Damen und Herren aus dem Publikum schwenken Uno-Fähnchen und Flaggen aus aller Herren Länder, während in Mozarts Opera buffa der Chor den Marsch singt, der die Einberufung der beiden Liebhaber zweier neapolitanischer Damen zum Militär signalisiert. Dann nimmt eine der turbulentesten, radikalsten Verwechslungs- und Verkleidungskomödien ihren Lauf, ein beispielloses erotisches Experiment des Partnertauschs, angezettelt von einem zynischen alten Philosophen als Wette zwischen Freunden, an dessen Ende trotz vordergründigem "Lieto fine" die Zerstörung aller Liebesideale steht. Uwe Eric Laufenberg hat das von Lorenzo da Ponte und Wolfgang Amadeus Mozart vor 1791 angesiedelte Stück ins Hier und Heute gehievt:
" Ich mache Così fan tutte, das heißt das Publikum sitzt um den Orchestergraben, und das Nichts dieser Wette passiert aus dem Nichts heraus, und es sind Leute, die eben auch im Zuschauerraum sitzen könnten, die diese Wette anstrengen und es könnte jeden von uns betreffen."
Nicht nur Don Alfonso, der Anstifter der schwarzen Partnertausch-Komödie, auch die beiden Liebhaber Guglielmo und Ferrando sitzen im Zuschauerraum in der ersten Reihe, vor dem winzigen Orchestergarben des keine 300 Plätze fassenden Barocktheaters Friedrichs des Grossen. Auf der anderen Seite des Orchestergrabens, auf der Bühne also, sitzt ebenfalls Publikum, durchsetzt von Choristen. In der ersten Reihe die beiden Liebhaberinnen Dorabella und Fiordiligi. Das Spiel dieser schwarzen Komodie springt also zwischen zwei Zuschauergruppen über den Orchestergraben hin und her. Das Stück geht uns Heutige, will sagen die Zuschauer von Heute an. Così fan tutte ist ein aktuelles Stück mit aktuellen Fragen. Das will uns Uwe Eric Laufenberg sagen. Racht hat er, auch wenn seine Inszenierungdann doch vor keinen Plattheiten und Platitüden der Personenführung haltmacht. Er kokettiert ungeniert mit dem Publikum und setzt auf bewährte komödiantische Billigeffekte statt auf psychologische und theatralische Glaubwürdigkeit zu achten. Bei allem Erfolg als Theaterintentant, den man ihm gern bescheinigt, hat sich Laufenberg mit dieser Così fan tutte auf ihm fremdes Terrain gewagt. Das Ergebnis ist eine nicht mehr als oberflächliche Lesart der Oper, in der die abgründigen, die existentiellen Dimensionen des Stücks eher unterschlagen werden.
Ganz anders dagegen die musikalische Qualität dieser Aufführung, die in Händen Konrad Junghänels liegt, der nicht nur als einer als der renommiertesten Lautenisten weltweit gilt, sonder mehr und mehr auch erfolgreich ans Dirigierpult drängt. Nach nun schon einigen Dirigaten barocker Opern in Köln und Basel, Göttingen und Innsbruck hat er sich mit dieser Potsdamer Così erstmals an Mozart heranwagt. Er fasziniert mit rasanten Tempi und ungewöhnlich stringenter, klarer Partiturdurchleuchtung. Man hört bei ihm Strukturen und kompositorische Finessen wie nur selten. Was Wunder, die Potsdamer Kammerphilharmonie, hervorgegangen aus den Ensembles Oriol und Persius, spielt in kleinster Besetzung, teils auf alten, teils auf neuen Instrumenten, und das Stück an sich, es kommt Junghänel äußerst entgegen, ...
"... weil es die Ensemble-Oper schlechthin ist, und ich ein unheimlicher Ensemble-Fan bin, meine ganze bisherige Arbeit hat vor allen Dingen mit Ensemble immer zu tun gehabt. Deswegen kommt mir diese Oper ganz besonders entgegen. "
Mit Jutta Böhnert und Kremena Dilcheva als Firdiligi und Diorabella hatte man zwei vorzügliche Sängerinnen der beiden weibliche Hauptpartien engagiert. Der Star des Abends war allerdings Gabriele Scheidecker als Despina. Sie hat stimmlich wie darstellerisch souverän die verschlagene Kammerzofe Despina als Souffleuse und Putzfrau gegeben, als blondierte Medizinerin wie schrullig omahafte Rechtsanwältin, mit viel Ironie und Augenzwinkern. Martin Kronthalers Don Alfonso im Smoking war ein glaubwürdiger Anzettler der zynischen Wette, Timothy Sharp ein sehr kultivierter Gulglielmo. Einzig der etwas hemdsärmlige Ferrando von Mirko Roschkowski ließ zu wünschen übrig. Aber, alles in allem eine überzeugende, junge Besetzung,
"... das ist ganz schön, kein Sänger hat zumindest Così bisher gemacht, und insofern konnte man auch ganz frisch an die Sache rangehen. "
Dass die Sache auch und gerade bei den Rezitativen nicht schiefging, dafür sorgte die phantasievolle und freche Continuo-Spielerin Rita Herzog am Hammerklavier. Unterm Strich: Musikalisch war diese Potsdamer "Così" ein gelungener, ein lohnenswerter Theaterabend. Selten hat man das Stück so frisch, so neuartig gehört!
