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Whistleblower
Enthüller oder Nestbeschmutzer?

Die NSA, der Whistleblower, der Überwachungsskandal: Seitdem Edward Snowden die Weltöffentlichkeit wachgerüttelt hat, diskutiert auch Deutschland über sogenannte Hinweisgeber, die mal als Helden und mal als Verräter und Nestbeschmutzer gelten. Vonseiten des Gesetzes sind sie laut Opposition ohnehin nur unzureichend geschützt.

Von Stefan Maas und Jens Rosbach | 09.06.2014
    Videokonferenz mit Snowden (hier am 5. April 2014 in Chicago) - eine mögliche Lösung
    Nachdem Edward Snowden mit seinen Enthüllungen an die Öffentlichkeit gegangen ist, diskutiert auch die deutsche Politik darüber, wie sie mit sogenannten Hinweisgebern umgehen soll. (dpa / picture-alliance / Kamil Krazaczynski)
    "My name is Ed Snowden." Auf den Tag genau ein Jahr ist es her: In einem Fernsehinterview gibt Edward Snowden seine Identität preis. Der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter hatte zuvor ausgewählten Journalisten vertrauliche Informationen aus dem Innersten des US-Nachrichtendienstes NSA übergeben. Sie beweisen: Die Behörde hat heimlich Millionen von Internet- und Telefondaten ausgeforscht. Weltweit - auch in Deutschland. Später wird herauskommen: Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und zahlreiche andere Staats- und Regierungschefs wurden abgehört.
    "Any analyst at any time can target."
    "Ich habe die Probleme bei weitem unterschätzt. Das ging ja bis zum Rufmord. Ich bin mehrfach auch schriftlich für verrückt erklärt worden. Wenn man das im Hinterkopf hat, dann braucht man ein sehr, sehr dickes Fell. Und lange hält man das nicht durch", sagt Rainer Moormann. Chemiker, früher Mitarbeiter in der Kernforschungsanlage Jülich in Nordrhein-Westfalen. 2011 ausgezeichnet mit dem Whistleblower-Preis. Gestiftet von zwei namhaften Organisationen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Aber er hat die Erfahrung gemacht: Auch in Deutschland müssen Mitarbeiter, die Missstände in ihrem Unternehmen öffentlich machen, oft büßen für ihren "Verrat". Moormann: "Ich bin geschnitten worden. Die unmittelbaren Kollegen haben mich total abgelehnt."
    Moormann arbeitete 35 Jahre lang in der Kernforschungsanlage. Die Anwohner der Gegend haben sich an den großen Block gewöhnt, der auch noch aus einiger Entfernung sichtbar in die Höhe ragt. Dort war bis 1988 ein Kugelhaufen-Reaktor im Forschungsbetrieb. Befürwortern galt diese Technologie stets als besonders sicher und katastrophenfrei. Moormann jedoch, der sich unter anderem mit der Sicherheit dieses Reaktortyps beschäftigte, hatte daran Zweifel - und ging, nachdem er seine wissenschaftlichen Bedenken intern angesprochen hatte - erfolglos, wie er selber sagt - an die Öffentlichkeit. "Man muss um solche Endergebnisse natürlich kämpfen. Es gibt natürlich große Interessen, starke Interessen solche Aufklärung zu verhindern. Das hätte ich so nicht erwartet. Ich saß am Schluss alleine in einer Etage und hatte eigentlich keine Aufgaben mehr. Auch vonseiten des Forschungszentrums hat man mir nur noch so, naja, Schraubenzählaufgaben gegeben."
    Opposition: Aufklärer durch neue Paragraphen schützen
    "Die Gesetzeslage ist ganz schlecht. Deswegen haben wir uns immer wieder bemüht - die grüne Fraktion - überhaupt eine Whistleblower-Gesetzgebung in Deutschland zu machen. Der Gesetzgeber soll ja gerade Sicherheit schaffen, Rechtssicherheit, für mögliche Whistleblower", fordert Hans-Christian Ströbele. Für die Opposition im Bundestag ist ganz klar: Die Aufklärer müssen durch neue Paragraphen geschützt werden,so Ströbele. Doch der politische Widerstand ist groß. Stephan Mayer, der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, argumentiert: "Also es gibt natürlich auch Arbeitnehmer, die nicht aus hehren Gesichtspunkten und Motiven handeln, sondern, ja, als Denunzianten oder vielleicht auch um sich an dem Arbeitgeber zu rächen. Ich möchte gar nicht behaupten, dass diese Fälle in der Mehrzahl sind. Aber natürlich muss man sehen, dass wir ja eine abstrakt-generelle Regelung schaffen müssten dann mit diesem Hinweisgeber-Schutzgesetz. Und ich glaub persönlich nicht, dass dies zu einem höheren Schutz der Arbeitnehmer in Deutschland führen würde."
