Immer wenn morgens die Börsenglocke schrillt, geht das Hoffen los, was die Kurse machen, wie sich die Unternehmenswerte entwickeln werden. Ob ein Bäcker, eine Friseurkette, ein Großanbieter von Sex-Shops oder vor Jahren die Deutsche Telekom, der deutsche Kurszettel ist in den 90er Jahren um mehr als das Dreifache, auf mehr als 9000 Aktiengesellschaften länger geworden. Und er ist bunter geworden. Mit Borussia Dortmund brachte auch der erste Fußballverein neue Farben und neue Musik an die deutsche Börse:
Die Lautsprecher dröhnten das Lied von den besten Fans der Liga.
Die Fans der Liga mögen Fans der Liga geblieben sein, die Fans der Börse sind verschwunden. Die Umsätze sind im ersten Halbjahr dieses Jahres um fast 30 Prozent gesunken. Um so mehr kümmern sich vor allem Großanleger, namentlich die Versicherungen, um außerbörsliche Geldanlagen. Denn sie stehen im Wort, die Guthaben ihrer Versicherungsnehmer mit einer relativ hohen Durchschnittsrendite zu bedienen. Warum dann der Griff zu außerbörslichen Geldanlagen?
Weil nach einem langjährigen Durchschnitt 80 Prozent des Unternehmenswertes in der Gründungs-, Früh- und Ausbauphase erwirtschaftet werden, für die Zeit an der Börse bleiben nur 20 Prozent Wertsteigerung übrig.
Die beiden gängigsten Formen der außerbörslichen Unternehmensfinanzierung heißen Private Equity und Venture Capital. Ann-Kristin Achleitner, Professorin für Bank- und Finanzmanagement an der European Business School, erklärt die Unterschiede:
"Den Unterschied kann man sich am besten vorstellen, wenn man daran denkt, was für ein Zyklus ein Unternehmen durchwandert, von der Gründung bis zum etablierten Unternehmen . Venture Capital ist damit beschäftigt, ganz neue Unternehmen zu gründen und aufzubauen bis zu dem Zeitpunkt, wo sie Gewinne machen, während Private Equity sehr viel später ist, da geht es um etablierte Unternehmen, die schon Gewinne gemacht haben, vielleicht im Trudeln sind , vielleicht ihre Eigentümerstruktur geändert haben müssen...."
Mit der Finanzierung unterschiedlicher Lebensphasen des Unternehmens sind in der Regel auch unterschiedliche Risiken verbunden. Venture Capital, zu deutsch Wagnisfinanzierung, gilt in der Regel als das Geschäft, in dem Pleiten und Pannen den Investor schneller erreichen können. Alexander Wunder, Geschäftsführender Gesellschafter der FidesTrust, der Beteiligungsgesellschaft der Privatbank Hauck & Aufhäuser:
"Das ist im Regelfall risikoreicher, weil natürlich noch nicht so klar erkennbar ist, ob sich die Firmen so erfolgreich entwickeln, Beim Private Equity ist es eben meistens so, dass die Firmen eine Historie haben, man also eine ganz andere Einschätzungsmöglichkeit hat, in Bezug auf Erträge und Wachstumsperspektiven, das ist eigentlich der wesentliche Unterschied."
Ein Beispiel: Die frühere Bundesdruckerei, einst staatliche Gelddruckmaschine, ist zur Privatisierung an eine Private Equity-Gesellschaft verkauft worden. Die will die einstige Behörde in "Authentos" umbenennen und daraus einen internationalen Konzern rund um die Themen Sicherheit und Echtheit bauen. Aber auch Großkonzerne wie die Deutsche Telekom oder Familien wie die Quandts bedienen sich Private Equity Gesellschaften, um Teile ihres Geschäfts in neuer Eigentümerschaft neu zu ordnen. Axel Pfeil, Vorstandsvorsitzender von DB Investor, der Industrieholding der Deutschen Bank:
"Wir haben uns in den letzten Jahren an einer Reihe von Unternehmen beteiligt, überwiegend in Sektoren, die vor Umbrüchen oder an Wendepunkten standen , also wie der Kabel-TV-Sektor in Deutschland, aber auch andere Unternehmen wo wir uns an einem Familienunternehmen beteiligt haben, der Varta AG, wo eben der Markt für Auto- und auch Konsumerbatterien vor einem Umbruch, vor einer Konsolidierungswelle steht. Unsere Aufgabe dabei ist eigentlich, diese Unternehmen strategisch zu begleiten, sie weiter zu entwickeln und eigentlich den unterschiedlichen Unternehmensbereichen, die sich oft unter dem Dach der Konzerneinheit befinden, neue strategische Freiheiten und Perspektiven zu geben."
Pfeil leitet eine der größten Private Equity-Gesellschaften in Europa. Er hat dieses Jahr rund 3,5 Milliarden Euro eingesammelt, die in den nächsten drei Jahren investiert werden. Die Allianz Capital Partner kommt ebenfalls auf 3,5 Milliarden Euro, Apax in London auf 4,4 Milliarden, Bain Capital ebenfalls auf 3,5 Milliarden Euro. Vor sechs Jahren hatten alle Private Equity-Gesellschaften in Europa gerade mal vier Milliarden Euro zusammengetragen, in diesem Jahr sind es mit knapp 35 Milliarden Euro fast neunmal soviel.
