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Wie hoch ist das Risiko?

Nach den Wechseljahren steigt für Frauen das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen stark an. Scheinbar sind Frauen im gebärfähigen Alter durch die weiblichen Hormone besser geschützt. Eine Hormonersatztherapie für Frauen in den Wechseljahren hat nach einer großen amerikanischen Studie das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen aber nicht reduziert, sondern sogar erhöht. Wie also vorbeugen? Studien, die Präventionsprogramme für Risikopatientinnen analysierten, gab es für den europäischen Raum bislang nicht. Wissenschaftler am Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin der Deutschen Sporthochschule Köln untersuchten zunächst 35 Frauen. Die Ergebnisse waren so überzeugend, dass die Studie jetzt fortgesetzt wird.

Barbara Weber | 08.04.2003
    An manchen Tagen sind es noch 10 Frauen, die sich am Kölner Stadion treffen, um dann durch den Stadtwald zu walken. Ursprünglich waren sie 35 - 35 Frauen, die an einer Untersuchung der Deutschen Sporthochschule Köln teilgenommen haben. Diese Studie sollte zeigen, ob Sport und Ernährung das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung reduzieren kann.

    Die wird häufig verursacht durch das so genannte "tödliche Quartett": Bluthochdruck, Übergewicht, Fettstoffwechselstörung und Diabetes. Als weitere Risikofaktoren gelten Bewegungsmangel und Rauchen.

    Die an der viermonatigen Studie Beteiligten hatten im Schnitt zwei dieser Risiken. Sie mussten ihre Lebensgewohnheiten radikal ändern: das galt in diesem Fall für Ernährung und sportliche Betätigung. Mehrmals in der Woche walkten die Probandinnen in schnellem Schritt unter Anleitung durch den Kölner Stadtwald. Hinzu kam ein Gymnastik- und Aerobic-Programm. Womit die Sportwissenschaftlerin Mona Laqué nicht gerechnet hatte, war die hohe Resonanz, auf die das Forscherteam stieß:

    Also die Damen waren sehr motiviert, da dran teilzunehmen und waren auch sehr fröhlich bei der Sache. Das war eine ganz tolle Gruppe. Und es hat auch wirklich Spaß gemacht, das zu sehen, wie die darin aufgehen und das auch wirklich annehmen.

    Die beteiligten Frauen wurden für ihren Einsatz belohnt, denn die Ergebnisse übertrafen die Erwartungen. Prof.Hans-Georg Predel, Leiter des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin:

    Also die Ergebnisse zeigten mehrere Effekte: zum einen wurde die Leistungsfähigkeit deutlich verbessert, die körperliche Leistungsfähigkeit. Ich denke, das ist ein wichtiger Punkt, wenn man sich vor Augen hält, dass sehr viele Menschen in dem untersuchten Altersabschnitt 45 bis Ende 50 bei uns bereits derartige Funktionseinbußen haben, dass sie eine völlig intakte, freie Lebensgestaltung gar nicht mehr durchführen können. ... Wir haben hier eine deutliche, signifikante Verbesserung erzielt.

    Das Risikoprofil verbesserte sich erheblich: Der Stoffwechsel veränderte sich positiv. Das zeigte sich weniger an einer Verringerung des Gesamtcholesterins, als an qualitativen Verschiebungen. Das heißt, das ungünstige LDL-Cholesterin hat deutlich abgenommen, wohingegen sich das HDL-Cholesterin positiv entwickelt hat. Dadurch wird das Herz-Kreislauf-Risiko gesenkt. Darüber hinaus stellten die Wissenschaftler fest, dass sich der Körperfettanteil sehr deutlich reduziert hatte. Die Probandinnen verloren nicht nur an Gewicht sondern gewannen an Muskelmasse.

    Das andere war, und das hatte ich weniger erwartet, ein sehr deutlicher blutdruck-senkender Effekt. ... Wenn man andererseits bedenkt, dass gerade mal acht Prozent der Hochdruck-Männer und 14 Prozent der hypertensiven Frauen bei uns in Deutschland korrekt nach Leitlinien eingestellt sind, dann denke ich, erhält dieser Befund eine ganz wichtige Botschaft, dass es eben mit relativ kostenneutralen Aktivitäten, wie eben unsere Studie zeigt: Ernährungsumstellung und Bewegung, dass sich mit diesen Maßnahmen, doch solche fundamentalen Effekte auf den Bluthochdruck offensichtlich erzielen lassen.

    Womit die Wissenschaftler nicht gerechnet hatten, war die Verbesserung der Lebensqualität: So wurden in einem Fragebogen anhand einer Skala Depressionen und Stimmungsschwanken festgestellt. Im Vergleich zu den Ausgangswerten veränderten sich die Faktoren im Verlauf der Studie zum Positiven. Auch das psychosoziale Befinden, wie das Gefühl für Geborgenheit, wurde abgefragt. Hier waren ebenfalls erfreuliche Veränderungen festzustellen. Das positive Lebensgefühl der beteiligten Frauen steigerte sich erheblich.

    Und das ist bis heute so geblieben. Einige der Frauen konnten sogar nach der Studie ihre Männer motivieren, gemeinsam mit ihnen durch den Kölner Stadtwald walken. Diejenigen, die nach Beendigung der Studie noch weitermachen, wissen, dass sich ihr Risiko reduziert hat. Und sie haben noch Spaß dabei.

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