    Es ist ein warmer Junitag in Aachen. Rainer Moormann bittet zum Gespräch in seinen Wintergarten. Die Tür ist weit geöffnet, der Blick geht ins Grüne. Büsche, dahinter eine Wiese. Der bärtige, schlanke Mann sitzt im langen hellen Pullover in der Sonne. Dann steht er kurz auf, um das Dach seines Wintergartens zu öffnen. Ein Schmetterling hat sich durch die offene Tür hereinverirrt. Moormann wartet, bis das Tier wieder hinausgefunden hat.
    Denunziant, Verräter? Der ehemalige Whistleblower nickt: "Die Erfahrung habe ich auch gemacht. Dass mir der Vorwurf gemacht wurde, ich würde das Forschungszentrum in ein schiefes Licht bringen und Arbeitsplätze gefährden." Doch als die angeblich so sichere Technologie nach Südafrika verkauft werden soll, beschließt der Wissenschaftler, zu handeln. "Begonnen hat das für mich damit, dass der Reaktor voller Staub sitzt, voll mit radioaktivem Staub. Er hat kein Containment, keine Schutzhülle. Wenn es also zu einem Leck kommt, kommt der radioaktive Staub raus. Und belastet die Umgebung massiv. Das hatte man den Südafrikanern aber nicht gesagt", sagt Moormann.
    Gesellschaftliche Akzeptanz von Whistleblowern gering
    Es geht um viel Geld. Pannen kann man da nicht gebrauchen. Dabei hat es die durchaus gegeben. 1978 zum Beispiel kommt es zu einem Störfall, bei dem 27.000 Liter Wasser in den inneren Teil des Reaktors fließen. In der Folge werden auch Grundwasser und Boden belastet. Das ist schon einige Jahre bekannt, wurde aber erst vor wenigen Wochen noch einmal aufgearbeitet durch den Bericht einer Expertenkommission. Die hat die Betreibergesellschaft des Forschungsreaktors 2011 eingesetzt. Der Bericht bescheinigt verantwortlichen Mitarbeitern persönliche Integrität, aber auch „"eine unzureichende Fähigkeit zur Selbstkritik und eine Unterschätzung der Schwachstellen" der Technik und teilweise bewusstes Fehlverhalten. Whistleblower Moormann, den die Experten auch befragten, sieht sich bestätigt: "Natürlich stellt mich das zufrieden. Wobei ich ja nichts anderes erwartet hatte eigentlich."
    "Es ist immer einfacher, denjenigen, der auf den Dreck hinweist, in die Wüste zu schicken als Sündenbock, als sich wirklich Gedanken zu machen, warum ist dieser Dreck da, was ist mein Anteil daran, dass dieser Dreck da ist, und was kann ich dafür tun, dass er dauerhaft beseitigt wird. " Guido Strack ist Vorsitzender des Whistleblower-Netzwerks. Seit seiner Gründung 2006 hat es sich der Verein mit Sitz in Köln zur Aufgabe gemacht, Menschen zu unterstützen, die Missstände öffentlich machen wollen. Denn die stehen meist ziemlich alleine da. Das hat Strack am eigenen Leibe erfahren. Er selbst hatte - als EU-Beamter - auf finanzielle Unregelmäßigkeiten bei der Zusammenarbeit mit einem privaten Unternehmen aufmerksam gemacht. Das Ergebnis: Nach langem rechtlichen Ringen wurde er 2005 - wie es offiziell heißt - "dienstbedingt" frühpensioniert. Mit 40 Jahren. Kein Einzelfall. "Ich denke, Deutschland ist letztlich kein großer Sonderfall, also die gesellschaftliche Akzeptanz von Whistleblowern ist überall ziemlich kritisch. Was das Rechtliche angeht, ist Deutschland denke ich schon in einer gewissen Sonderrolle - dass wir ziemlich weit hinten dran sind", so Strack.