Damit werden riesige Investitionen angestoßen. Denn die 35 Milliarden Euro sind das eine Drittel Eigenkapital, das bei Unternehmensfinanzierungen mit weiteren zwei Drittel Fremdkapital, also Krediten, ergänzt wird. Private Equity-Gesellschaften bewegen also Investitionen von gut 100 Milliarden Euro oder rund 200 Milliarden Mark. Eine boomende Branche ? Axel Pfeil von DB-Investor:
"Private Equity und Venture Capital sind ganz eindeutig Wachstumsbranchen, dass sehen sie allein daran, dass zunehmend mehrere und größere Fonds aufgelegt werden, dass sich zunehmend mehr Investoren auf der Welt finden lassen, die in diese Fonds investieren."
Die Begriffe sagen es schon: Die außerbörsliche Unternehmensfinanzierung nicht mit Krediten, sondern mit Eigenkapital, kommt aus den Vereinigten Staaten, wo sie schon Ende der fünfziger Jahre entstand. Zwar gibt es auch hier Vorläufer wie etwa die Finanziers der Jahrhundertwende, die Fürstenbergs und die Rothschilds, die auch haftendes Eigenkapital gaben, um junge oder auch etablierte Unternehmen in neuer Eigentümerschaft neu auszurichten. Dennoch gilt diese Form der Unternehmensfinanzierung als eine eher angelsächsische Tradition. Alf Grunwald, Managing Director des Münchner Wagnisfinanzierers Warburg Pincus:
"In den USA hat man die VC-Szene Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre gegründet, schon weil es in den 50er und 60er Jahren in den USA durchaus üblich war, dass man als Privatmann Eigenkapital einem Unternehmer zur Verfügung gestellt hat. In Deutschland hat man dies eigentlich nie erreicht, weil hier die Banken oder die Finanzdienstleistungswirtschaft hier ganz andere Angebote auch Produkte angeboten hat und es war bis vor einigen Jahren eigentlich üblich, dass die typische Unternehmensfinanzierung eher durch Fremdkapital, nicht durch Eigenkapital stattgefunden hat."
Das Prinzip bei venture capital- und private equity-Finanzierungen: Sie geben keine Kredite, die regelmäßig mit einem verabredeten Zinssatz bedient und getilgt werden müssen, sie geben haftendes Eigenkapital. Die westdeutschen Unternehmen sind zwar nach Meinung der Bundesbank solide finanziert, sie kommen aber nur auf eine Eigenkapitalquote von 19 Prozent. Im Einzelhandel sind es weniger, in der darbenden Bauwirtschaft machen die Eigenmittel nur vier Prozent der Bilanzsumme aus.
Doch auch der deutlich höhere Durchschnittswert zeigt an: Deutsche Unternehmen finanzieren sich überwiegend durch Kredite. Wagnisfinanzierer und Private Equity-Gesellschaften treten dagegen nicht als Geldverleiher, sondern als Miteigentümer in das Unternehmen ein. Das sei ein erheblicher Unterschied, meint Alexander Wunder von Hauck & Aufhäuser:
"Das Eigenkapital, was hier bereitgestellt wird, ist unternehmerisches Kapital, d.h. die Beteiligten sind sich dessen bewußt, das sie hier ein unternehmerisches Risiko im klassischen Sinne eingehen. Natürlich hat auch ein Kreditgeber ein Risiko im Sinne eines Ausfallrisikos, aber er ist nicht als Kapitaleigner an der Firma beteiligt und kann Entscheidungen auf Gesellschafterebene mit beeinflussen und das ist ein ganz entscheidender und wichtiger Unterschied. Im übrigen ist das so , dass sich auch die PE-. Finanziers sehr stark in dieser Rolle sehen, hier eine fördernde und helfende Position einzunehmen und viele der PE-Finanziers gehen gerade aus diesem Grunde deshalb nur mehrheitlich in solche Situation. Es geht also nicht nur um Kapital , wie das bei einem klassischen Fremdfinanzierungsmodell der Fall ist, sondern es geht um Know how, es geht um Netzwerke, es geht um Kontakte und Verbindungen,, was gerade zum Beispiel im Internationalen Geschäft von großer Bedeutung sein kann, Der klassische Mittelständler hat vielfach im Ausland nicht das Netzwerk und die Verbindung um dort so gezielt und zügig voran zu kommen, wie es vielleicht möglich wäre, und PE-Gesellschaften haben eben auf Grund ihres Geldes verschiedener Unternehmen und einer meistens internationalen Vernetzung mit ähnlichen Akteuren eine ganz anderen Möglichkeit das zu fördern und zu begleiten."
Und mit diesen Verbindungen bringen die private equity-Investoren natürlich auch ihren Namen in das zu finanzierende Unternehmen ein. Auch das helfe, meint Axel Pfeil von der Deutschen Bank:
"Durch die Bonität und Reputation eines solch großen Instituts , als der wesentliche Aktionär in seinem Unternehmen, bekommt das Unternehmen selber natürlich auch eine ganz andere Kredibilität."
Das ist freilich nicht von Dauer. Denn die Finanzierungsgesellschaften bringen zwar Eigenkapital ein. Das entnehmen sie aber nicht eigenem Vermögen, sondern den Geldtöpfen, die sie als Versicherer von ihren Versicherungsnehmern eingesammelt oder von anderen Kunden zur Geldvermehrung entgegengenommen haben. Sowohl die Versicherten als auch Kunden anderer Art wollen ihr Geld natürlich zurück, spätestens dann, wenn etwa die Versicherung fällig wird.
