Doch der Boom von Zucht-Lachs hat eine Kehrseite. Die Fische aus Gefangenschaft sind viel stärker mit Umweltgiften belastet als Wildlachse.
Das zeigt die neue Studie im "Science"-Magazin sehr deutlich. Sie stammt von Wissenschaftlern aus den USA und aus Kanada, unter ihnen die Fischereiökologin Barbara Natt von der Cornell-Universität im US-Bundesstaat New York:
Wir haben 700 Zucht- und Wild-Lachse aus der ganzen Welt untersucht. Die meisten Proben stammten von über 50 verschiedenen Fisch-Farmen. Zusätzlich haben wir uns Lachs-Filets aus dem Supermarkt besorgt. Das waren noch einmal gut 140 Proben aus 16 Großstädten in Nordamerika und Europa. Ihre Belastung mit Chlor-Chemikalien haben wir mit der von Wildfängen verglichen. Und es zeigte sich, dass die Zuchtlachse wesentlich mehr von den Schadstoffen enthalten.
Die Gift-Gehalte bewegen sich zwar nur im Spurenbereich. Doch handelt es sich immerhin um Stoffe wie Dioxin und polychlorierte Biphenyle. Sie zählen zu den bedenklichsten Giftstoffen, die uns in Lebensmitteln begegnen, und gelten als Krebs-Auslöser. Zugleich fanden die amerikanischen Forscher in den Zucht-Lachsen auch durchweg erhöhte Gehalte verschiedener Pflanzenschutzmittel-Rückstände.
Die Ergebnisse der Analyse sind dazu angetan, vor allem europäischen Genießern den Appetit zu verderben, denn:
Zucht-Lachs aus Europa war grundsätzlich stärker belastet als Lachs aus Farmen in Amerika.
Die höchsten Gift-Werte hatten demnach Zucht-Lachse aus Schottland und von den Färöer-Inseln, gefolgt von Norwegen.
Entsprechend das Bild bei den Supermarkt-Produkten: Hier waren Lachs-Filets aus europäischen Großstädten am stärksten belastet, etwa aus London, Paris und Oslo. Den Vogel schoss ausgerechnet eine Probe aus Frankfurt am Main ab.
Was bedeutet das nun für den Verbraucher?
Die US-Nahrungsmittelbehörde FDA sieht nach ersten Agenturberichten keinen Anlass zur Besorgnis, es seien keine Grenzwerte überschritten. Dagegen halten es die Studienautoren für kritisch, dass der Zucht-Lachs gleich einen ganzen Cocktail verschiedener Gift-Spuren enthält. Ein Filet wie das in Frankfurt gekaufte würden sie nur einmal im Monat essen wollen und dann auch nur eine halbe Portion, so die Empfehlung von Barbara Natt und ihren Kollegen.
Die Forscher raten Verbrauchern nun eher zu Wildlachs. Und deshalb:
Die Herkunft von Lachs im Handel sollte auf jeden Fall ausgewiesen sein. Damit Verbraucher wissen, woher er kommt.
Eine Reaktion deutscher Behörden steht noch aus. Dafür ist die Studie zu frisch. Sie wird erst heute in den USA veröffentlicht.
Allerdings kommen die Ergebnisse nicht ganz unerwartet. Denn von dem Futter, das die Farmfische schlucken, sind Gift-Belastungen schon länger bekannt. So stellte ein Fachausschuss der EU-Kommission schon vor rund zwei Jahren fest:
Die Dioxinbelastung von Tieren hat ihre Ursache vor allem in Futtermitteln.
Und insbesondere zeigte sich: Fischmehl und Fischöl - das übliche Futter von Zuchtlachsen - enthält mehr Dioxin als jede andere Tiernahrung. Vor allem, wenn die verarbeitete Fische aus dem Nordatlantik stammen.
Brüssel hat sich zum Ziel gesetzt, die Belastung von Futter- und Lebensmitteln mit Dioxinen und anderen Chlor-Giften weiter zu reduzieren. Eine entsprechende Empfehlung der EU-Kommission liegt vor. Sie sieht Richtwerte für zusätzliche Vertreter dieser Stoffgruppe vor. Denn die EU-Experten gehen davon aus, dass - Zitat:
...ein beträchtlicher Anteil der Bevölkerung in der Gemeinschaft mit den Lebensmitteln Mengen zu sich nimmt, die über der zulässigen Aufnahme liegen.