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Nahost
Wie die Seebrücke für den Gazastreifen funktionieren soll

Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist katastrophal. Nun soll den Menschen ein Hilfskorridor über See helfen, eine sogenannte Seebrücke. Noch sind viele Fragen offen. Doch eine erste Testfahrt soll möglichst an diesem Wochenende starten. Das Schiff der spanischen Hilfsorganisation Open Arms hat der NGO zufolge 200 Tonnen Reis und Mehl an Bord.

    Das Schiff der Hilfsorganisation Open Arms liegt im Hafen von Larnaca in Zypern.
    Mit diesem Schiff der Hilfsorganisation Open Arms sollen erste Güter von Zypern in den Gazastreifen gebracht werden. (Marcos Andronicou / AP / dpa / Marcos Andronicou)
    Die Ladung soll kurz vor der Küste des Gazastreifens in Kähne umgeladen und an Land gebracht werden. Die Fahrt werde wohl zwei bis drei Tage dauern, hieß es.

    Ziel: Schmuggel mit Waffen verhindern

    Die Seebrücke soll in der Hafenstadt Larnaka auf der Mittelmeerinsel Zypern starten. Larnaka ist etwa 400 Kilometer vom Gazastreifen entfernt. Dass die Hilfslieferungen über einen EU-Hafen laufen, soll verhindern, dass andere Güter wie Waffen für die Terrororganisation Hamas in den Gazastreifen geschmuggelt werden.
    Die Seeroute an sich soll den Abwurf von Hilfsgütern aus Flugzeugen ergänzen, die als teuer und ineffizient gelten und zudem gefährlich sind. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, es gebe noch eine Reihe logistischer Probleme.

    Rolle Deutschlands noch unklar

    An dem Unterfangen wollen sich laut EU-Kommission neben der Europäischen Union selbst die Vereinigten Arabischen Emirate und die USA beteiligen, weitere Unterstützer sind Griechenland, Italien, die Niederlande und Großbritannien.
    Auch Deutschland will mitmachen. Die genaue Rolle der Bundesrepublik ist aber noch unklar. Dem Spiegel zufolge prüft das Verteidigungsministerium, ob die Seebrücke für Gaza von der Marine unterstützt werden könnte. Bisher handele es sich aber lediglich um vorläufige Planung der Militärs für den Fall, dass es einen entsprechenden Auftrag gebe, heißt es demnach.

    USA wollen temporären Hafen

    Bisher ist unklar, wie die Güter von den Schiffen an Land gelangen sollen. Die Häfen des Gazastreifen haben keinen ausreichenden Tiefgang für große Schiffe. Um das Problem zu lösen, will nun das US-Militär zusammen mit internationalen Partnern einen temporären Hafen an der Küste des Gazastreifens einrichten. Bis der provisorische Hafen voll einsatzfähig ist, wird es laut US-Verteidigungsministerium aber etwa 60 Tage dauern.
    Bis dahin soll es Übergangslösungen geben. Die Hilfslieferungen könnten auf kleinere Boote umgeladen werden. So ist es auch mit dem Schiff der Hilfsorganisation Open Arms geplant. Die Güter könnten auch erst einmal nach Israel oder Ägypten transportiert und von dort weitergeleitet werden.

    Wie sollen Güter verteilt werden?

    In diesem Fall aber, kritisiert Deutschlandfunk-Korrespondent Hammer, würde die Seebrücke kaum Sinn ergeben. Hilfsorganisationen verweisen darauf, dass Israel die Einfahrt von Lastwagen in den Gazastreifen behindere. Israel bestreitet das und wirft den Hilfsorganisationen Ineffizienz bei der Verteilung der Güter vor. 
    Unklar ist laut der freien Journalistin Gisela Dachs auch noch, wie die Hilfsgüter im Gazastreifen dann verteilt werden sollen. Im Interview mit dem Deutschlandfunk wirft sie die Frage auf, ob sich die Hamas möglicherweise die Kontrolle über die Verteilung der Hilfsgüter verschaffen könnte.
    Israels Militärsprecher Hagari kündigte mittlerweile an, die Verteilung der Lebensmittel und medizinischen Versorgung sollten internationale Organisationen übernehmen. Die israelische Armee selbst werden zusammen mit den US-Streitkräften den Bau der provisorischen Schiffsanlegestelle koordinieren. Nach entsprechender Inspektion durch Israel könnten die Hilfsgüter so auf dem Seeweg nach Gaza gelangen
    Diese Nachricht wurde am 09.03.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.