: Und dann muss die Private Equity-Gesellschaft wieder flüssige Mittel bereitstellen, natürlich möglichst hoch verzinst. Herbert Sternberg, früher Banker, jetzt freiberuflicher Business Angel, also Ratgeber für junge Unternehmen, und Mitglied im CDU-Wirtschaftsrat, rät seinen Kunden, schon von an Anfang im Blick zu haben, dass der neue Miteigentümer ein Eigner auf Zeit sei:
"Private Equity, Venture Capital-Finanzierungen stehen nach meiner Erfahrung nicht länger zur Verfügung, auch da gibt es von mir immer kritische Anmerkungen. Man geht davon aus, dass maximal drei Jahre Kapital zur Verfügung steht, dann möchte man über einen Exit seinen Erfolg sehen. Zwar ist nach den Bilanzrichtlinien z.B. Private Equity, Venture Capital langfristiges Kapital, Eigenkapital, in Wirklichkeit weiß man aber, in wenigen Jahren trennt man sich wieder, und genau dieses erkläre ich auch Unternehmern, damit er auch sieht, bei Beginn einer Partnerschaft muss er schon wieder eine neue Partnerschaft irgendwo im Hintergedanken berücksichtigen."
Andere in der Branche sagen, eine Private Equity-Gesellschaft bleibe sechs bis zehn Jahre Miteigentümer. Sicher ist, dass es eine Partnerschaft auf Zeit ist. Und ebenso sicher ist, dass die Investoren mit hohen Gewinnererwartungen ihr Geld, ihr Wissen, ihre Verbindungen und ihren Namen hergeben. Am präzisesten formuliert Axel Pfeil von DB Investor namens der Deutschen Bank seine Ziele:
"Wir gehen im Durchschnitt von Renditen aus, die zwischen 20 und 30 Prozent liegen."
Solche traumhaften Zahlen haben sich natürlich auch unter Privatanlegern herumgesprochen. Sie fragen danach und sie werden auch mit Angeboten bedient. Doch Axel Pfeil meint, private equity sei für einen typischen Kleinanleger, der 20.000 Mark anlegen will, eine Anlageform, die er vernachlässigen sollte. Die Begründung:
"Es gibt zunehmend Fonds, die im Grunde genommen auch das Privatklientel suchen. Ich denke mir nur, hier muss man aufpassen, weil ....es gibt eine ganze Reihe von Vermittlern ,die dann wieder dieses Geld diesen Fonds zu- führen... Hier muss man eben aufpassen, aus der Sicht des Investors , nach Kosten, Gebühren, Aufschlägen, Provisionen u.s.w., dass diese Fonds, auch nach Kosten, noch eine Rendite haben, die im Grunde genommen, dem Risiko das man eingegangen ist ,entsprechen."
Auch Alf Grunwald von Warburg Pincus unterscheidet sich nur in Nuancen von solchen Warnungen an Privatanleger:
"Es gibt aber inzwischen auch Fund-in-Fund-Produkte, die im Prinzip ein sogenanntes Anlegerpooling durchführen, so dass auch Anleger mit Beträgen von 10.000 DM aufwärts indirekt über Dritte an diesen PE- oder VC-Fonds beteiligen können. Das geht natürlich auf die Rendite, ist aber mit hoher Wahrscheinlichkeit immer noch ertragreich. Aber sehr illiquide.....weil diese Funds eine Laufzeit von 10 bis 16 Jahren haben können."
Ein Ersatz für den Neuen Markt, bei dem bis vor gut einem Jahr noch traumhafte Renditen quasi über Nacht zu holen waren, sind private equity- und venture Capital-Anlagen also nicht. Ihre volkwirtschaftliche Bedeutung mindert das nicht. Die liegt vor allem darin, dass über sie Nachfolgefragen geklärt werden können, das also Unternehmer ohne geeignete Nachfolger über diesen Weg ihr Geschäft weiter- und voranbringen können.
Und sie liegt in der Chance, über neue Partner und Geschäftsmodelle dem Unternehmen einen größeren Markt zu verschaffen. Erst jüngst hat eine Großbank ihre Softwareabteilung in ein selbständiges Softwarehaus eingebracht. Jetzt gibt es eine Vertriebs- und Marketingabteilung. Sie sorgt dafür, dass die Programmierer für mehr Kunden als nur die Großbank schreiben, dass ein Programm mehrfach verkauft wird. Axel Pfeil von DB Investor über die Chancen zur Umstrukturierung der Unternehmenslandschaft durch Private Equity- und Venture Capital-Modelle:
"Die Bedeutung unseres Geschäfts liegt volkswirtschaftlich darin, dass wir im Grunde genommen kleineren Unternehmen oder größeren mittelständischen Unternehmen durch unsere Unterstützung und Begleitung, neue Perspektiven eröffnen können. Genauso, wie es im VC-Bereich der Fall ist, wo Ideengeber sind, die im Grunde genommen auf Finanzpartner treffen, so dass sich diese Ideen umsetzen lassen können. Ich glaube, das wissen wir auch aus der in Deutschland stark mittelständisch geprägten Struktur, dass durch diese Aktivitäten und durch das Wachstum der Finanzinvestoren eine erhebliche volkswirtschaftliche Belebung in Gang kommt und gerade diese kleinen Unternehmen sind diese Wachstumsunternehmen, die im Grunde genommen für Innovation stehen, für Wachstum, für neue Ideen, für eine neue Flexibilität und eine ganz andere Motivation."
