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Wirtschaft betrachtet Bachelor-Abschluss als gleichwertig

Die gestuften Bachelor- und Masterstudiengänge sind beschlossene Sache und sollen bis zum Jahr 2010 umgesetzt werden. Die Hochschulen sind auch fleißig damit beschäftigt, haben aber immer wieder mit Fachbereichen zu kämpfen, die sich gegen diese Veränderung sträuben. Als Argument wird häufig angeführt, dass die Qualität der Ausbildung leide, wenn ein Absolvent "nur" mit einem Bachelor-Abschluss nach sechs Semestern die Hochschule verlasse. Keiner würde "so einen" einstellen. Das stimmt nicht. Das ist unsere frohe Botschaft für diesen Tag. Die Unternehmen stellen mindestens so gerne einen Bachelor ein, wie einen Diplom-Absolventen.

Von Andrea Groß |
    Wir brauchen normalerweise den Generalisten und weniger den Spezialisten. Der Generalist, wenn er weiß, dass er bestimmte Fähigkeiten auf der Hochschule erworben hat, mit einem Spezialisierungsgrad, der eben nicht zu hoch ist, der aber auf der anderen Seite sich auf fremden Gebieten, die unweigerlich später im Beruf an ihn herangetragen werden, dann auch in etwa zurechtkommt, den Mann brauchen wir. Und wenn der mit 24 Jahren zu uns kommt, dann bilden wir den schon so aus, wie wir den brauchen.

    Achim Middelschulte, Personalvorstand des Energiekonzerns Ruhrgas in Essen hat vor einiger Zeit eine Erklärung des Stifterverbandes der Deutschen Wissenschaft unterzeichnet. Tenor dieser Erklärung: bei uns sind Bachelor-Absolventen willkommen. Anlass der Erklärung: viele Hochschullehrer sträuben sich gegen die gestuften Studiengänge, weil sie Qualitätseinbußen bei der Ausbildung befürchten. Achim Middelschulte hält dagegen: ein Diplomingenieur, womöglich noch ein promovierter, ist als Berufseinsteiger einfach viel zu alt.

    Wir haben seit Jahren immer gefordert: kürzere Studienzeiten, mehr Praxisbezug. Jetzt kommt ein Ausbildungsgang, der beides bietet. Wenn das jetzt gut gemacht wird, dann kann man davon ausgehen, dass das beides erreicht wird. Da können wir uns doch nicht dann hinstellen und sagen, nee, wir wollen dann doch lieber alles lassen, wie es ist. Das wäre völlig an der Sache vorbei.

    Achim Middelschulte hat selbst noch keine Bachelor-Absolventen eingestellt, dafür gibt es noch zu wenige. Der Abschluss ist einfach noch zu neu. Wenn sie aber in der Tür stehen sollten, dann weiß Achim Middelschulte auf jeden Fall schon heute, worauf er zu achten hat.

    Sie sind also gezwungen, wenn sie später hier junge Leute einstellen, zu schauen: was hat der denn für seinen Bachelor gelernt. Da fragt man natürlich, wo hat er das gemacht, man guckt sich den Inhalt, das berühmte Diploma Supplement an und erst daraus kann man schließen, auf welchem Niveau er seinen Abschluss gemacht hat.

    Mit der Umstellung von Magister- und Diplomstudiengängen auf Bachelor und Master hat die Ruhr-Universität in Bochum schon angefangen, bevor Vertreter von 25 Ländern in Europa in Bologna den Beschluss unterzeichnet haben, ihr Hochschulwesen zu vereinheitlichen. Vor acht Jahren verließen bereits die ersten Bachelor-Absolventen die Ruhr-Uni. Matthias Grunert, der den Umstellungsprozess wissenschaftlich begleitet und ständig an weiteren Verbesserungen arbeitet, war am Anfang überrascht, dass die Bachelor genauso gut ins Arbeitsleben einsteigen konnten, wie vorher die Magister.

    Nach Branchen ließ sich das relativ schlecht aufschlüsseln. Allerdings war der öffentliche Dienst immer etwas skeptisch bei der Einstellungspraxis. Da wurde dann doch häufig gesagt, wenn du zum Beispiel in den Medien Redakteur werden möchtest, dann brauchst du doch noch einen Magister oder einen Master-Abschluss. In den anderen Bereichen hing es doch eher von der Größe ab und von dem individuellen Profil, was der Studierende mitgebracht hat.

    Die Zusatzqualifikationen, beispielsweise in EDV oder Sprachen, die die Bachelor-Studenten im Lauf des Studiums erwerben können, sind nach Grunerts Ansicht ein starker Anreiz für die Arbeitgeber. Und die Praxisnähe. Viele Studierende sind nach ihrem Abschluss direkt in der Firma geblieben, bei der sie das Pflichtpraktikum absolviert haben. In Deutschland haben mittlerweile etwa 8.000 Menschen einen Bachelor-Abschluss. Diejenigen, die keinen Master-Studiengang obendrauf gesattelt haben, sondern ins Berufsleben eingestiegen sind, bekommen nach Angaben von Matthias Grunert das gleiche Gehalt, wie ihre Magister- oder Diplomkollegen.

    Auf die Idee, dass man die niedriger bezahlen könnte, sind die Unternehmen eigentlich nicht so gekommen, weil man sagt, die Leute sind einfach befähigt für diese Tätigkeiten, ein weiteres Magisterstudium hätte die auch gar nicht weiter qualifiziert, also bekommen sie auch das ganz normale Gehalt. Und haben natürlich die Entwicklungsmöglichkeiten, weil sie einfach länger im Erwerbsleben und im Unternehmen dann stecken.