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Winzigste Teilchen erkennen
Nanopartikel auf der Mikrogeige

Nanopartikel, das sind winzige Teilchen, die zum Teil nur aus einigen Tausend Atomen bestehen. Sie finden sich in zahllosen Produkten und wohl auch in der Luft der jeweiligen Fabriken. Um zu wissen, wie viele gerade herumfliegen, haben Forscher aus Braunschweig ein Messgerät entwickelt.

Von Piotr Heller | 09.12.2016
    Wissenschaftler der TU Braunschweig formen einen Nanopartikel
    Die Auswirkungen von Nanopartikeln auf die Gesundheit sind ungewiss. (Andreas Landefeld)
    Dass Feinstaub, der etwa im Straßenverkehr erzeugt wird, der Gesundheit schaden kann, ist lange bekannt. Aber in der Luft schweben weitaus mehr Teilchen umher. Zum Beispiel die noch viel kleineren Nanopartikel.
    "Nanopartikel werden erzeugt in Verbrennungsprozessen ganz typisch. Aber insbesondere werden Nanopartikel auch produziert. Sie werden eingesetzt in verschiedensten Produkten: In Tapeten, Farben, als Bestandteile von Autoreifen zum Beispiel werden Nanopartikel in großer Anzahl eingesetzt und können dabei auch in die Umgebung gelangen. In die Umgebung der Fertigungsstätte zum Beispiel."
    Risiken sind bislang schwer einzuschätzen
    Die Arbeiter in den Fertigungsstätten atmen die Nanopartikel, von denen Erwin Peiner spricht, dann unter Umständen ein. Wie viele sie davon einatmen, ist nicht bekannt. Daher kann man auch das Gesundheitsrisiko, das von diesen Partikeln ausgeht, kaum einschätzen. Das will Erwin Peiner ändern. Am Institut für Halbleitertechnik der TU Braunschweig hat er ein tragbares Messgerät für die Nanoteilchen entwickelt. Man kann es sich wie eine Art winzige Geige mit Mikro-Saiten vorstellen.
    "Unser Gedanke ist dabei, das Prinzip einer Resonanzwaage zu nutzen. Also wir nutzen, wenn Sie so wollen, kleine resonante Schwing-Saiten, die wir belegen mit diesen Partikeln. Und so ähnlich wie unsere Stimme im Winter dunkel klingt, wenn sie belegt ist, so verschiebt sich die Resonanzfrequenz dieser Schwing-Saite, wenn man dort Nanopartikel auffängt."
    Diese Saiten bestehen aus Silizium und schwingen mit einer bestimmten Frequenz. Das Messgerät leitet die Nanopartikel aus der Luft zu den Saiten hin. Dort legen sie sich ab und verändern somit die Schwingung der Saiten. Diese Strukturen müssen dafür sehr klein sein – 100 Mal dünner als ein menschliches Haar.
    "Damit die zusätzliche Masse eines Nanopartikels, typisch Femtogramm, damit das überhaupt in dieser Resonanzfrequenz, in diesem Dunkel-Werden des Tons nachweisbar ist."
    Auch Mikro-Saiten müssen gereinigt werden
    Aus der veränderten Schwingung kann eine Elektronik ermitteln, wie viele Nanopartikel sich in der Luft befinden, die das Messgerät analysiert hat. Der Clou an dem Gerät ist, dass es vergleichsweise klein ist – schon der Prototyp ist kaum größer als ein Smartphone. Die Arbeiter können es jederzeit bei sich tragen. So könnte man – im Gegensatz zu fest verbauten Messstationen – zum Beispiel rausfinden, welche Menge an Nanopartikeln ein Arbeiter pro Tag abbekommt.
    "Man kann es vergleichen mit der Situation im Strahlenschutz. Wenn man mit radioaktiven Materialien arbeitet, dann ist man vom Gesetzgeber verpflichtet, diese Überwachung für die einzelne Person durchzuführen. Da liegt ein Anwendungsbereich."
    Diese Information könnte dabei helfen, den Einfluss der Nanopartikel auf die Gesundheit zu erforschen. Doch ganz so weit ist die Technologie noch nicht. Die Wissenschaftler um Erwin Peiner arbeiten derzeit daran, das System genauer messen zu lassen. Außerdem funktioniert der Prototyp derzeit etwa eine Woche lang, dann ist er mit Partikeln vollgestopft. Die Forscher arbeiten an Lösungen, um die Schwing-Saiten Betrieb zu reinigen, etwa mit elektrischen Feldern. Dann erst könnten die tragbaren Messgeräte für Nanopartikel zum Einsatz kommen.