Freilich gelingt nicht alles. Wer Unternehmen umbaut und auf neue Märkte einstellt, der erleidet auch Schiffbruch. Die Wagnisfinanzierer, die nach dem Gesetz der großen Zahl vorgehen und mehrere Unternehmen unter ihre Fittiche nehmen, wissen, dass die Erfolgsquote eher gering, das Risiko also relativ hoch ist. Gert Köhler, Managing Director des Wagnisfinanzierers 3i Europe:
"Ich glaube, das hängt davon ab, wann eine VC-Finanzierung anfängt, wenn sie in der Frühphase anfängt, kann man durchaus damit rechnen das 30 Prozent der Entwicklung, vielleicht sogar mehr, einfach nicht erfolgreich abgeschlossen sind, weil sich einfach aus unterschiedlichen Gründen technische Risiken, Marktrisiken zeigen. Wenn es in einer späteren Phase ist, sollten eigentlich wenige Unternehmen nicht erfolgreich sein. Ganz erfolgreich, aber das hängt sehr viel von der Qualität der VC-Gesellschaft ab, sind ein Gros zwischen 10 und 30 Prozent, die man dann als Highflyer ansehen kann."
Die Highflyer müssen also die Rendite bringen: Sie müssen die Verluste der misslungenen Engagements ausgleichen und den durchschnittlichen Erfolg des Mittelmaßes so stützen, dass insgesamt eine dem Risiko angemessene Rendite herauskommt. Deshalb greifen die private equity-Manager wohl auch gelegentlich ins Management ein, verändern Zuständigkeiten oder setzen gar leitende Mitarbeiter an die Luft.
Das gehört zur Aufgabe eines engagierten Anteilseigners. Man darf davon ausgehen, dass Gert Köhler von 3i als Aufsichtsrat des einstigen Neue Markt-Lieblings Intershop den Gründer Stephan Schambach aus dem ersten Glied des Intershop-Managements zurückgepfiffen hat. Jedenfalls hat Köhler Erfahrung damit, welche Unternehmerpersönlichkeit zu welchem Zeitpunkt die richtige an der Spitze ist:
"Nun ist es natürlich nicht so, dass man morgens zur Tür reinkommt und sagt, wir wechseln jetzt das Management aus, sondern es sollte idealerweise ein kontinuierlicher Betreuungsprozess sein, wo man mit dem Management-Team bespricht, was sie können, was sie nicht können, was in Zukunft notwendig ist, wie ist die Situation, wie sagt man ihm, dass er aus dem Unternehmen ganz rausgeht am besten in den Aufsichtsrat geht, weil er dem Unternehmen eigentlich mehr schadet als er nützt ......
Frage: Gibt es also Management-Qualitäten für bestimmte Phasen eines Unternehmens?
"Ich glaube ja, es gibt aber auch Manager, die mit den Phasen mitwachsen, z.B. Bill Gates, der mit seinem Unternehmen ja auch mitgewachsen ist, aber irgendwann gab es dann auch einmal einen Palmer, der eigentlich die operative Führung des Unternehmens übernommen hat. Wenn sie Intershop nehmen ist es Herr Schambach, jetzt eigentlich der Herr Beeck, der die operative Führung des Unternehmens hat. Es gibt immer Entwicklungsphasen, wo einfach andere Anforderungen auf das Unternehmen zukommen, da gibt es einzelne Spieler......, und dann kommt man eigentlich sehr schnell zu einer gewissen Konsolidierungsphase, da muss jemand was von Merger, Fusionen, Akquisitionen verstehen, und das ist eine ganz andere Management-Qualifikation, als ein richtiges Produkt in Java zu entwickeln ."
Das mag im Einzelfall ein schmerzlicher Prozess sein zu erkennen, wo die Grenzen sind, wann der Gründer nicht mehr gefragt ist, wann der Visionär vom Controller, vom Macher oder vom Vertriebsmenschen abgelöst werden muss.
Das ist für manchen Wagnisfinanzierer aber auch eine schmerzliche Erkenntnis, die er der Gesellschaft zumutet: Innovation, Bereitschaft zum Wechsel, zum Umbau, zum Neuen, Bereitschaft zum Wagnis seien bei den Deutschen eben nicht so ausgebildet wie anderswo, meint Alf Grunwald von Warburg Pincus, und daran könnten auch die neuen Chancen der Wagnisfinanzierer in der Steuerreform nicht schnell etwas ändern:
"Es wird sehr schwer sein, aus Leitern für Geschäftsfelder, die jetzt ausgegliedert werden, in einem großen, deutschen Unternehmen, im Sinne von Unternehmensumstrukturierung eigenständige Unternehmer zu formen. Das muss man ganz klar erkennen, weil aus unserer Erfahrung heraus gibt es Unternehmertypen und diese Unternehmertypen sitzen in der Regel keine 20 Jahre bei einem deutschen Großindustriellen als Prokurist oder als Geschäftsführer. Sondern diese Unternehmertypen suchen das Risiko, suchen die Chance. Diese Kultur hatten wir in Deutschland nicht, es wird hier Bewegung reinkommen, aber man kann mit Sicherheit nicht über Nacht durch diese Umstrukturierung durch die Steuerreform hier eine wesentliche Verbesserung der Quantität und Qualität der unternehmerischen Ressourcen in Deutschland sehen .......das kann ich mir nicht vorstellen."
