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Wie zu Hause

Ein anderer aktueller Trend nennt sich "Consumerization": Dabei geht es darum, die vielen neuen Multimedia-Programme und –Geräte, die eigentlich für Privatanwender gedacht sind, in die betriebliche Organisation einzubinden. Marktforscher der Gartner Group halten Consumerization für den wichtigsten Trend dieses Jahrzehnts.

Von Achim Killer |
    "Das virtuelle Alabama ist ein Visualisierungssystem. Es stellt die Bilder zur Verfügung, die die Verwaltung des Bundesstaates benötigt."

    Chris Johnson, die zuständige Programmmanagerin des US-Bundesstaats, wirbt im Internet für Virtual Alabama. Das technische Fundament für die virtuelle Landesverwaltung ist Google Earth, der Satellitenbildatlas des Suchmaschinenkonzerns, nur dass bei Virtual Alabama eben keine Hotels und touristischen Sehenswürdigkeiten eingezeichnet sind, sondern Gasleitungen, Hydranten und Schutzdämme. Google ist einer jener Konzerne, die am stärksten vom Megatrend der Consumerization profitieren. Die Staatsbediensteten in Alabama kennen den Satellitenbildatlas von zuhause, müssen sich also meist nicht lange im virtuellen Alabama einarbeiten. Das ist der große Vorteil für einen Arbeitgeber, wenn er populäre Programme aus dem Heimanwenderbereich einsetzt. Entscheidend sind also die Vorlieben des Anwenders. Und das gilt zunehmend auch für die Rechner-Hardware, sagt Ranjit Atwal von der Gartner Group:

    "Wenn man sich die Trends auf dem Markt für professionelle IT anschaut, dann stößt man vor allem auf das, was wir bei Gartner Consumerization nennen. Das bedeutet, dass so langsam aber sicher die Anwender selbst entscheiden, welche PCs angeschafft werden, und nicht mehr die IT-Abteilung."

    Eine neue Generation von Anwendern ist herangewachsen. "Digital Natives" nennt sie Benjamin Gray von Forrester Research, Menschen, die mit dem Computer groß geworden sind:

    "Die Angehörigen der jüngeren Generation wissen genau, welche Hardware sie benötigen, um ihren Job besser zu erledigen. Sie kaufen diese Hardware selbst und bringen sie mit ins Unternehmen."

    Und sie erwarten, dass die IT-Abteilung sich dann darum kümmert, wenn etwas nicht funktioniert, was der bis vor einiger Zeit ein Graus gewesen wäre, sich mit möglicher Weise Malware-verseuchten Privat-Laptops zu befassen. Aber ein anderer technologischer Trend schafft da Abhilfe: die Virtualisierung. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, mehrere Betriebssysteme gleichzeitig auf einem PC zu fahren, etwa eins für die Arbeit und eins für Zuhause. Die logischen Rechner sind dann gegeneinander isoliert, und Schadprogramme können nur schwer überspringen. Oder es wird nur ein Anwendungsprogramm virtualisiert. Dieses bringt dann alle Teile des Betriebssystems mit, die es benötigt, und kann so ungestört von dem Verhau ablaufen, der vielleicht ansonsten auf dem Rechner herrscht. Vor allem aber wird durch die Virtualisierung Software unabhängig von der Hardware. Ein virtueller, also nur aus Software bestehender Rechner läuft auf jedem physischen, wenn dort nur das notwendige Stück Virtualisierungssoftware installiert ist.

    "In ein paar Jahren wird es egal sein, welche Hardware man benutzt. Es dreht sich dann nur noch um Software. Obwohl wir erst am Anfang dieser Entwicklung stehen, so stellen wir doch fest, dass die Unternehmen sich sehr stark für Desktopvirtualisierung interessieren. Wir glauben, dass darin die Zukunft des Unternehmensrechners liegt. Die Firmen untersuchen derzeit definitiv, wie sie die Virtualisierungstechnik in ihre Organisation einbinden können."

    Vor allem Apple profitiert von den Trends der Virtualisierung und der Consumerization. Der Konzern ist mittlerweile im Musikgeschäft und als Handy-Hersteller ja um einiges erfolgreicher als mit seinen Macs. Aber die Popularität von iPod und iPhone schlägt eben auch auf Apples Rechnergeschäft durch. Andere Nutznießer sind Google mit seinen Internet-basierten Anwendungen und Software-Häuser die Browser-Programme entwickeln, denen es ja auch gleichgültig ist, ob sie von einem Arbeitsplatzrechner aus oder mit einem Homecomputer benutzt werden. Die Forrester-Analystin Chenxi Wang meint denn auch, dass die Unterscheidung zwischen professionellen und Privatanwendern obsolet wird.

    "Die Vision ist doch, dass der Unterschied zwischen einem Nutzer im Unternehmen und einem Privatanwender verschwindet."