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Wer ist Schuld an der Misere?

Frankreich ist Moody’s kein Top-Ranking mehr wert. Die Rating-Agentur Standard & Poor’s hatte die Kreditwürdigkeit des Landes bereits vor zehn Monaten herabgestuft. Die zweitgrößte Ökonomie der Eurozone scheint bei ihren Reformen nicht recht voranzukommen, doch die französische Regierung schiebt die Schuld daran auf ihre Vorgänger.

Von Ursula Welter | 20.11.2012
    Nach "Standard and Poors" im Januar hat nun also auch "Moody's" den Daumen gesenkt, das dreifache A entzogen und die Perspektive auf "negativ" gesetzt. Damit bleibt nur noch die Agentur "Fitch", die bereit ist, die Bestnote und das dreifache A für Frankreich zu vergeben. Aber auch "Fitch" hat das Land unter Beobachtung gestellt.

    Die französische Regierung zeigte sich heute dennoch gelassen. Im Umfeld des sozialistischen Staatspräsidenten Hollande hieß es, Moody's Entscheidung ziele auf die Versäumnisse der Vorgängerregierung unter dem abgewählten Präsidenten Sarkozy. Und auch Frankreichs Finanzminister argumentierte in diese Richtung. Er nehme die Entscheidung mit Bedauern zur Kenntnis, sagte Pierre Moscovici, aber die Kritik der Konservativen müsse er zurückweisen: Die Opposition instrumentalisiere die Entscheidung der Ratingagentur und vergesse dabei, welchen weitreichenden Anteil sie selbst an der aktuellen Lage des Landes habe.

    Die Sprachregelung in Paris lautet also: Wir in der neuen Regierung tun alles, was nötig ist, Schuld an der Misere sind unsere Vorgänger.

    Das Ruder herumzuwerfen brauche Zeit, brauche mutige Entscheidungen, und diese treffe die neue sozialistische Regierung gerade, verteidigte sich der Finanzminister. Moody's zielt mit seiner Entscheidung allerdings weniger auf die Vergangenheit, als auf Gegenwart und Zukunft.

    Die Ratingagentur beklagt, dass das über drei Jahre gestreckte 20-Milliarden-Euro-Paket zur Entlastung der französischen Unternehmen nicht ausreiche, dass die Wachstumsprognosen zu optimistisch seien, um den Schuldenabbau wie versprochen zu stemmen, und dass die Wettbewerbsfähigkeit, vor allem angesichts des rigiden Arbeitsmarktes, weiterhin gering sei.

    Die Kreditwürdigkeit Frankreichs sei gegeben, wir bleiben eines der am besten bewerteten Länder der Welt und Europas, betonte Finanzminister Moscovici.