Private Equity und Venture Capital und andere Formen der außerbörslichen Unternehmensfinanzierung mit Eigenkapital werden schon deshalb keine Massenerscheinung werden, weil es Deutschland an unternehmerischem Potenzial in der Breite fehle, um hier mehr Gründungen erfolgreich nach vorne zu bringen, sagt Grunwald. Aber der Boom der Branche zeigt: Ein Anfang ist auch hier gemacht.
Die Lautsprecher dröhnten das Lied von den besten Fans der Liga.
Die Fans der Liga mögen Fans der Liga geblieben sein, die Fans der Börse sind verschwunden. Die Umsätze sind im ersten Halbjahr dieses Jahres um fast 30 Prozent gesunken. Um so mehr kümmern sich vor allem Großanleger, namentlich die Versicherungen, um außerbörsliche Geldanlagen. Denn sie stehen im Wort, die Guthaben ihrer Versicherungsnehmer mit einer relativ hohen Durchschnittsrendite zu bedienen. Warum dann der Griff zu außerbörslichen Geldanlagen?
Weil nach einem langjährigen Durchschnitt 80 Prozent des Unternehmenswertes in der Gründungs-, Früh- und Ausbauphase erwirtschaftet werden, für die Zeit an der Börse bleiben nur 20 Prozent Wertsteigerung übrig.
Die beiden gängigsten Formen der außerbörslichen Unternehmensfinanzierung heißen Private Equity und Venture Capital. Ann-Kristin Achleitner, Professorin für Bank- und Finanzmanagement an der European Business School, erklärt die Unterschiede:
"Den Unterschied kann man sich am besten vorstellen, wenn man daran denkt, was für ein Zyklus ein Unternehmen durchwandert, von der Gründung bis zum etablierten Unternehmen . Venture Capital ist damit beschäftigt, ganz neue Unternehmen zu gründen und aufzubauen bis zu dem Zeitpunkt, wo sie Gewinne machen, während Private Equity sehr viel später ist, da geht es um etablierte Unternehmen, die schon Gewinne gemacht haben, vielleicht im Trudeln sind , vielleicht ihre Eigentümerstruktur geändert haben müssen...."
Mit der Finanzierung unterschiedlicher Lebensphasen des Unternehmens sind in der Regel auch unterschiedliche Risiken verbunden. Venture Capital, zu deutsch Wagnisfinanzierung, gilt in der Regel als das Geschäft, in dem Pleiten und Pannen den Investor schneller erreichen können. Alexander Wunder, Geschäftsführender Gesellschafter der FidesTrust, der Beteiligungsgesellschaft der Privatbank Hauck & Aufhäuser:
"Das ist im Regelfall risikoreicher, weil natürlich noch nicht so klar erkennbar ist, ob sich die Firmen so erfolgreich entwickeln, Beim Private Equity ist es eben meistens so, dass die Firmen eine Historie haben, man also eine ganz andere Einschätzungsmöglichkeit hat, in Bezug auf Erträge und Wachstumsperspektiven, das ist eigentlich der wesentliche Unterschied."
Ein Beispiel: Die frühere Bundesdruckerei, einst staatliche Gelddruckmaschine, ist zur Privatisierung an eine Private Equity-Gesellschaft verkauft worden. Die will die einstige Behörde in "Authentos" umbenennen und daraus einen internationalen Konzern rund um die Themen Sicherheit und Echtheit bauen. Aber auch Großkonzerne wie die Deutsche Telekom oder Familien wie die Quandts bedienen sich Private Equity Gesellschaften, um Teile ihres Geschäfts in neuer Eigentümerschaft neu zu ordnen. Axel Pfeil, Vorstandsvorsitzender von DB Investor, der Industrieholding der Deutschen Bank:
"Wir haben uns in den letzten Jahren an einer Reihe von Unternehmen beteiligt, überwiegend in Sektoren, die vor Umbrüchen oder an Wendepunkten standen , also wie der Kabel-TV-Sektor in Deutschland, aber auch andere Unternehmen wo wir uns an einem Familienunternehmen beteiligt haben, der Varta AG, wo eben der Markt für Auto- und auch Konsumerbatterien vor einem Umbruch, vor einer Konsolidierungswelle steht. Unsere Aufgabe dabei ist eigentlich, diese Unternehmen strategisch zu begleiten, sie weiter zu entwickeln und eigentlich den unterschiedlichen Unternehmensbereichen, die sich oft unter dem Dach der Konzerneinheit befinden, neue strategische Freiheiten und Perspektiven zu geben."
Pfeil leitet eine der größten Private Equity-Gesellschaften in Europa. Er hat dieses Jahr rund 3,5 Milliarden Euro eingesammelt, die in den nächsten drei Jahren investiert werden. Die Allianz Capital Partner kommt ebenfalls auf 3,5 Milliarden Euro, Apax in London auf 4,4 Milliarden, Bain Capital ebenfalls auf 3,5 Milliarden Euro. Vor sechs Jahren hatten alle Private Equity-Gesellschaften in Europa gerade mal vier Milliarden Euro zusammengetragen, in diesem Jahr sind es mit knapp 35 Milliarden Euro fast neunmal soviel.
Damit werden riesige Investitionen angestoßen. Denn die 35 Milliarden Euro sind das eine Drittel Eigenkapital, das bei Unternehmensfinanzierungen mit weiteren zwei Drittel Fremdkapital, also Krediten, ergänzt wird. Private Equity-Gesellschaften bewegen also Investitionen von gut 100 Milliarden Euro oder rund 200 Milliarden Mark. Eine boomende Branche ? Axel Pfeil von DB-Investor:
"Private Equity und Venture Capital sind ganz eindeutig Wachstumsbranchen, dass sehen sie allein daran, dass zunehmend mehrere und größere Fonds aufgelegt werden, dass sich zunehmend mehr Investoren auf der Welt finden lassen, die in diese Fonds investieren."
