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Wenn Eltern nicht mehr anders sind

Die Eltern surfen im Internet, gehen in die Disco, zelten auf Festivals und kaufen bei H&M ein. Doch die Jugendlichkeit der "älteren" Generation kommt bei Kindern oft gar nicht gut an.

Moderation: Andreas Stopp |
    "Wisst ihr, wie es sich anfühlt, wenn die eigene Mutter für die große Schwester gehalten wird?", fragt die genervte Tochter. Doch wenn nun alle junggebliebenen, modernen und pädagogisch so reflektierten Mütter freudig lächeln und mit "prima" antworten, dann ist das genau die falsche Antwort. Das zumindest meint die 22-jährige Helen Ahmad und findet Erwachsene im Teeniewahn megapeinlich. Vor allem, wenn man zu Karneval die angeschwipsten Eltern seiner Kumpels in den eigenen Jugendtreffs kreuzt, ergänzt Lion Krause. Er selbst hat seine Ablösungsstrategie schon gefunden, indem er gelernt hat, das Wertesystem der eigenen Eltern kritisch zu hinterfragen. Dabei kann sogar der schulische Philosophieunterricht hilfreich sein, findet der Schüler.

    Es geht also keineswegs nur um die Geschmacksfrage, ob Mütter dieselben Miniröckchen und Hello-Kity-T-Shirts tragen dürfen wie ihre Töchter. Fast so jugendlich zu sein, wie das eigene Kind und dabei auch noch beste Freundin, bester Kumpel des eigenen Nachwuchs zu sein, das ist vor allem distanzlos und nervenaufreibend für die eigene Brut. Denn wie kann die sich abnabeln, wenn die Alten sich von den Jungen kaum noch unterscheiden?

    Diese Frage muss auch gesellschaftspolitisch diskutiert werden, fordert der Psychologe Jürgen Zimmermann-Höreth. Denn supertolerante Eltern provozieren ihre Kinder womöglich zu immer extremeren Abgrenzungsversuchen. Bis hin in den Rechtsradikalismus, fürchtet der ehemalige Leiter einer großstädtischen Familienberatungsstelle. Gerade in der Pubertät brauchen die Jugendlichen noch einmal klare Grenzen, an denen sie sich ausprobieren. Und die sie überschreiten können, denn auch das gehört zum Erwachsenwerden.

    Ewig verständnisvolle Eltern, die sich mit ihrer jugendlichen Unangepasstheit kokettieren, sind für Heranwachsende nicht nur peinlich, sondern auch unangreifbar, heißt es. "Abgrenzung ist wichtig und möglich, wenn Eltern nicht auf einer Stufe mit den Kindern stehen wollen, sondern ihre Meinung vertreten und es aushalten können, dass die Kinder sie zeitweilig ziemlich doof finden,” meint die Pubertätsexpertin Elisabeth Raffauf, deren Buch "Pubertät heute" im Beltz Verlag (2011) erschienen ist.

    Gleichzeitig ist es eine Tatsache, dass viele Eltern bis ins höhere Altern weltoffen, fit und modisch selbstbewusst bleiben, ohne sich in dieser Lebenslust von ihren Kindern einschränken lassen zu wollen.

    Wo also bleibt die Abgrenzung der Jugend? Und wie gelingt Eltern das richtige Gleichgewicht aus Nähe und Distanz?

    Gesprächsteilnehmer sind u.a.:

    o Lion Krause, Schüler
    o Helen Ahmad, Studentin
    o Jürgen Zimmermann, Höreth, Psychologe
    o Elisabeth Raffauf, Erziehungsberaterin

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