Julia Behre steht im Gewächshaus ihrer Gärtnerei und zeigt eine kleine Pflanze hoch.
Ja, das sind also Weihnachtssterne, und wir haben bei den Weihnachtssternen Nematoden eingesetzt um die Trauermücke zu bekämpfen.
Auf langen Tischen strecken die Pflänzchen zu Hunderten saisongerecht ihre Blätter aus. Auch wenn sie fast unter sterilen Bedingungen aufwachsen, sind sie nicht vor Schädlingen sicher. Die Familie Behre setzt auf biologische Schädlingsbekämpfung, in diesem Fall auf Nematoden, also Fadenwürmer, die sie bei einem Züchter in Süddeutschland bestellt. Sie werden mit Gießwasser über die Blumentöpfe verteilt, legen ihre Eier in die Larven der Trauermücke und vernichten damit ihren Nachwuchs.
Das ist sehr ausgereift, das machen viele Betriebe, es funktioniert 100-prozentig. Und es gibt den Vorteil, dass man selber hier arbeitet und weiß, an den Pflanzen ist nichts passiert, wo wir selber gesundheitliche Schäden davon tragen können.
So sieht es auch Doktor Martin Hommes, der bei der BBA, der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, mit den kleinen Tierchen, die auf Schädlinge angesetzt werden, experimentiert. Bei den mannshohen Gurkenpflanzen sind die Vorteile der biologischen Schädlingsbekämpfung offensichtlich.
... Ich habe keine Wartezeiten, ich kann jederzeit ernten und ich habe keine Risiken für den Anwender. Gerade wenn man so’ne Gurkenkultur sieht – wenn man sich vorstellt, man muss das hier alles spritzen, dann ist das ohne Schutzausrüstung gar nicht möglich, um den Anwender nicht zu gefährden.
So genannte "wirbellose Schädlingsbekämpfer" scheinen im Pflanzenschutz nur Vorteile zu haben. Aber es gibt dennoch ein Problem. Mit der Zunahme des weltweiten Verkehrs durch Handel und Tourismus werden nämlich immer mehr exotische Schädlinge eingeschleppt, die in unseren Breiten keine einheimischen Feinde haben. Gegen exotische Schädlinge helfen meist nur exotische Nützlinge. Die müssen eigens importiert oder gezüchtet werden. Ihre Arbeit verrichten sie größtenteils eine Saison lang. Den westeuropäischen Winter überstehen die meisten nicht. Manche aber überleben, weil sie robust genug sind oder neuerdings auch, weil der Klimawandel für bessere Lebensbedingungen sorgt.
Wir in unserem Bereich bei den Nützlingen haben das Problem, dass ein asiatischer Marienkäfer freigesetzt wurde, der sich jetzt in Deutschland etabliert hat und, so wie es aussieht, die einheimischen Marienkäfer ein bisschen verdrängt.
Harmonia Axyridis nennt sich der kleine Räuber, der in Frankreich gegen Blattläuse eingesetzt wurde. Seine Fresslust aber macht nicht einmal vor den eigenen Artgenossen halt. Gesehen wurde er in Deutschland mittlerweile in der Nähe von Hamburg, bei Frankfurt am Main, und an der Grenze zu Belgien und den Niederlanden. Verbreitet er sich weiter, dann steht eine mögliche Folge für Martin Hommes fest:.
Das wird dazu führen, dass bestimmte Blattläuse sich stärker ausbreiten können, weil der natürliche Gegner fehlt.
Der Nützling wurde unverhofft zum Schädling.
Dass eingeschleppte Tiere sich etablieren, ist ein normaler und seit langem bekannter Vorgang. Manche wurden absichtlich importiert. Kaninchen wurden aus Spanien geholt um die Jagd zu bereichern. Waschbären sollten einmal Pelze liefern. Andere kommen als schwarze Passagiere im Gepäck von Touristen, in Containern und Palettenholz. Auch der Wind verteilt winzige Insekteneier oder -larven. Schädlinge wie die Reblaus, weiße Fliegen und etliche Borkenkäferarten sind auf diesen Wegen zu uns gekommen. Rund 150 fremde Insekten sollen sich in Deutschland etabliert haben – die aber natürlich nicht alle schädlich sind.
Die unverhoffte Ausbreitung des asiatischen Marienkäfers Harmonia Axyridis aber hat Wissenschaftler im In- und Ausland alarmiert. Es wurde eine internationale Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die Regelungen für den künftigen Einsatz von Nützlingen ausarbeiten will.
Es handelt sich um eine kleine Arbeitsgruppe, die eine Verordnung über das Inverkehrbringen, den Import und die Anwendung wirbelloser Tiere zur biologischen Bekämpfung bestimmter Schadorganismen vorbereitet – einfach: Pflanzenschutznützlingsverordnung. Die soll dabei herauskommen, weil die Situation zur Zeit sehr unbefriedigend ist, weil normalerweise der Anwender jedes Mal eine Genehmigung bei der zuständigen Landesbehörde einholen müsste, wenn er praktisch fremdländische Nützlinge einsetzt. Das macht aber keiner und viele wissen das auch gar nicht.
In Deutschland hat jedes Bundesland eigene Regelungen. International ist die Lage noch verworrener. Schweden etwa hat nur fünf Nützlinge zugelassen. Andere Länder, wie die Niederlande oder Italien, haben gar keine gesetzliche Regelungen. Das Ziel sei zwar eine europäische Abmachung, meint Martin Hommes, aber dass das nicht so einfach sei, liege auf der Hand. Schließlich seien die Lebensbedingungen der Schad- und Nützlinge am Mittelmeer nicht mit denen in Skandinavien zu vergleichen.
Harmonia Axyridis wird vorerst wohl noch sein Unwesen treiben können. Er wird weiterhin in den Niederlanden und in Belgien gezüchtet.
