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Wie zuverlässig ist die Mammographie?

Eine große internationale Brustkrebsstudie ist jetzt zu dem Ergebnis gekommen, dass bei Brustkrebspatientinnen die Mammographie nicht ausreicht, um einen Tumor schon im Frühstadium zu erkennen. Mit einer anderen Diagnosetechnik, der Magnetresonanz-Tomographie, steigt die Trefferquote auf über 90 Prozent. Sollte man also auf die Mammographie verzichten zu Gunsten der sehr viel teureren Magnetresonanz-Thomographie?

Von Barbara Weber |
    " In der Regel wird, bevor der Brustkrebs diagnostiziert wurde, ja bereits bei Verdacht auf Brustkrebs eine klinische Untersuchung durchgeführt und eine Mammographie. Das ist also der Standard. Und in unserem Land wird bei Verdacht auf Brustkrebs, und das sagt die Stufe 3 Leitlinie auch, ergänzend ....eine Ultraschalluntersuchung gemacht. Das ist bei der Studie nicht der Fall gewesen. "

    Prof. Ingrid Schreer, Leiterin des Mammazentrums der Universität Kiel, ist skeptisch. Die Studie sei typisch amerikanisch angelegt. In den USA würden - anders als in Europa - Ultraschalluntersuchung erst seit einiger Zeit angewendet. Zudem verwendeten nordamerikanische Ärzte Ultraschall nur bei unklaren Befunden an den betreffenden Stellen, während in Deutschland bei Verdacht immer die ganze Brust als paariges Organ untersucht würde. Hätte der konsequente Einsatz des Ultraschalls also zu ganz anderen Ergebnisse geführt?

    " Das ist jetzt Spekulation. Aber das steht aus. Das ist für mich das große Fragezeichen bei dieser Studie...."

    Keine Frage ist - und da vertritt Prof. Schreer die gleiche Meinung mit anderen Radiologen, ...

    "...dass die Kernspintomographie die sensitivste, das heißt, die Bösartigkeit am genauesten aufspürende Untersuchung ist, ... aber auch nur in Kombination mit den klassischen Methoden. Der Ultraschall ist komplementär, deshalb setzen wir ihn auch ein, weil wir wissen, dass die Mammographie ihre Grenzen hat. "

    Die Mammographie hat immer dann ihre Grenzen, wenn das Drüsengewebe sehr dicht ist. Das betrifft Frauen vor den Wechseljahren.

    Die Studienzusammensetzung weist aber darauf hin, dass 47 Prozent der untersuchten Frauen noch nicht in den Wechseljahren war. Da lässt sich rückschließen, dass mindestens 50 Prozent der Untersuchten dichtes Drüsengewebe hatten. In dieser Situation ist die Mammographie weniger treffsicher und wird von der Ultraschalluntersuchung Idealerweise ergänzt.

    Und ein weiterer Aspekt sei interessant - meint Ingrid Schreer:

    " Fast zeitsynchron sind die amerikanischen Empfehlungen für den Einsatz der Kernspintomographie im Rahmen der Diagnostik publiziert worden. Und jetzt tun die Amerikaner das, was wir auch schon seit einigen Jahren tun..."

    .... sie setzen die Kernspintomographie ein bei Frauen mit hohem Risiko.

    " Es gibt seit vielen Jahren in Deutschland zwölf Zentren, die sich um die familiär hochbelasteten Frauen und ihre Familien kümmern. Und die Frauen mit einem hohen Brustkrebsrisiko, das kann man auch berechnen und natürlich die Frauen mit einer genetischen Mutation, das sind die mit dem größten Risiko, bekommen an diesen zwölf Zentren einmal im Jahr regelmäßig eine sogenannte Screening Kernspin-tomographie."

    Diese Untersuchungen an den zwölf Zentren werden unter Studienbedingungen durchgeführt. Das garantiert den Frauen eine hohe Qualität der Diagnose.
    Ein weiteres Problem sieht Prof.Schreer in falsch positiven Befunden, das heißt, die Patientin glaubt, dass sie Brustkrebs hat, ist in Wirklichkeit aber gesund:
    Diese falschen Befunde haben schon das Mammographie-Screening in die Kritik gebracht. Nicht viel anders stellt sich die Situation bei der Kernspin-Untersuchung dar - wie die Studie zeigt.

    Sie haben eine bestimmte Menge Frauen gefunden, deren Gegenseite der Brust einen kernspintomographischen Befund hatte. Und das waren insgesamt 12,5 Prozent. Das ist die Rate, wo die Kernspintomographie etwas anzeigt, was dann letztendlich nicht bösartig ist. Das heißt, das waren 121 Frauen, bei denen die Kernspintomographie gesagt hat: Halt, Halt, auf der anderen Seite ist etwas auffälliges, dann sind diese Frauen untersucht worden, und da haben sich dann von 121 dreißig als bösartig herausgestellt. Das heißt, die anderen waren falscher Alarm. Das ist jetzt eine moralisch ethische Frage, die man lösen muss, ist es das Wert, dass wir zusätzliche Karzinome entdecken um den Preis, weiteren Frauen eine weitere Abklärung zumuten zu sollen. ...Diese Balance ist sehr schwierig und die kann man nur im Mehr-Augen Prinzip und mit sehr, sehr viel Erfahrung lösen.