    Online-Portale für anonyme Hinweisgeber
    Die wenigsten Bürger wissen: Mehrere Bundesländer haben bereits Whistleblower-Systeme eingerichtet. So installierten Brandenburg und Niedersachsen Online-Portale für anonyme Hinweisgeber. Andere Länder wie Berlin, Rheinland-Pfalz und das Saarland haben Vertrauensanwälte oder Ombudspersonen benannt, die Verdachtsmeldungen entgegen nehmen. Diese Instanzen sollen in erster Linie Korruptionsfälle sammeln, auswerten und gegebenenfalls an Polizei oder Aufsichtsbehörden weiterleiten.
    "Und wenn man sich das mal vor Augen führt, dann sind sie und ich und eigentlich alle Menschen potentielle Adressaten von Hinweisgebersystemen. Ich kann als Bürger einen Hinweis machen, als Mitarbeiter eines Unternehmens - aber ich finde nirgendwo ein klares Gesetz, was mir sagt: Was darf ich, wie muss ich es tun und was darf ich nicht." Rainer Frank leitet bei der Antikorruptions-Organisation Transparency International die Arbeitsgruppe Hinweisgeber. Frank, von Beruf Strafrechts-Anwalt, verweist auf einen aufsehenerregenden Fall: 2011 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einer deutschen Whistleblowerin Recht gegeben: der Altenpflegerin Brigitte Heinisch. Die Berlinerin hatte menschenunwürdige Missstände in einem Pflegeheim zur Anzeige gebracht. Ihr Arbeitgeber feuerte sie daraufhin. Die deutschen Gerichte bestätigten die Kündigung - so wandte sich Heinisch an die Straßburger Richter. Diese stellten schließlich in einem juristisch wegweisenden Urteil fest, dass das öffentliche Interesse an mangelhafter Altenpflege höher wiege als eine mögliche Rufschädigung des Arbeitgebers. Die Whistleblowerin erhielt später 90.000 Euro Entschädigung. Frank: "Und wir finden es eben halt als Transparency sehr schade, dass die deutsche Rechtsordnung immer nach Europa schielen muss, wenn man sich das Thema Whistleblowerschutz anschaut. Und wir müssen uns eben vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sagen lassen, dass unsere nationalen Gerichte eine Hinweisgeberin nicht so behandelt haben, dass es der europäischen Grundwerteordnung entspricht."
    Misstände zunächst dem Chef melden?
    Ob Pflegenotstand, Fleischskandale, Umweltverschmutzung oder Korruption: Muss ein Arbeitnehmer die Missstände erst einmal seinem Chef melden? Wie muss der Chef darauf reagieren? Und ab wann darf ein Hinweisgeber seine Vorgesetzten bei der Polizei anzeigen? In anderen Ländern wie in Großbritannien, Luxemburg, Slowenien oder Rumänien, ist dies weitgehend geregelt. Andere Staaten wie Irland oder die Niederlande planen neue Gesetze. Im vergangenen Herbst rief das EU-Parlament auch die übrigen Mitgliedsstaaten eindringlich auf, endlich aktiv zu werden. Zudem hat der Europarat 29 konkrete Empfehlungen zum Whistleblower-Schutz verabschiedet. Experte Frank mahnt: "Das ist eine eindeutige Vorlage, fast schon ein Wink mit dem Zaunpfahl, in Richtung Deutschland. Aber es ist einfach peinlich, wenn die deutsche Regierung solchen Rechtsentwicklungen hinterherläuft."
    Auch die Gruppe der G-20-Staaten hat sich mehrfach für einen Hinweisgeberschutz ausgesprochen. Doch trotz des internationalen Drucks sind es in Deutschland vor allem CDU und CSU, die sich gegen ein Whistleblower-Gesetz sperren. Stephan Mayer, der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, zeigt sich unbeirrt: "Also ich glaube, auch in diesem Punkt muss sich Deutschland nicht verstecken - und auch ein möglicher Beschluss eines G-20-Gipfels ist da für mich noch kein unmittelbarer Handlungsauftrag, sofort als Gesetzgeber tätig zu werden." Der CSU-Mann meint, das - allgemein gehaltene - deutsche Kündigungsschutzgesetz reiche aus, um Whistleblower vor Mobbing und Kündigung zu bewahren. Zudem gebe es Gerichtsurteile, an denen man sich orientieren könne.
