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Windräder als Falle für Fledermäuse?

Windräder als Vogelfalle - vor allem in Norddeutschland hat das Bild von der Windkraft als einer umweltverträglichen Energie schon manchen Kratzer bekommen. In Südbaden sind jetzt unter manchen Windrädern tote Fledermäuse gefunden worden - die Tiere könnten durch den Sog der Windräder umgekommen sein, so lautet eine Theorie. Für Betreiber und Behörden ist das eine ernste Angelegenheit - sogar von Einschränkungen der Betriebserlaubnis ist die Rede.

Von Hans-Peter Frick |
    In Freiburg regiert ein grüner Oberbürgermeister, in der Landeshauptstadt Stuttgart ein CDU-Ministerpräsident. Das hat schon bisher den Einstieg in die Windkraft schwer gemacht. Die toten Zwergfledermäuse und Kleinabendsegler fachen posthum die Diskussion noch mal an. Im Zentrum des Streits stehen die vier stadtnahen Windrotoren am Freiburger Roßkopf, es geht aber auch um andere Standorte.

    Aus einer Studie des Regierungspräsidiums Freiburg sind jetzt erste Zwischenergebnisse an die Öffentlichkeit gedrungen. Friedrich Kretzschmar, dort zuständig für Naturschutz und Landschaftspflege:
    " Es gibt Anlagen, wo es keine Totfunde gegeben hat und es gibt Anlagen ähnlich wie hier am Roßkopf, wo es viele Totfunde gab. Das Maximum ist neun bei uns, während am Roßkopf auf vier Anlagen verteilt 44 Funde vorliegen. Die Tendenz ist, dass bei Anlagen im Wald mehr tote Tiere sind als bei Anlagen, die in der freien Landschaft liegen. "

    Das liegt daran, dass aus dem Wald bei wärmeren Temperaturen die Insekten aufsteigen. Die Fledermäuse folgen ihnen bei der Nahrungssuche und geraten so in die Windkraftanlagen.

    Erstaunlicherweise finden die Gutachter mehr tote Fledermäuse als Vögel an den Windrädern. Die kleinen Nachttiere haben zwar ein raffiniertes Echolotsystem. Dieses lässt sie die Rotoren erkennen, aber den enormen Windsog um die Anlagen herum können sie nicht wahrnehmen. Professor Otto von Helversen, Fledermausexperte der Universität Erlangen-Nürnberg:

    " Wenn man bedenkt, dass der Tod nicht durch den unmittelbaren Schlag durch den Rotor entsteht, sondern durch Hineingeraten in die ungeheuerlichen Verwirbelungen, die auftreten, wenn so ein Rotor mit mehr als 200 km/h sich bewegt, dann kann ich mir vorstellen, dass man nicht nur zermatschte Fledermäuse findet, sondern solche, die einfach innere Verletzungen haben. "

    Der Zoologe aus Erlangen macht die Studie zu den Windrädern auf dem Roßkopf. Dort wurde mit 44 Tierkadavern die höchste Quote gezählt. Und das, obwohl nur ein Teil des bergigen und bewaldeten Geländes zugänglich war.

    Die Freiburger Öko-Strom-Firma "Regiowind", die den Roßkopf und einige andere der untersuchten Anlagen betreibt, will die Zahlen nicht wahrhaben und glaubt an Manipulation. Die toten Tiere könnten von Windkraftgegnern irgendwann und irgendwo eingesammelt, tiefgefroren und kurz vor den Untersuchungen in den Sommermonaten ausgelegt worden sein.

    Mit der breiter angelegten Studie des Regierungspräsidiums wird diese Theorie aber etwas unwahrscheinlicher. In der Behörde denkt man bereits darüber nach, die Betriebserlaubnis für die Windmühlen einzuschränken. Dies würde sich auf bestimmte Nächte im Sommer beziehen, meint Friedrich Kretzschmar:

    " Dort aber auch nur in den Zeiten, wo der Wind schwach bläst. Denn bei hohen Geschwindigkeiten von über 6 m/sek. ist nicht mehr davon auszugehen, dass Fledermäuse in 100 m Höhe fliegen. Weil da keine Insekten mehr sind und es nicht mehr optimal ist unter diesen Bedingungen. "

    Für den Betreiber würde dies den Schaden noch in Grenzen halten, denn zu diesen Zeiten wird sowieso der wenigste Strom produziert. Andreas Markowsky, Geschäftsführer bei der Betreiber-Firma "Öko-Strom-Regio-Wind":

    " Wenn es so ist, dass es nennenswerte Verluste gibt und nicht manipuliert wird, dann sind wir mit den Maßnahmen des Gutachterns einverstanden. Also in windschwachen Nächten laufen die Anlagen schwächer an. Wir hätten Verlust von 0,7 Prozent , bei 1 Mio Stromerlös wären das 7000 Euro. Wenn sich allerdings herausstellt, dass manipuliert wird, was wir erwarten, dann können wir unseren 520 Eigentümern, die an der Windmühle beteiligt sind, den Verlust nicht zumuten. "

    Der neue baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk hat gestern bereits auf die Fledermausgutachten reagiert. Wie bei anderen Umweltverträglichkeitsprüfungen auch müsse die Gefahr für die Nachttiere bei künftigen Betriebsgenehmigungen für Windräder berücksichtigt werden.