" Ich mache Così fan tutte, das heißt das Publikum sitzt um den Orchestergraben, und das Nichts dieser Wette passiert aus dem Nichts heraus, und es sind Leute, die eben auch im Zuschauerraum sitzen könnten, die diese Wette anstrengen und es könnte jeden von uns betreffen."
Nicht nur Don Alfonso, der Anstifter der schwarzen Partnertausch-Komödie, auch die beiden Liebhaber Guglielmo und Ferrando sitzen im Zuschauerraum in der ersten Reihe, vor dem winzigen Orchestergarben des keine 300 Plätze fassenden Barocktheaters Friedrichs des Grossen. Auf der anderen Seite des Orchestergrabens, auf der Bühne also, sitzt ebenfalls Publikum, durchsetzt von Choristen. In der ersten Reihe die beiden Liebhaberinnen Dorabella und Fiordiligi. Das Spiel dieser schwarzen Komodie springt also zwischen zwei Zuschauergruppen über den Orchestergraben hin und her. Das Stück geht uns Heutige, will sagen die Zuschauer von Heute an. Così fan tutte ist ein aktuelles Stück mit aktuellen Fragen. Das will uns Uwe Eric Laufenberg sagen. Racht hat er, auch wenn seine Inszenierungdann doch vor keinen Plattheiten und Platitüden der Personenführung haltmacht. Er kokettiert ungeniert mit dem Publikum und setzt auf bewährte komödiantische Billigeffekte statt auf psychologische und theatralische Glaubwürdigkeit zu achten. Bei allem Erfolg als Theaterintentant, den man ihm gern bescheinigt, hat sich Laufenberg mit dieser Così fan tutte auf ihm fremdes Terrain gewagt. Das Ergebnis ist eine nicht mehr als oberflächliche Lesart der Oper, in der die abgründigen, die existentiellen Dimensionen des Stücks eher unterschlagen werden.
Ganz anders dagegen die musikalische Qualität dieser Aufführung, die in Händen Konrad Junghänels liegt, der nicht nur als einer als der renommiertesten Lautenisten weltweit gilt, sonder mehr und mehr auch erfolgreich ans Dirigierpult drängt. Nach nun schon einigen Dirigaten barocker Opern in Köln und Basel, Göttingen und Innsbruck hat er sich mit dieser Potsdamer Così erstmals an Mozart heranwagt. Er fasziniert mit rasanten Tempi und ungewöhnlich stringenter, klarer Partiturdurchleuchtung. Man hört bei ihm Strukturen und kompositorische Finessen wie nur selten. Was Wunder, die Potsdamer Kammerphilharmonie, hervorgegangen aus den Ensembles Oriol und Persius, spielt in kleinster Besetzung, teils auf alten, teils auf neuen Instrumenten, und das Stück an sich, es kommt Junghänel äußerst entgegen, ...
"... weil es die Ensemble-Oper schlechthin ist, und ich ein unheimlicher Ensemble-Fan bin, meine ganze bisherige Arbeit hat vor allen Dingen mit Ensemble immer zu tun gehabt. Deswegen kommt mir diese Oper ganz besonders entgegen. "
Mit Jutta Böhnert und Kremena Dilcheva als Firdiligi und Diorabella hatte man zwei vorzügliche Sängerinnen der beiden weibliche Hauptpartien engagiert. Der Star des Abends war allerdings Gabriele Scheidecker als Despina. Sie hat stimmlich wie darstellerisch souverän die verschlagene Kammerzofe Despina als Souffleuse und Putzfrau gegeben, als blondierte Medizinerin wie schrullig omahafte Rechtsanwältin, mit viel Ironie und Augenzwinkern. Martin Kronthalers Don Alfonso im Smoking war ein glaubwürdiger Anzettler der zynischen Wette, Timothy Sharp ein sehr kultivierter Gulglielmo. Einzig der etwas hemdsärmlige Ferrando von Mirko Roschkowski ließ zu wünschen übrig. Aber, alles in allem eine überzeugende, junge Besetzung,
"... das ist ganz schön, kein Sänger hat zumindest Così bisher gemacht, und insofern konnte man auch ganz frisch an die Sache rangehen. "
Dass die Sache auch und gerade bei den Rezitativen nicht schiefging, dafür sorgte die phantasievolle und freche Continuo-Spielerin Rita Herzog am Hammerklavier. Unterm Strich: Musikalisch war diese Potsdamer "Così" ein gelungener, ein lohnenswerter Theaterabend. Selten hat man das Stück so frisch, so neuartig gehört!