    Doch dieser Standpunkt ist umstritten innerhalb der schwarz-roten Regierungskoalition: Denn die SPD hatte bereits 2012 einen Extra-Gesetzentwurf für einen Hinweisgeberschutz formuliert. Bei der Regierungsbildung im vergangenen Jahr konnte sie sich damit aber nicht durchsetzen. Übrig blieb der Passus im Koalitionsvertrag, die Bundesregierung werde prüfen, ob Deutschland den internationalen Vorgaben genüge. Unions-Vertreter Mayer bestätigt zunächst: "Ja, diesen Prüfauftrag wird die große Koalition mit Sicherheit vollumfänglich auch gerecht werden." Doch dann schränkt der CSU-Politiker ein: "Ich persönlich bin der Überzeugung, dass es keinen zusätzlichen Mehrwert bringt, wenn wir hier jetzt als Gesetzgeber vielleicht etwas aktionistisch tätig werden und sofort ein Hinweisgeberschutzgesetz schaffen."
    Widerstand des Koalitionspartners
    Beim Koalitionspartner SPD stößt diese Haltung allerdings auf Widerstand. Der SPD-Abgeordnete und Arbeitspolitiker Markus Paschke will weiterhin für ein Whistleblower-Gesetz kämpfen: "Das ist ein internationaler Auftrag, den sogar die Bundeskanzlerin unterschrieben hat im G20. Und ich glaube, die Bundeskanzlerin wird kein Interesse haben, dass ihre Worte, die sie da getroffen hat, nichts wert sind."
    Die Opposition plant nun, die SPD politisch in die Zange zu nehmen. Der Bündnisgrüne Hans-Christian Ströbele treibt bereits im NSA-Untersuchungsausschuss die Regierungskoalition vor sich her, etwa durch seine Reise zum Top-Whistleblower Edward Snowden nach Russland. Nun will Ströbele auch beim Hinweisgebergesetz Druck machen: Bis zum Herbst soll seine Fraktion - wie bereits in vergangenen Legislaturperioden - einen erneuten Gesetzesvorschlag unterbreiten. Ströbele: "Ein solcher Antrag und die Beratungen im Ausschuss, die Anhörung von Sachverständigen dazu, bietet dann auch dem Koalitionspartner die Möglichkeit zu sagen: Hört mal zu, wir haben ja auch in unseren Koalitionsverhandlungen darüber gesprochen und jetzt lass uns mal überlegen, dass wir nicht so ganz bloß da stehen und dass wir auch eine eigene Regelung vorschlagen."
    Altersteilzeit beantragt
    Whistleblower Moormann: "Irgendwann wurde mir das alles zu viel. Als dann irgendwann 2010 die Möglichkeit aufkam, Altersteilzeit zu machen, habe ich das beantragt und bin seit September letzten Jahres Rentner." Gerade schreibt Rainer Moormann an einem Buch über die Sicherheit von Reaktortechnik. Er habe noch Glück gehabt, sagt der Aachener. Andere seien über ihrem jahrelangen, nervenaufreibenden Kampf psychisch krank geworden. Ein Whistleblower-Gesetz hätte da Sicherheit geben können. Rechtlichen Schutz, aber auch vor persönlichen Anfeindungen. Wobei das Forschungszentrum Jülich erklärt, der Vorstand habe Moormann bei persönlichen Diffamierungen immer in Schutz genommen. Und betont, man habe ihn nicht aufs "wissenschaftliche Abstellgleis" gestellt. Es habe stets ein großes Interesse daran gegeben, dass kontroverse Meinungen zu Wort kommen. Vorausgesetzt, sie erfüllten die Kriterien guter wissenschaftlicher Praxis.
    "Na, Whistleblower sind immer die Guten, wenn sie etwas bei den anderen aufdecken, was mich interessiert. Und wenn sie bei mir selber was aufdecken, dann sind sie natürlich nicht die Guten", sagt Strack vom Whistleblower-Netzwerk. Der Kölner Aktivist glaubt, dass interne Tippgeber je nach politischer Wetterlage gelobt - oder verdammt werden. Dies zeige sich auch bei dem derzeit wohl prominentesten Whistleblower der Welt: Edward Snowden. Strack: "Wenn man sich anguckt, was in den USA passiert, haben wir eine klare Zweiteilung. Dort wo sich Whistleblower in der privaten Wirtschaft betätigen, werden sie teilweise geschützt. Und bekommen teilweise auch Prämien dafür. Aber da, wo sie sich gegen staatliche Sicherheitsinteressen wenden, da werden sie auf das Schlimmste verfolgt. Und das zeigt ja wieder genau das, dass dort, wo es im Sinne der Macht ist, Whistleblowing teilweise auch genutzt wird und gefördert wird. Und dort, wo es als Kontrolle von Macht dient, eben nicht."
