiere.

    Die Kuh hier hat sozusagen einen Reißverschluss im Bauch, und zwar ist das eine permanente Fistel, über die ein Zugang zum Pansen besteht. Der Pansen ist die größte Vormagenabteilung und hat eine große Bedeutung für die Verdauung. Deswegen interessiert uns, was in Abhängigkeit von bestimmtem Futter, in Abhängigkeit von bestimmten Medikamenten, die dem Tier gegeben werden, im Pansen passiert.

    Die Fütterung wird auch eines der Themen sein, mit denen sich die Tierärzte und Wissenschaftler auf dem World Buiatrics Congress beschäftigen werden, zu deutsch: Weltkongress für Rinderhaltung und -Krankheiten. Die Fütterung ist entscheidend für die Gesundheit und Leistung der Milchkuh, ebenso wie eine möglichst tierschutzgerechte Haltung. Martin Kaske bereitet den Kongress vor:

    Der World Buiatrics Congress wird sich mit den Organ- und Infektionskrankheiten des Rindes beschäftigen, daneben werden auch Aspekte des Verbraucher- und Umweltschutzes behandelt. Und ganz wichtig sind die Herdenmedizin und die Tierseuchenbekämpfung.

    Auch neue Erkenntnisse zu BSE werden auf dem Kongress erwartet.