Die Begriffe sagen es schon: Die außerbörsliche Unternehmensfinanzierung nicht mit Krediten, sondern mit Eigenkapital, kommt aus den Vereinigten Staaten, wo sie schon Ende der fünfziger Jahre entstand. Zwar gibt es auch hier Vorläufer wie etwa die Finanziers der Jahrhundertwende, die Fürstenbergs und die Rothschilds, die auch haftendes Eigenkapital gaben, um junge oder auch etablierte Unternehmen in neuer Eigentümerschaft neu auszurichten. Dennoch gilt diese Form der Unternehmensfinanzierung als eine eher angelsächsische Tradition. Alf Grunwald, Managing Director des Münchner Wagnisfinanzierers Warburg Pincus:
"In den USA hat man die VC-Szene Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre gegründet, schon weil es in den 50er und 60er Jahren in den USA durchaus üblich war, dass man als Privatmann Eigenkapital einem Unternehmer zur Verfügung gestellt hat. In Deutschland hat man dies eigentlich nie erreicht, weil hier die Banken oder die Finanzdienstleistungswirtschaft hier ganz andere Angebote auch Produkte angeboten hat und es war bis vor einigen Jahren eigentlich üblich, dass die typische Unternehmensfinanzierung eher durch Fremdkapital, nicht durch Eigenkapital stattgefunden hat."
Das Prinzip bei venture capital- und private equity-Finanzierungen: Sie geben keine Kredite, die regelmäßig mit einem verabredeten Zinssatz bedient und getilgt werden müssen, sie geben haftendes Eigenkapital. Die westdeutschen Unternehmen sind zwar nach Meinung der Bundesbank solide finanziert, sie kommen aber nur auf eine Eigenkapitalquote von 19 Prozent. Im Einzelhandel sind es weniger, in der darbenden Bauwirtschaft machen die Eigenmittel nur vier Prozent der Bilanzsumme aus.
Doch auch der deutlich höhere Durchschnittswert zeigt an: Deutsche Unternehmen finanzieren sich überwiegend durch Kredite. Wagnisfinanzierer und Private Equity-Gesellschaften treten dagegen nicht als Geldverleiher, sondern als Miteigentümer in das Unternehmen ein. Das sei ein erheblicher Unterschied, meint Alexander Wunder von Hauck & Aufhäuser:
"Das Eigenkapital, was hier bereitgestellt wird, ist unternehmerisches Kapital, d.h. die Beteiligten sind sich dessen bewußt, das sie hier ein unternehmerisches Risiko im klassischen Sinne eingehen. Natürlich hat auch ein Kreditgeber ein Risiko im Sinne eines Ausfallrisikos, aber er ist nicht als Kapitaleigner an der Firma beteiligt und kann Entscheidungen auf Gesellschafterebene mit beeinflussen und das ist ein ganz entscheidender und wichtiger Unterschied. Im übrigen ist das so , dass sich auch die PE-. Finanziers sehr stark in dieser Rolle sehen, hier eine fördernde und helfende Position einzunehmen und viele der PE-Finanziers gehen gerade aus diesem Grunde deshalb nur mehrheitlich in solche Situation. Es geht also nicht nur um Kapital , wie das bei einem klassischen Fremdfinanzierungsmodell der Fall ist, sondern es geht um Know how, es geht um Netzwerke, es geht um Kontakte und Verbindungen,, was gerade zum Beispiel im Internationalen Geschäft von großer Bedeutung sein kann, Der klassische Mittelständler hat vielfach im Ausland nicht das Netzwerk und die Verbindung um dort so gezielt und zügig voran zu kommen, wie es vielleicht möglich wäre, und PE-Gesellschaften haben eben auf Grund ihres Geldes verschiedener Unternehmen und einer meistens internationalen Vernetzung mit ähnlichen Akteuren eine ganz anderen Möglichkeit das zu fördern und zu begleiten."
Und mit diesen Verbindungen bringen die private equity-Investoren natürlich auch ihren Namen in das zu finanzierende Unternehmen ein. Auch das helfe, meint Axel Pfeil von der Deutschen Bank:
"Durch die Bonität und Reputation eines solch großen Instituts , als der wesentliche Aktionär in seinem Unternehmen, bekommt das Unternehmen selber natürlich auch eine ganz andere Kredibilität."
Das ist freilich nicht von Dauer. Denn die Finanzierungsgesellschaften bringen zwar Eigenkapital ein. Das entnehmen sie aber nicht eigenem Vermögen, sondern den Geldtöpfen, die sie als Versicherer von ihren Versicherungsnehmern eingesammelt oder von anderen Kunden zur Geldvermehrung entgegengenommen haben. Sowohl die Versicherten als auch Kunden anderer Art wollen ihr Geld natürlich zurück, spätestens dann, wenn etwa die Versicherung fällig wird.
