Archiv


Weltraumheld, Versicherungsvertreter und eine Agentin

Im Kinostarten ein Weltraumheld in Science-Fiction, ein gieriger Versicherungsmakler in einer Dokumentation und eine Agentin, die die Männer alt aussehen lässt, in einem Action-Streifen.

Von Jörg Albrecht |
    "Mein Name ist John Carter. Ich stamme aus Virginia."

    Er gilt als der erste Weltraumheld in der Literatur. John Carter, vor genau 100 Jahren von Edgar Rice Burroughs erschaffen, ist ein Hauptmann der Südstaaten, der sich nach dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs auf die Suche nach Gold macht. Wie durch Zauberhand wird Carter aus einer Höhle in Arizona in eine ihm unbekannte, wüstenähnliche Gegend katapultiert. Dort trifft er auf seltsame Kreaturen, aber auch auf menschenähnliche Wesen, die unterschiedlichen Volksstämmen angehören und die offensichtlich seit langem Krieg gegeneinander führen. Von Dejah, der Prinzessin des roten Volks, erfährt Carter, dass er sich auf einem Planeten befindet, den seine Bewohner Barsoom nennen.

    "Ich bin auf dem Mars. Dein Zuhause ist demnach Jasoom. Und du kamst mit einem deiner Segelschiffe durch Millionen Karat luftleeren Raums? – Nein. Nichts dergleichen."

    Während das eine Volk John Carter für den Heiland hält, der einen Jahrtausende alten Konflikt endgültig beenden kann, sieht das andere Volk eine Gefahr in ihm und will ihn versklaven. Der Mars macht mobil. Luftschlachten mit monströsen Fluggeräten, die an "Star Wars" erinnern, wechseln sich mit Kämpfen im Stil von "Gladiator" ab. Zwischendurch nimmt eine Liebesgeschichte zwischen John Carter und Dejah ihren Lauf, die frappierende Ähnlichkeiten mit der in "Avatar" aufweist. Und noch Dutzende weiterer Filme werden hier zitiert: Von "Conan – Der Barbar" bis "King Kong", von "Der Wüstenplanet" bis "Stargate".

    Dabei ist es ursprünglich jener Barsoom-Roman-Zyklus selbst gewesen, der als Inspirationsquelle für Filmemacher wie George Lucas oder James Cameron und ihre Science-Fiction-Abenteuer in den Weiten des Weltraums gedient hat. Diese an Ideen und Action reiche, aber an Handlung und Figurenzeichnung arme Entdeckungsreise kommt schlicht zu spät, um noch originell zu sein. Unterhaltsam ist das in 3D gedrehte Spektakel dennoch.

    "John Carter – Zwischen zwei Welten" von Andrew Stanton: Akzeptabel!

    Eine Gladiatorin ist auch Gina Carano. Kampfsportfans kennen die 29-Jährige unter dem Namen Crush. Der amerikanische Filmemacher Steven Soderbergh, seit seinem Durchbruch 1989 mit "Sex, Lügen und Video" bekannt für anspruchsvolle Stoffe, ist von Carano offensichtlich so begeistert gewesen, dass er jetzt den Film "Haywire" mit ihr gedreht hat.

    Gefährlich wie ein Raubtier, das in die Enge getrieben worden ist, lässt Gina Carano als Agentin Mallory die Männer in der Geschichte – immerhin ebenfalls alles erfahrene Geheimdienstler – alt aussehen. Mallorys Überlebenskampf und Rachefeldzug beginnen, als sie entdeckt, dass ihre Auftraggeber sie verraten haben.

    "Ich hoffe, du hast dich entschieden dich zu stellen, Mallory. Sie ist hier. – Hier? Wo? – Laut Tracking ist sie hier im Haus."

    Die Kompromisslosigkeit, mit der Mallory ihre Gegner aus dem Weg räumt, macht aus "Haywire" eine lupenreine Männerfantasie im Stil von Luc Bessons "Nikita". Darüber hinaus kann Steven Soderbergh dem Genre des Agententhrillers mit seiner weiblichen Version von Jason Bourne nicht viel Neues abgewinnen. Wieder einmal also Durchschnittliches von einem Regisseur, der einfach viel zu viel dreht.

    "Haywire" ist Soderberghs 15. Film in nur zehn Jahren – und er ist enttäuschend!

    "Ich habe Ziele. Realistische Ziele. Das realistische Ziel ist es, den größten Finanzvertrieb der Welt zu haben."

    Dieses Ziel ist für den Versicherungsvermittler Mehmet Göker nach der Insolvenz seiner Firma 2009 erst einmal in weite Ferne gerückt. Dabei ist der Geschäftsmann, den der Filmemacher Klaus Stern in seiner Dokumentation "Versicherungsvertreter" porträtiert, in den Jahren davor bereits auf dem besten Weg gewesen. Die erstaunliche Karriere des Mehmet Göker zeichnet Stern mit Hilfe von ehemaligen Mitarbeitern nach sowie mit Ausschnitten aus firmeninternen Videos und Fernsehbeiträgen. Vor allem aber erlaubt er Göker die Selbstinszenierung.

    "Bitte begrüßt nun mit mir unseren Mehmet Göker."

    Zu den Klängen der Carmina Burana lässt sich der Versicherungsvertreter von seinen Mitarbeitern und Geschäftsfreunden feiern wie ein Sektenführer.

    " "Ein optimaler Vertrieb muss geführt werden mit der Organisation, dem Fleiß und der Disziplin der ehemaligen Sowjetunion ... aber auch mit den Möglichkeiten der Liebe, der Leidenschaft der Amerikaner."

    Göker ist der Gordon Gekko der deutschen Finanzbranche. Mit dem Unterschied, dass man Göker nicht erfinden musste. Gierig, größenwahnsinnig und ohne jede Selbsterkenntnis. Wie Göker sein Unternehmen geleitet und seine Gefolgsleute verführt hat – das ruft ungläubiges Staunen und Kopfschütteln hervor.

    Klaus Sterns Dokumentarfilm "Versicherungsvertreter" ist eine köstliche Realsatire und empfehlenswert!