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Wettbewerb für bessere Lehre

Die traditionelle Jahresversammlung des Stifterverbands für die deutsche Wissenschaft stand diesmal ganz im Zeichen der Hochschullehre. Und hier ist dringender Verbesserungsbedarf, fordert der Verband. Dieses Ziel hat die Organisation in diesem Jahr zum Schwerpunkt ihrer Programmarbeit gemacht.

Von Solveig Bader |
    Jeder fünfte Student in Deutschland verlässt die Hochschule ohne Abschluss. In den Natur- und Ingenieurwissenschaften liegt die Abbrecherquote sogar bei 40 Prozent. Und das, obwohl schon jetzt ein akuter Fachkräftemangel zu spüren ist. Die Hochschullehre ist in die Krise geraten, sagte Volker Meyer-Guckel, stellvertretender Generalsekretär des Stifterverbandes, auf der Jahresversammlung in der Essener Villa Hügel:

    "Da gibt es zwei Gründe dafür: Zum einen, weil wir mittlerweile durch die Massenuniversitäten das Problem kaum noch in den Griff bekommen, qualitativ hochwertige Lehre zu produzieren, zum anderen aber auch, weil das System zu sehr auf das Thema Forschung setzt. Und dagegen will der Stifterverband etwas entgegen setzen."

    Parallel zur Exzellenzinitiative für die Forschung, die Bund und Länder angestoßen haben, will der Stifterverband deshalb bereits in diesem Herbst eine Exzellenzinitiative für die Lehre auf den Weg bringen. Und zwar durch einem Wettbewerb. Erstmals konnte die Kultusministerkonferenz für dieses Projekt als Partner gewonnen werden.

    "Dann werden wir einen Wettbewerb um Zukunftskonzepte für innovative Lehre ausschreiben. Und die Hoffnung besteht darin, dass diese Zukunftskonzepte auch in eine weitere Exzellenzinitiative von Bund und Ländern einfließen können, die dann auch nicht nur die Forschung, sondern auch die Lehre berücksichtigt."
    Doch was gute Vorlesungen, Seminare und Dozenten auszeichnen, das wissen Wissenschaftler und Politiker selbst nicht so genau. Das soll bei dem Wettbewerb herausgefunden werden. Denn:

    "Gute Lehre ist schwer zu definieren. Der Wissenschaftsrat tut sich auch schwer, hat mittlerweile das dritte Mal eine entsprechende Empfehlung verschoben. Und es wird eine der Aufgaben sein innerhalb des Wettbewerbs, die Kriterien zu schärfen, dass man sagen kann, gut, das ist ein Indikator für gute Lehre. Es geht darum, dass die Institution Hochschule sich dieses Themas annimmt und nicht sagt, das ist das Privatvergnügen der einzelnen Hochschullehrer."
    In dem Wettbewerb haben auch die Studenten etwas zu sagen, verspricht Volker Meyer-Guckel vom Stifterverband:

    "Das Urteil der Studierenden ist ganz wichtig, also es wird auch Studierendenvertreter in den Gutachterkommissionen geben. Und die Lehrevaluationen durch die Studierenden werden natürlich auch berücksichtigt werden in solchen Verfahren."
    Der Wettbewerb hat mehrere Ziele: Er soll Universitäten und Fachhochschulen dabei unterstützen, ihren internationalen Ruf als Ausbildungsstätte zu verbessern. Stifterverband und Kultusministerkonferenz wollen nicht nur Zukunftskonzepte für die Lehre auszeichnen, sondern auch den Aufbau fachspezifischer Didaktikzentren fördern und die Dozenten dabei unterstützen, sich didaktisch weiterzubilden. Der Stifterverband fördert die Initiative mit fünf Millionen Euro. Noch einmal dieselbe Summe bringen die Länder auf.

    Nicht nur solche Projekte tragen zur Verbesserung der Lehre bei, auch Studienbeiträge spielen eine wichtige Rolle, meint Volker Meyer-Guckel vom Stifterverband:

    "Wir haben jetzt eine Studie im Auftrag des Landes Nordrhein Westfalen durchgeführt, wo gezeigt wird, dass die Mittel, die durch Studienbeitrage den Hochschulen zufließen, wirklich der Lehre zugute kommen, das akzeptieren auch die Studierenden und deshalb ist die Akzeptanz der Studierendenschaft deutlich gestiegen."
    Gerade Studenten aus bildungsfernen Schichten profitierten von kleinen Tutorien und persönlicher Betreuung, die durch die Studienbeiträge finanziert werden. Durch das System von Krediten, BAföG, Stipendien und Studienbeitragsbefreiungen könnten alle studieren, die studieren wollen. Die Abschaffung der Studiengebühren hält Volker Meyer-Guckel vom Stifterverband deshalb für einen Fehler.

    "Für die hessischen Hochschulen war es sicherlich keine gute Entscheidung, denn die werden jetzt das Geld, was sie durch die Studiengebühren verlieren, auf anderem Wege einwerben müssen. Das heißt, ein massives Budgetproblem werden die Hochschulen bekommen, weil natürlich diese Budgets schon eingeplant waren und es wird schwierig werden."
    Der Stifterverband befürchtet, dass die wegfallenden Einnahmen den Hochschulen auf Dauer nicht ersetzt werden, so wie es die Politik eigentlich versprochen hat. Das Land könne nicht dafür garantieren, dass die Hochschulen von den nächsten Haushaltseinsparungen verschont bleiben. Häufig sei als erstes immer die Hochschulbildung von Kürzungen betroffen. Am Ende würden die Studenten unter einer verschlechterten Lehrqualität leiden.

    Joachim Kreuzberg, Vorstandsvorsitzender des Technologieunternehmens Satorius in Göttingen, spürt diesen Trend bereits jetzt.

    "Wir merken durchaus, dass in den naturwissenschaftlichen Fächern oftmals Absolventen von Hochschulen zum Beispiel aus Tschechien und solchen Ländern eine bessere Grundausbildung haben. Wir sehen schon, es gibt weiterhin hervorragende Absolventen in Deutschland, ohne Zweifel, aber die sind doch eher rar gesät mittlerweile."