: Und dann muss die Private Equity-Gesellschaft wieder flüssige Mittel bereitstellen, natürlich möglichst hoch verzinst. Herbert Sternberg, früher Banker, jetzt freiberuflicher Business Angel, also Ratgeber für junge Unternehmen, und Mitglied im CDU-Wirtschaftsrat, rät seinen Kunden, schon von an Anfang im Blick zu haben, dass der neue Miteigentümer ein Eigner auf Zeit sei:
"Private Equity, Venture Capital-Finanzierungen stehen nach meiner Erfahrung nicht länger zur Verfügung, auch da gibt es von mir immer kritische Anmerkungen. Man geht davon aus, dass maximal drei Jahre Kapital zur Verfügung steht, dann möchte man über einen Exit seinen Erfolg sehen. Zwar ist nach den Bilanzrichtlinien z.B. Private Equity, Venture Capital langfristiges Kapital, Eigenkapital, in Wirklichkeit weiß man aber, in wenigen Jahren trennt man sich wieder, und genau dieses erkläre ich auch Unternehmern, damit er auch sieht, bei Beginn einer Partnerschaft muss er schon wieder eine neue Partnerschaft irgendwo im Hintergedanken berücksichtigen."
Andere in der Branche sagen, eine Private Equity-Gesellschaft bleibe sechs bis zehn Jahre Miteigentümer. Sicher ist, dass es eine Partnerschaft auf Zeit ist. Und ebenso sicher ist, dass die Investoren mit hohen Gewinnererwartungen ihr Geld, ihr Wissen, ihre Verbindungen und ihren Namen hergeben. Am präzisesten formuliert Axel Pfeil von DB Investor namens der Deutschen Bank seine Ziele:
"Wir gehen im Durchschnitt von Renditen aus, die zwischen 20 und 30 Prozent liegen."
Solche traumhaften Zahlen haben sich natürlich auch unter Privatanlegern herumgesprochen. Sie fragen danach und sie werden auch mit Angeboten bedient. Doch Axel Pfeil meint, private equity sei für einen typischen Kleinanleger, der 20.000 Mark anlegen will, eine Anlageform, die er vernachlässigen sollte. Die Begründung:
"Es gibt zunehmend Fonds, die im Grunde genommen auch das Privatklientel suchen. Ich denke mir nur, hier muss man aufpassen, weil ....es gibt eine ganze Reihe von Vermittlern ,die dann wieder dieses Geld diesen Fonds zu- führen... Hier muss man eben aufpassen, aus der Sicht des Investors , nach Kosten, Gebühren, Aufschlägen, Provisionen u.s.w., dass diese Fonds, auch nach Kosten, noch eine Rendite haben, die im Grunde genommen, dem Risiko das man eingegangen ist ,entsprechen."
Auch Alf Grunwald von Warburg Pincus unterscheidet sich nur in Nuancen von solchen Warnungen an Privatanleger:
"Es gibt aber inzwischen auch Fund-in-Fund-Produkte, die im Prinzip ein sogenanntes Anlegerpooling durchführen, so dass auch Anleger mit Beträgen von 10.000 DM aufwärts indirekt über Dritte an diesen PE- oder VC-Fonds beteiligen können. Das geht natürlich auf die Rendite, ist aber mit hoher Wahrscheinlichkeit immer noch ertragreich. Aber sehr illiquide.....weil diese Funds eine Laufzeit von 10 bis 16 Jahren haben können."
Ein Ersatz für den Neuen Markt, bei dem bis vor gut einem Jahr noch traumhafte Renditen quasi über Nacht zu holen waren, sind private equity- und venture Capital-Anlagen also nicht. Ihre volkwirtschaftliche Bedeutung mindert das nicht. Die liegt vor allem darin, dass über sie Nachfolgefragen geklärt werden können, das also Unternehmer ohne geeignete Nachfolger über diesen Weg ihr Geschäft weiter- und voranbringen können.
Und sie liegt in der Chance, über neue Partner und Geschäftsmodelle dem Unternehmen einen größeren Markt zu verschaffen. Erst jüngst hat eine Großbank ihre Softwareabteilung in ein selbständiges Softwarehaus eingebracht. Jetzt gibt es eine Vertriebs- und Marketingabteilung. Sie sorgt dafür, dass die Programmierer für mehr Kunden als nur die Großbank schreiben, dass ein Programm mehrfach verkauft wird. Axel Pfeil von DB Investor über die Chancen zur Umstrukturierung der Unternehmenslandschaft durch Private Equity- und Venture Capital-Modelle:
"Die Bedeutung unseres Geschäfts liegt volkswirtschaftlich darin, dass wir im Grunde genommen kleineren Unternehmen oder größeren mittelständischen Unternehmen durch unsere Unterstützung und Begleitung, neue Perspektiven eröffnen können. Genauso, wie es im VC-Bereich der Fall ist, wo Ideengeber sind, die im Grunde genommen auf Finanzpartner treffen, so dass sich diese Ideen umsetzen lassen können. Ich glaube, das wissen wir auch aus der in Deutschland stark mittelständisch geprägten Struktur, dass durch diese Aktivitäten und durch das Wachstum der Finanzinvestoren eine erhebliche volkswirtschaftliche Belebung in Gang kommt und gerade diese kleinen Unternehmen sind diese Wachstumsunternehmen, die im Grunde genommen für Innovation stehen, für Wachstum, für neue Ideen, für eine neue Flexibilität und eine ganz andere Motivation."