    Whistleblower-Schutz für Beamte
    Und in Deutschland? Würde ein deutscher Edward Snowden ebenfalls vom eigenen Staat verfolgt werden? Experte Rainer Frank von Transparency International erklärt, dass für deutsche Beamte - im Gegensatz zu Arbeitnehmern - bereits ein gesetzlich formulierter Whistleblower-Schutz existiert: "Beamte sind weitergehend geschützt als andere gesellschaftliche Gruppen, weil es im Beamtenrecht eindeutige Regelungen gibt, dass wenn Beamte Straftaten im Dienst wahrnehmen, dass sie die melden dürfen, teilweise melden müssen. Und wenn eben keine Reaktion erfolgt, dass sie direkt an die vorgesetzten Dienststellen herangehen dürfen."
    Allerdings ist dieser Hinweisgeber-Schutz auf offensichtliche Straftaten beschränkt; Missstände unterhalb dieser Schwelle sind davon nicht erfasst. Zudem dürfen Staatsdiener unter keinen Umständen an die Presse gehen. Und zahlreiche Beamte, etwa beim Bundesnachrichtendienst, unterliegen besonderen Geheimhaltungsvorschriften. BND-Mitarbeiter, die etwas Verdächtiges nach außen melden wollen, müssen sich an ein Bundestagsgremium wenden. Für Unions-Innenpolitiker Stephan Mayer reicht dies völlig aus: "Das ist der richtige Weg, dass man sich an das zuständige Gremium - in diesem Fall an das Parlamentarische Kontrollgremium - wendet. Aber der falsche Weg wäre es, auf jeden Fall dann sofort das Licht der Öffentlichkeit zu suchen und möglicherweise dann über eine mediale Veröffentlichung einfach wichtige Dienstgeheimnisse preiszugeben."
    Anderer Ansatz der Opposition
    Die Opposition verfolgt einen anderen Ansatz. Hans-Christian Ströbele ist - genauso wie CSU-Politiker Mayer - Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums. Der Bündnisgrüne berichtet: Falls ihn ein deutscher Geheimdienstmitarbeiter anspräche - was selten geschehe - könne er die vorgebrachten, oft nebulösen Hinweise zumeist nur schwer aufklären. Hilfe von außen sei kaum möglich.
    "Das Gremium ist ja zur Geheimhaltung verpflichtet. Also wenn mir jemand irgendwas mitteilt, muss ich das erstmal für mich behalten", sagt Ströbele. Aus diesem Grund wollen die Grünen in ihrem nächsten Gesetzentwurf für Whistleblower auch Beamte einbeziehen, die Geheimnisträger sind: Es müsse geregelt werden, in welchen Fällen Tippgeber die Presse über Missstände informieren dürfen - ohne als Staatsfeind verfolgt zu werden. Ströbele: "Die Öffentlichkeit, die Medien - deshalb ist ja die Pressefreiheit so wichtig - sind sehr häufig erst das wirksame Korrektiv."
    "My name is Ed Snowden, Snowden, Snowden, Snowden." Die NSA, der Whistleblower, der Überwachungsskandal: Seitdem Edward Snowden die Weltöffentlichkeit wachgerüttelt hat, diskutiert auch Deutschland über Hinweisgeber, die mal als Helden und mal als Verräter gelten. Guido Strack vom Whistleblower-Netzwerk wünscht sich - durch seine eigene Erfahrunge - ein Schutzgesetz für mutige Firmenmitarbeiter, Angestellte und Beamte. Doch auch ohne diese Paragraphen würde er sich wohl wieder für die Veröffentlichung seiner brisanten Informationen entscheiden - trotz all der Nachteile. Für Strack war sein Gewissen das entscheidende Gesetz: "Ich denke, für mich die bessere Antwort ist, was im Englischen choiceless choice heißt: Also, ich hatte keine andere Wahl."