Ja, das sind also Weihnachtssterne, und wir haben bei den Weihnachtssternen Nematoden eingesetzt um die Trauermücke zu bekämpfen.
Auf langen Tischen strecken die Pflänzchen zu Hunderten saisongerecht ihre Blätter aus. Auch wenn sie fast unter sterilen Bedingungen aufwachsen, sind sie nicht vor Schädlingen sicher. Die Familie Behre setzt auf biologische Schädlingsbekämpfung, in diesem Fall auf Nematoden, also Fadenwürmer, die sie bei einem Züchter in Süddeutschland bestellt. Sie werden mit Gießwasser über die Blumentöpfe verteilt, legen ihre Eier in die Larven der Trauermücke und vernichten damit ihren Nachwuchs.
Das ist sehr ausgereift, das machen viele Betriebe, es funktioniert 100-prozentig. Und es gibt den Vorteil, dass man selber hier arbeitet und weiß, an den Pflanzen ist nichts passiert, wo wir selber gesundheitliche Schäden davon tragen können.
So sieht es auch Doktor Martin Hommes, der bei der BBA, der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, mit den kleinen Tierchen, die auf Schädlinge angesetzt werden, experimentiert. Bei den mannshohen Gurkenpflanzen sind die Vorteile der biologischen Schädlingsbekämpfung offensichtlich.
... Ich habe keine Wartezeiten, ich kann jederzeit ernten und ich habe keine Risiken für den Anwender. Gerade wenn man so’ne Gurkenkultur sieht – wenn man sich vorstellt, man muss das hier alles spritzen, dann ist das ohne Schutzausrüstung gar nicht möglich, um den Anwender nicht zu gefährden.
So genannte "wirbellose Schädlingsbekämpfer" scheinen im Pflanzenschutz nur Vorteile zu haben. Aber es gibt dennoch ein Problem. Mit der Zunahme des weltweiten Verkehrs durch Handel und Tourismus werden nämlich immer mehr exotische Schädlinge eingeschleppt, die in unseren Breiten keine einheimischen Feinde haben. Gegen exotische Schädlinge helfen meist nur exotische Nützlinge. Die müssen eigens importiert oder gezüchtet werden. Ihre Arbeit verrichten sie größtenteils eine Saison lang. Den westeuropäischen Winter überstehen die meisten nicht. Manche aber überleben, weil sie robust genug sind oder neuerdings auch, weil der Klimawandel für bessere Lebensbedingungen sorgt.
Wir in unserem Bereich bei den Nützlingen haben das Problem, dass ein asiatischer Marienkäfer freigesetzt wurde, der sich jetzt in Deutschland etabliert hat und, so wie es aussieht, die einheimischen Marienkäfer ein bisschen verdrängt.
Harmonia Axyridis nennt sich der kleine Räuber, der in Frankreich gegen Blattläuse eingesetzt wurde. Seine Fresslust aber macht nicht einmal vor den eigenen Artgenossen halt. Gesehen wurde er in Deutschland mittlerweile in der Nähe von Hamburg, bei Frankfurt am Main, und an der Grenze zu Belgien und den Niederlanden. Verbreitet er sich weiter, dann steht eine mögliche Folge für Martin Hommes fest:.
Das wird dazu führen, dass bestimmte Blattläuse sich stärker ausbreiten können, weil der natürliche Gegner fehlt.
Der Nützling wurde unverhofft zum Schädling.
Dass eingeschleppte Tiere sich etablieren, ist ein normaler und seit langem bekannter Vorgang. Manche wurden absichtlich importiert. Kaninchen wurden aus Spanien geholt um die Jagd zu bereichern. Waschbären sollten einmal Pelze liefern. Andere kommen als schwarze Passagiere im Gepäck von Touristen, in Containern und Palettenholz. Auch der Wind verteilt winzige Insekteneier oder -larven. Schädlinge wie die Reblaus, weiße Fliegen und etliche Borkenkäferarten sind auf diesen Wegen zu uns gekommen. Rund 150 fremde Insekten sollen sich in Deutschland etabliert haben – die aber natürlich nicht alle schädlich sind.
Die unverhoffte Ausbreitung des asiatischen Marienkäfers Harmonia Axyridis aber hat Wissenschaftler im In- und Ausland alarmiert. Es wurde eine internationale Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die Regelungen für den künftigen Einsatz von Nützlingen ausarbeiten will.
Es handelt sich um eine kleine Arbeitsgruppe, die eine Verordnung über das Inverkehrbringen, den Import und die Anwendung wirbelloser Tiere zur biologischen Bekämpfung bestimmter Schadorganismen vorbereitet – einfach: Pflanzenschutznützlingsverordnung. Die soll dabei herauskommen, weil die Situation zur Zeit sehr unbefriedigend ist, weil normalerweise der Anwender jedes Mal eine Genehmigung bei der zuständigen Landesbehörde einholen müsste, wenn er praktisch fremdländische Nützlinge einsetzt. Das macht aber keiner und viele wissen das auch gar nicht.
In Deutschland hat jedes Bundesland eigene Regelungen. International ist die Lage noch verworrener. Schweden etwa hat nur fünf Nützlinge zugelassen. Andere Länder, wie die Niederlande oder Italien, haben gar keine gesetzliche Regelungen. Das Ziel sei zwar eine europäische Abmachung, meint Martin Hommes, aber dass das nicht so einfach sei, liege auf der Hand. Schließlich seien die Lebensbedingungen der Schad- und Nützlinge am Mittelmeer nicht mit denen in Skandinavien zu vergleichen.
Harmonia Axyridis wird vorerst wohl noch sein Unwesen treiben können. Er wird weiterhin in den Niederlanden und in Belgien gezüchtet.