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Win-win-Situation

Wissenschaft.- Raunak Sinha ist ein junger Neurowissenschaftler, der am Max-Planck-Institut in Göttingen forscht - und zwar in der Abteilung von Erwin Neher. Letzterer hat 1991 den Medizin-Nobelpreis bekommen. Heute arbeiten beide erfolgreich zusammen. Eine O-Ton-Collage.

Von Marieke Degen |
    "Ich bin Raunak Sinha, bin 25 Jahre alt und komme aus Indien. Ich schreibe gerade meine Doktorarbeit am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen."

    "Hier in der Abteilung Membranbiophysik interessieren wir uns dafür, wie Nervenzellen miteinander kommunizieren. Synaptische Übertragung heißt das, wir wollen das bis ins kleinste Detail verstehen. Dann können wir irgendwann vielleicht die ganz großen Fragen klären: Wie funktioniert Lernen, wie funktioniert Erinnerung."

    "Als ich mich hier beworben habe, habe ich gemerkt: In Göttingen sitzen ziemlich viele Nobelpreisträger. Und einer davon ist Professor Erwin Neher, er leitet die Abteilung hier, und er forscht auch an synaptischer Übertragung."

    "Mein Name ist Erwin Neher, wir haben den Nobelpreis erhalten für die Entdeckung der Ionenkanäle. Ionenkanäle sind Moleküle in den Membranen unserer Körperzellen, die öffnen und schließen und damit Signale vermitteln."

    "Im Augenblick arbeiten wir über Freisetzung von Neurotransmittern und Hormonen, oder enger gesagt, über synaptische Übertragung im Nervensystem."

    "Der Herr Sinha ist einer unserer Studenten aus dem internationalen Programm für Neurowissenschaften, und diese Studenten haben dann ein erstes Jahr, wo sie Vorlesungen hören, und da bin ich ihm wahrscheinlich zum ersten Mal begegnet, weil ich auch im Rahmen dieses Programms Vorlesungen halte."

    "In der Vorlesung ging es um die Patch-Clamp-Technik, eine elektrophysiologische Messtechnik, die Professor Neher entwickelt hat. Ich habe Humanbiologie studiert, nicht Physik, und auf einmal all diese mathematischen Gleichungen an der Tafel, elektrische Schaltkreise und so weiter. Das war ganz schön hart."

    "Später bin ich zu Professor Neher gegangen und habe ihn gefragt, ob er meine Doktorarbeit betreuen will. Er hat ja gesagt."

    "In meiner Doktorarbeit untersuche ich, wie genau die Neurotransmitter an den Synapsen ausgeschüttet werden. Ich rege Nervenzellen aus dem Gehirn von jungen Ratten an und beobachte sie dann unterm Mikroskop."

    "Als Mitglied dieses Betreuungskommittees trifft man sich alle sechs bis zwölf Monate, der Student trägt vor, was er gemacht hat, wie der Stand seiner Doktorarbeit ist, und muss dann eben seine Befunde erklären, verteidigen, wenn's Kritik daran gibt, und es wird eben besprochen, wie es weitergehen soll und wann die Arbeit soweit ist, dass sie eingereicht werden kann."

    "Wenn dich ein Nobelpreisträger betreut, dann musst du schon gewisse Standards erfüllen. Und es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass alles, was du machst, von einem Spitzenforscher angeschaut wird, der so viel erreicht hat. Der wirklich beurteilen kann, ob deine Arbeit gut genug ist. Professor Neher kann sich in jedes Gebiet reindenken, er stellt immer die richtigen Fragen und bringt dich weiter. Das ist unglaublich."

    "Ich schätze an ihm, dass er sehr präzise arbeitet, dass er über Dinge, die er macht, sehr gut Bescheid weiß, er weiß was er tut. Und es sind schöne Ergebnisse dabei herausgekommen."

    "Also in 40 Jahren dürfte Herr Sinha ungefähr so alt sein wie ich. Also kurz vor der Emeritierung stehen. Ich sehe ihn als Professor an einer Universität, sei es in den USA oder in seinem Heimatland Indien, aber sicher als einen dann sehr prominenten Forscher."

    Weiteres zum Nobelpreisträgertreffen in Lindau unter www.dradio.de/nobelpreistreffen