
Es handle sich um die größte Energiemenge, die je in einem Fusionsexperiment erreicht worden sei. Für die gleiche Energiemenge hätte es etwa zwei Kilogramm Braunkohle gebraucht – also rund zehn Millionen Mal so viel, führte die IPP-Forscherin Athina Kappatou aus. Allerdings sei auch bei diesem Rekord keine positive Energiebilanz entstanden. Es sei rund dreimal mehr Energie hineingesteckt worden als herausgekommen sei. Für eine positive Energiebilanz müssen Fusionsanlagen eine bestimmte Größe überschreiten. Dies dürfte erst bei der im Bau befindlichen Anlage "Iter" (International Thermonuclear Experimental Reactor) in Südfrankreich der Fall sein. Dabei machen unter anderem China, die EU, Russland und die USA mit.
An der Fusionsanlage Jet sind neben Deutschland und Großbritannien zahlreiche weitere europäische Länder beteiligt. Es sollen grundlegende Erkenntnisse zum Bau von Fusionskraftwerken gewonnen werden. Der Weltrekord gelang bereits am 3. Oktober 2023. Schon 2021 hatte Jet mit 59 Megajoule einen Rekord aufgestellt. Der aktuelle war übrigens nur ein Nebenprodukt und nicht geplant gewesen. Es sei eher darum gegangen, verschiedene Fragen zu beantworten, die für Iter wichtig seien, hieß es.
Keine Lösung für die aktuellen Energieprobleme - aber für die künftigen
Auch Iter in Südfrankreich wird eine Forschungsanlage werden. Für die aktuellen Energieprobleme ist die Kernfusion laut IPP noch lange keine Lösung. Man wisse jedoch, was die Hürden seien. Sie könnten aus dem Weg geräumt werden. "Fusion ist kein unlösbares Problem", betonte Kappatou. Das Ziel ist in einigen Jahrzehnten ein Demonstrationskraftwerk zur Verfügung zu haben, das zeigt, wie man Strom produziert und ins Netz einspeisen kann. Kappatou sagte: "Dieses wird schon nutzbaren Strom produzieren, aber eventuell noch nicht die Leistung, wie sie eine ganze Großstadt braucht." Sobald dies funktioniere, sei zu erwarten, dass etwa private Firmen größere Anlagen planen und bauen, "die dann ähnliche Mengen wie heutige Kraftwerke produzieren können".
Das Prinzip der Kernfusion ist einfach: Wie in der Sonne werden bei großer Hitze Wasserstoffatome zu Helium verschmolzen. Die bei der Sonne dabei freiwerdende Energie versorgt etwa die Erde mit Licht und Wärme. Ein Fusionskraftwerk soll ebenfalls Energie liefern. So verheerende Unfälle wie in Kernkraftwerken, in denen Atome gespalten werden, sind nicht möglich. Im Falle einer Störung in Fusionsanlagen würde die Temperatur fallen und daraufhin die Reaktion abbrechen.
Im Prinzp einfach, in der Praxis komplex
In der Praxis ist die Energiegewinnung komplex: Grundlage sind Wasserstoffatome mit unterschiedlichem Gewicht, sogenannte Wasserstoffisotope. Im Jet werden die Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium zu einem extrem heißen Plasma erhitzt. Darin sind die Bestandteile der Atome, die positiv geladenen Kerne und die negativ geladenen Elektronen, voneinander getrennt. Aufgrund der Ladungen kann das Plasma durch ein sehr starkes Magnetfeld in einem ringförmigen Reaktor in der Schwebe gehalten werden. Das ist wichtig, damit es nicht in Kontakt mit den Gefäßwänden kommt und abkühlt. Im Zentrum des Plasmas können rund 150 Millionen Grad herrschen.
Die extrem hohen Temperaturen sind nötig, damit die zwei positiv geladenen Atomkerne genügend Energie haben, um ihre Abstoßung zu überwinden und zu verschmelzen. Bei der Fusion werden neutrale Teilchen (Neutronen) frei, die sehr viel Energie enthalten. Damit soll bei einem Fusionskraftwerk einmal Wasser erhitzt werden, so dass dessen Dampf eine Turbine antreiben kann - eine Stromproduktion wie bei vielen anderen Kraftwerken auch.
Diese Nachricht wurde am 08.02.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.