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Wissenschaftler als Wettergötter

Geophysik. - Mit Hilfe eines so genannten Ionen-Generators versucht sich ein Team aus russischen und deutschen Wissenschaftler derzeit daran, das Wetter zu beeinflussen. Der Generator schießt mit Hilfe von Hochspannung geladene Teilchen in den Himmel, die dort die Bildung von Wolken beeinflussen sollen.

    Der Ionen-Generator ist eine russische Entwicklung und wird zurzeit in der Nähe von Osnabrück getestet. Der Physiker Eckhard Rühl von der Uni Osnabrück erklärt das Funktionsprinzip: "Ionen können zum Beispiel dazu herhalten, Kondensationskeime zu erzeugen. Sie können die Embryonen für Wolkentröpfchen sein, die an ihnen weiter wachsen." Positiv geladene Ionen stellen die Kondensationskeime dar. Negativ geladene Ionen neutralisieren bereits vorhandene Kondensationskeime und lösen die Wolken so auf. In den vergangenen Tagen konnten die Wissenschaftler nach dem Einsatz des Ionen-Generators die Entstehung von Wolkenlöchern beobachten, berichtet Projektleiter Helmuth Lieth, Ökologe und Biologe am Institut für Umweltsystemforschung: "Sie haben sich dann sehr schnell aufgelöst, und zwar drei Mal hintereinander." Auch ein Regenfleck südlich von Osnabrück trat passend zum Ionenbeschuss auf.

    Nach Ansicht des Umweltphysikers Roman Flesch von der Universität Osnabrück kann aber auch das wechselhafte Aprilwetter der Grund gewesen sein. Er hält den Zeitpunkt der Versuche für denkbar schlecht gewählt und weist noch auf eine andere Unwägbarkeit hin. Zwar wird geladene Luft in der Nähe des Generators erzeugt, doch wird sie wahrscheinlich vom Wind verweht. Flesch erklärt: "Der Wind weht in unterschiedlichen Höhen in unterschiedliche Richtungen, sodass es sehr schwer vorstellbar ist, dass eine solche Wolke aus geladener Luft, unabhängig von der aktuellen Wetterlage, einfach nach oben steigt und dann bis in Höhen von 5000 oder 10.000 Metern zusammenbleibt."

    Für Helmuth Lieth ist hingegen mittlerweile klar: Die Wolken haben sich durch den Ionen-Generator verändert. Wenn sich die Technik als erfolgreich und als umweltverträglich erweist, dann seien verschiedene Anwendungen denkbar, so Lieth: "Zum Beispiel in Flughäfen, wie riesige Gelder jährlich verbraucht werden, weil die Flugzeuge wegen des Wetters nicht starten und landen können." Um die Wirkung der Ionen-Ladungen auf die Umwelt zu untersuchen, werde derzeit eine Kooperationsgruppe gegründet.

    [Quelle: Birgit Schütte]