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Weniger Freiräume

Die Reform des sächsischen Hochschulgesetzes ist eines der schwierigsten Projekte der schwart-roten Koalition im Freistaat. Da die Vorstellungen von CDU und SPD dabei diametral auseinanderlagen, konnte man sich nur mit Mühe und Not auf einen Kompromiss verständigen. Studierende und Rektoren halten den neuen Entwurf gar für schlechter als das, was man bislang als gesetzlichen Rahmen hatte.

Von Alexandra Gerlach | 17.03.2008
    Auf die Frage, was denn besonders gut gelungen sei an diesem Gesetz, fällt das Fazit vernichtend aus:

    "Ehrlich gesagt ist es sehr schwierig etwas Positives für uns Studierende herauszufinden.

    Ich hab die Befürchtung, dass wir im Vergleich zu anderen Bundesländern abgehängt werden und das er sehr schwierig sein wird, in einigen Jahren dann den Anschluss herzustellen.

    Tja, das ist jetzt schwierig, ich würde fast sagen, die Lyrik in der Begründung ist besser als letztlich das, was in dem Gesetz steht."

    Der Rektor der Leipziger Universität, Prof. Franz Häuser sieht indessen umfassenden Nachbesserungsbedarf, wenn dieses neue Hochschulgesetz für Sachsen überhaupt etwas bewirken soll. Von der versprochenen Autonomie für die Hochschulen im Freistaat sei nicht viel übrig geblieben. Ganz anders hatte das noch im Januar geklungen, als die sozialdemokratische Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange den Referentenentwurf präsentiert hatte:

    "Die Hochschulen müssen sich und das merken wir nicht nur im Forschungsbereich - ich erinnere an die Bundes-Exzellenz-Initiative, - auf einen immer intensiveren internationalen Wettbewerb um beste Köpfe, sowohl was die Wissenschaftler angeht, was Hochschullehrer angeht, aber auch was Studierende angeht, fit machen und sie müssen in diesem Wettbewerb mithalten können."

    Aus Sicht der Technischen Universität Dresden ist dieser Anspruch mit dem neuen Gesetz nicht zu erfüllen. Rektor Hermann Kokenge beklagt, dass zwar einerseits bei der Personalplanung ebenso wie in der Wirtschafts- und Haushaltsführung neue Freiräume eingeräumt werden,

    " aber durch Detailregelungen werden dann diese Öffnungen die angedeutet werden, gleich wieder eingeschränkt."

    Das heißt in der Praxis, die Hochschulen dürfen zwar künftig selbst entscheiden, wann sie wie viel Geld ausgeben, zugleich werden sie aber durch Verordnungen aus dem Finanz- und dem Wissenschaftsministerium wieder eingeschränkt. Auch das Personal darf nach dem neuen Gesetzentwurf selbst ausgesucht werden, die Hochschulen bleiben dabei jedoch an den Stellenplan des Landes gebunden. Sie haben also damit keine Möglichkeit selbst zu entscheiden, welcher wissenschaftlichen Spitzenkraft sie ein höheres Gehalt zahlen möchten. Die CDU hatte diese Liberalisierung angestrebt, der Koalitionspartner SPD jedoch, hatte befürchtet, dass die Hochschulen auf diesem Weg das Tarifgefüge aus den Angeln heben könnten.

    Besonders problematisch aus Sicht der Studierenden ist die im Entwurf verankerte neue Struktur der Spitzengremien an den Hochschulen. So soll das schwerfällige Konzil abgeschafft und an seiner Stelle ein neuer Hochschulrat eingerichtet werden, mit weit reichenden Kompetenzen. Ihm sollen auch zahlreiche uni-fremde Mitglieder angehören, um die Hochschulen dichter mit der Wirtschaft zu vernetzen. Das ist den Studierenden ein Dorn im Auge:
    Alexander Kasten vom Studentenrat in Dresden:

    "Hauptkritikpunkt sowohl der Gesamtversammlung der sächsischen Studierenden als auch von uns, ist die Neuorientierung der Strukturen an der Uni nach ökonomischen Maßstäben. Das heiß als es geht weg von einer offenen Universität hin zu Formenstrukturen und das stört und massiv, denn wir Studierenden werden hier zu einem für die Wirtschaft verwertbaren Rohstoff."

    Tabu bleiben bis auf weiteres Studiengebühren für die sächsischen Hochschulen. Ein positiver Punkt für die Studierenden, negativ jedoch aus Sicht des Uni-Rektors in Dresden, Hermann Kokenge, der bereits überlegt Kompensationszahlungen einzufordern:

    "Also, wenn ich mal davon ausgehe, wir würden Studiengebühren nehmen, dann sind das nach der Lesart in der Bundesrepublik 500 Euro pro Semester, das wären bei 35.000 Studierenden 35 Millionen pro Jahr. "

    Alles in allem ist also keiner richtig glücklich mit diesem Reformentwurf, der noch in diesem Sommer im Landtag Gesetz werden soll. Die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften will ihren Widerstand jedenfalls nicht aufgeben. Alexander Kasten:

    "Aber wir werden definitiv weiterhin massiv dieses Gesetz in den nächsten Monaten angreifen, und versuchen so gut es geht unsere Forderungen noch einzubringen."