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Wildtiere im Zirkus
Raus aus der Manege

Gehören Wildtiere zum Zirkus dazu? Mit dieser Frage hat sich heute der Bundesrat befasst. Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen hatten einen Entschließungsantrag gestellt und ein Verbot für Affen, Elefanten, Giraffen und Nashörner in der Manege gefordert.

Von Ludger Fittkau | 18.03.2016
    Ein Elefant in der Manege, er hebt ein Vorderbein
    Ein Elefant in der Manege vom Circus Krone (dpa/ picture-alliance/ Andreas Gebert)
    Ausschnitt aus einem Videofilm des Zirkus Krone in München. Gezeigt werden zwei munter spielende Elefanten in einem Freigehege des Zirkus. Die Botschaft ist klar: Auch abseits der Manege geht es den Tieren gut, sie haben Auslauf und wirken vergnügt.
    Dennoch: Schon seit mehr als einem Jahrzehnt engagiert sich die hessische Tierschutzbeauftragte Madeleine Martin für ein grundlegendes Verbot von Wildtieren im Zirkus. Immer wieder, so die gelernte Tierärztin, habe die Zirkuslobby gegen das Verbot damit argumentiert, die Tiere agierten gerne in der Manege. Mag sein, hält Martin dagegen, aber die Wildtiere kommen nach ihren Recherchen kaum in die Manege:
    "Wir haben mal bei einem großen deutschen Zirkus einfach mal mit der Stoppuhr gemessen, wie lange treten die Tiere auf und wie lange Proben haben sie. Und wir sind zwischen einer halben Stunde und einer Stunde Arbeit pro Tag gekommen. Manche Tiere kamen überhaupt nicht raus. Und damit dann zu begründen, mit dieser halben Stunde, gerade bei Wildtieren, die bei uns auf der Liste stehen, Nilpferd, Nashorn, Giraffe. Es geht oft nur darum, sie gehen rechts einmal um die Manege, einmal links um die Manege rum, dann nochmal gegenläufig. Das war dann die sogenannte Arbeit. Damit begründet man ganz reduzierte Lebensbedingungen und all die Belastungen, die durch Transport und so weiter geschehen."
    Doch nun schöpft Madeleine Martin Hoffnung, dass die Bundesregierung diesmal einer Forderung des Bundesrates nach einem Wildtierverbot im Zirkus folgen könnte. Denn in den letzten Jahren seien einige Gerichtsurteile gefällt worden, die die Rechtsposition des Landes Hessen in dieser Frage stützen.
    Zirkus Krone besteht auf Wildtiere
    Die aktuelle Bundesratsinitative will für die Tiere, die heute Teil des Zirkus sind, Übergangsregelungen zulassen. Denn es dürfte nicht leicht sein, für sie ein zuhause außerhalb des Zirkus zu finden. Doch in den letzten Jahren haben auch immer mehr Kommunen Zirkussen verboten, mit Wildtieren in das Stadtgebiet zu kommen:
    "Es ist dazu gekommen, dass die Kommunen in ihrer Verzweiflung, weil es keine bundesweite Regelung gibt, regionale Verbote erlassen. Weil sie die Zirkusse mit Wildtieren nicht mehr in ihren Gemarkungen haben wollen."
    "Zirkus ohne Tiere ist kein Zirkus, sondern Varieté." Das entgegnet der Zirkus Krone in einer Stellungnahme seinen Kritikern. Doch "wer seinen Tieren den erforderlichen Lebensraum gibt und sie tiergerecht und gesetzeskonform" hält, trage dazu bei, " eine der ältesten Formen der Unterhaltungskunst zu erhalten." So der Zirkus.
    Manfred Niekisch, der Direktor des Frankfurter Zoos, sieht das ganz anders:
    "Was habe ich davon, wenn ich sehe, wie ein Elefant einen Handstand macht oder Löwen und Tiger nebeneinander auf einem Podest sitzen, da kriege ich keine Vorstellung davon, was dieses Wildtier eigentlich ist. Wir sehen keinen Sinn darin, Tiere zu verbiegen, dass sie sich nicht mehr verhalten wie es normal wäre."
    Allerdings: Auch Zoos erfüllen bis heute manches Mal nicht die rechtlichen Bestimmungen, die es für Wildtierhaltung gibt. Diese werden insbesondere sogenannten "Säugetiergutachten" festgelegt, sagt die hessische Tierschutzbeauftragte Madeleine Martin:
    "Nein, das kann ich Ihnen ganz offen sagen. Es erfüllen nicht alle Zoos diese Bedingungen. Da würde ich aber sagen, das ist jetzt tatsächlich ein Vollzugsproblem. Da müssen sich die örtlichen Veterinärämter fragen lassen, wie es möglich sein kann, dass es im Jahr 2016 noch Tierparks gibt, die die Säugetiergutachten nicht erfüllen."
    Internationale Zirkusse verzichten schon auf Wildtiere
    Unabhängig von der Gesetzesinitiative im Bundesrat appelliert Madeleine Martin an den Zirkus Krone als dem größten deutschen Zirkus, es anderen internationalen Zirkussen nachzumachen und freiwillig etwa auf Elefanten in der Manege zu verzichten.
    "Sehr renommierte Zirkusse in der Welt, zum Beispiel Zirkus Knie in der Schweiz oder Ringling in den USA – Zirkusse, denen man nicht unterstellen kann, dass sie radikale Tierschützer sind - haben sich freiwillig von ihren Elefanten verabschiedet. Und es ist mir nicht einsichtig, warum in Deutschland nicht gerade der größte deutsche Zirkus diesen Schritt geht im Sinne des Tierschutzes und damit seinen eigenen Berufskollegen nachfolgt."