Freilich gelingt nicht alles. Wer Unternehmen umbaut und auf neue Märkte einstellt, der erleidet auch Schiffbruch. Die Wagnisfinanzierer, die nach dem Gesetz der großen Zahl vorgehen und mehrere Unternehmen unter ihre Fittiche nehmen, wissen, dass die Erfolgsquote eher gering, das Risiko also relativ hoch ist. Gert Köhler, Managing Director des Wagnisfinanzierers 3i Europe:
"Ich glaube, das hängt davon ab, wann eine VC-Finanzierung anfängt, wenn sie in der Frühphase anfängt, kann man durchaus damit rechnen das 30 Prozent der Entwicklung, vielleicht sogar mehr, einfach nicht erfolgreich abgeschlossen sind, weil sich einfach aus unterschiedlichen Gründen technische Risiken, Marktrisiken zeigen. Wenn es in einer späteren Phase ist, sollten eigentlich wenige Unternehmen nicht erfolgreich sein. Ganz erfolgreich, aber das hängt sehr viel von der Qualität der VC-Gesellschaft ab, sind ein Gros zwischen 10 und 30 Prozent, die man dann als Highflyer ansehen kann."
Die Highflyer müssen also die Rendite bringen: Sie müssen die Verluste der misslungenen Engagements ausgleichen und den durchschnittlichen Erfolg des Mittelmaßes so stützen, dass insgesamt eine dem Risiko angemessene Rendite herauskommt. Deshalb greifen die private equity-Manager wohl auch gelegentlich ins Management ein, verändern Zuständigkeiten oder setzen gar leitende Mitarbeiter an die Luft.
Das gehört zur Aufgabe eines engagierten Anteilseigners. Man darf davon ausgehen, dass Gert Köhler von 3i als Aufsichtsrat des einstigen Neue Markt-Lieblings Intershop den Gründer Stephan Schambach aus dem ersten Glied des Intershop-Managements zurückgepfiffen hat. Jedenfalls hat Köhler Erfahrung damit, welche Unternehmerpersönlichkeit zu welchem Zeitpunkt die richtige an der Spitze ist:
"Nun ist es natürlich nicht so, dass man morgens zur Tür reinkommt und sagt, wir wechseln jetzt das Management aus, sondern es sollte idealerweise ein kontinuierlicher Betreuungsprozess sein, wo man mit dem Management-Team bespricht, was sie können, was sie nicht können, was in Zukunft notwendig ist, wie ist die Situation, wie sagt man ihm, dass er aus dem Unternehmen ganz rausgeht am besten in den Aufsichtsrat geht, weil er dem Unternehmen eigentlich mehr schadet als er nützt ......
Frage: Gibt es also Management-Qualitäten für bestimmte Phasen eines Unternehmens?
"Ich glaube ja, es gibt aber auch Manager, die mit den Phasen mitwachsen, z.B. Bill Gates, der mit seinem Unternehmen ja auch mitgewachsen ist, aber irgendwann gab es dann auch einmal einen Palmer, der eigentlich die operative Führung des Unternehmens übernommen hat. Wenn sie Intershop nehmen ist es Herr Schambach, jetzt eigentlich der Herr Beeck, der die operative Führung des Unternehmens hat. Es gibt immer Entwicklungsphasen, wo einfach andere Anforderungen auf das Unternehmen zukommen, da gibt es einzelne Spieler......, und dann kommt man eigentlich sehr schnell zu einer gewissen Konsolidierungsphase, da muss jemand was von Merger, Fusionen, Akquisitionen verstehen, und das ist eine ganz andere Management-Qualifikation, als ein richtiges Produkt in Java zu entwickeln ."
Das mag im Einzelfall ein schmerzlicher Prozess sein zu erkennen, wo die Grenzen sind, wann der Gründer nicht mehr gefragt ist, wann der Visionär vom Controller, vom Macher oder vom Vertriebsmenschen abgelöst werden muss.
Das ist für manchen Wagnisfinanzierer aber auch eine schmerzliche Erkenntnis, die er der Gesellschaft zumutet: Innovation, Bereitschaft zum Wechsel, zum Umbau, zum Neuen, Bereitschaft zum Wagnis seien bei den Deutschen eben nicht so ausgebildet wie anderswo, meint Alf Grunwald von Warburg Pincus, und daran könnten auch die neuen Chancen der Wagnisfinanzierer in der Steuerreform nicht schnell etwas ändern:
"Es wird sehr schwer sein, aus Leitern für Geschäftsfelder, die jetzt ausgegliedert werden, in einem großen, deutschen Unternehmen, im Sinne von Unternehmensumstrukturierung eigenständige Unternehmer zu formen. Das muss man ganz klar erkennen, weil aus unserer Erfahrung heraus gibt es Unternehmertypen und diese Unternehmertypen sitzen in der Regel keine 20 Jahre bei einem deutschen Großindustriellen als Prokurist oder als Geschäftsführer. Sondern diese Unternehmertypen suchen das Risiko, suchen die Chance. Diese Kultur hatten wir in Deutschland nicht, es wird hier Bewegung reinkommen, aber man kann mit Sicherheit nicht über Nacht durch diese Umstrukturierung durch die Steuerreform hier eine wesentliche Verbesserung der Quantität und Qualität der unternehmerischen Ressourcen in Deutschland sehen .......das kann ich mir nicht vorstellen."
Private Equity und Venture Capital und andere Formen der außerbörslichen Unternehmensfinanzierung mit Eigenkapital werden schon deshalb keine Massenerscheinung werden, weil es Deutschland an unternehmerischem Potenzial in der Breite fehle, um hier mehr Gründungen erfolgreich nach vorne zu bringen, sagt Grunwald. Aber der Boom der Branche zeigt: Ein Anfang ist auch hier gemacht.